Peru: Tote bei Protesten
Ein erster Schritt aus der politischen Krise in Peru ist gemacht. Schon nach fünf Tagen im Amt ist Übergangspräsident Manuel Merino am Sonntag (Ortszeit) nach tagelangen Protesten zurückgetreten. Zuvor hatte angesichts der Unruhen in dem südamerikanischen Land der spanisch-peruanische Literaturnobelpreisträger Mario Vargas Llosa die Absetzung als unabdingbar bezeichnet. Eine Nachfolgerin oder ein Nachfolger ist noch nicht gefunden.
Der oder die Nachfolger(in) muss laut dem Vorsitzenden der Peruanischen Bischofskonferenz, Erzbischof Miguel Cabrejos, ein ganz bestimmtes Anforderungsprofil erfüllen. Die ausgewählte Person, die das Land zumindest bis zu den Wahlen führen soll, müsse vor allem neues Vertrauen schaffen. Im Kongress wie in der Bevölkerung.
Zugleich forderte Cabrejos, dass die Vorfälle rund um die Demonstrationen untersucht werden müssten. „Tote, Verletzte, Verschwundene. Das darf nicht ungestraft bleiben. Keine Toten mehr“, sagte der Erzbischof von Trujillo in einem Interview mit RPP Noticias. Darin stellte er vor allem das Engagement der jungen Peruaner bei den Protesten heraus.
Ähnlich hatte sich zuvor Literaturnobelpreisträger Mario Vargas Llosa geäußert. Statt Merino müsse ein Unabhängiger wie beispielsweise der Kongressabgeordnete Gino Costa das Land bis zu den Präsidentschaftswahlen 2021 führen, sagte der 84-Jährige der Tageszeitung „El Comercio“.
Limas Erzbischof solidarisiert sich mit Demonstranten
Costa sei geeignet, weil er „wirklich unabhängig“ und einer der wenigen Parlamentarier gewesen sei, die in der vergangenen Woche gegen die Amtsenthebung von Präsident Martin Vizcarra gestimmt habe, sagte Vargas Llosa. Damit habe er die Bedingungen verantwortlichen Handelns erfüllt. Ob es dazu kommt, steht auf einem anderen Blatt.
Limas Erzbischof Carlos Castillo stellte sich ebenfalls hinter die Studenten. Von den jungen Leuten sei keine Gefahr ausgegangen. Stattdessen gebe es Hinweise auf gezielte Infiltrationen der zunächst friedlichen Proteste. „Das ist ethisch nicht korrekt“, so Castillo. Es sei das Bewusstsein notwendig, zu erkennen, dass das Land vor einem tiefgreifenden Problem stehe, und dass die Korruption, die Peru erlebe, sehr schwerwiegend sei.
Mahnwachen in ganz Peru
Das Land wird seit einigen Tagen von heftigen Unruhen erschüttert. Zehntausende Menschen gingen auf die Straße, um gegen die Absetzung Vizcarras und die Ernennung von Merino zu demonstrieren. Laut örtlichen Medienberichten kamen dabei am Samstag zwei Menschen ums Leben; mehr als 100 Personen wurden verletzt, mehr als 40 Personen werden noch vermisst.
Am Sonntag erinnerten zahlreiche Mahnwachen im ganzen Land an die getöteten Demonstranten. Die Universitäten in Lima setzten den Unterricht in Gedenken an die Todesopfer aus. Derweil kündigten Menschenrechtsorganisationen an, Merino und seinen Regierungschef Antero Flores Araoz wegen der beiden Toten juristisch zur Rechenschaft ziehen zu wollen. Die Nationale Polizei kündigte unterdessen an, mit einer Sondereinheit nach den vermissten Menschen aus der Protestnacht von Samstag auf Sonntag zu suchen.
Die Parlamentarier entzogen Vizcarra wegen „moralischer Unfähigkeit“ und Korruptionsvorwürfen die Amtsgeschäfte. Vizcarra weist die Vorwürfe zurück. Allerdings steht ein Großteil der Kongressabgeordneten selbst unter Korruptionsverdacht. Inzwischen ist ein Teil der Minister der neuen Regierung zurückgetreten. Der Flughafen in Lima wurde zwischenzeitlich gesperrt, offenbar um eine Flucht Merinos zu verhindern. Im April 2021 stehen Präsidentschaftswahlen an. Bis dahin muss das Land nun eine neue Übergangsregierung bekommen.
(kna – sk)
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