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Die Wahl zwischen Trump und Biden spaltet ein Land Die Wahl zwischen Trump und Biden spaltet ein Land 

US-Wahlergebnis: Von Euphorie bis Frust

Die Reaktionen aus den Kirchen der USA auf die Präsidentschaftswahlen sind bislang offenbar genauso gespalten ausgefallen wie das Wahlergebnis.

Außer in einem verhaltenen Glückwunschschreiben an den Wahlsieger Joe Biden durch den Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Erzbischof Jose Horacio Gomez von Los Angeles, dominierten auf katholischer Seite auch in vielen weiteren Äußerungen - von Stellungnahmen einzelner Bischöfe bis hin zu Predigten von Gemeindepfarrern - Aufrufe zu Frieden und Einheit im Land. Mit jedoch ganz unterschiedlicher Tonlage: Einige beklagten das Wahlergebnis, während andere offen feierten, wie Medienberichten zu entnehmen ist.

„Herzlichen Glückwunsch an unseren zweiten katholischen Präsidenten und unsere erste weibliche Vizepräsidentin, mit afrikanischen und indischen Wurzeln“, twitterte Bischof John E. Stowe aus Lexington, Kentucky, am Samstag gleich nach der Verkündung von Bidens Wahlsieg durch die wichtigsten US-Medien. Auch Bischof Thomas J. Tobin von Providence gratulierte via Twitter und betete darum, der designierte Präsident möge „mit der Gnade des allmächtigen Gottes, der ihm beisteht und ihn führt, stets danach streben, unsere Nation mit Weisheit, Mitgefühl und moralischer Integrität zu regieren“.

Ihre Unterstützung für den designierten Präsidenten unterstrich auch Sr. Simone Campbell von der katholischen Lobbygruppe „Network for social justice“. Viele Katholiken hätten auf die vielen „Unstimmigkeiten“ bei Donald Trump und seine „schädliche Gesamtbilanz“ mit ihrer Wahlentscheidung gegen ihn reagiert, befand die Ordensfrau. Biden punkte auch durch Einfühlungsvermögen, Sorge um Ausgegrenzte und seine Ablehnung von Rassismus, Hass und Spaltung. Den Positionen von Papst Franziskus komme der Wahlsieger zumindest in vielen Bereichen sehr nahe.

Latinos verhalfen Biden zum Sieg

Ähnlich äußerten sich im Migrantenbereich tätige katholische NGOs wie das Hope Border Institute in El Paso, das Biden zu einer umfassenden Einwanderungsreform aufrief, sowie zum Stopp des Baus der Grenzmauer zu Mexiko, zum Ende der derzeitigen Festhalte-Praxis bei Asylverfahren wie auch zur Trennung von Migrantenfamilien. Migrations- und Menschenrechtsfragen entlang der US-Südgrenze zu Mexiko verlangten die besondere Aufmerksamkeit des nächsten Präsidenten.

Zugleich gab es jedoch auch entgegengesetzte Reaktionen aus kirchlichen Reihen, deren Ablehnung von Joe Biden sich besonders an dessen liberaler Haltung in der Abtreibungsfrage begründet. Die Vorsitzende des Nationalen Lebensrecht-Ausschusses, Carol Tobias, hielt dem künftigen neuen Führungsduo Biden-Harris vor, die beiden würden eine „radikale Abtreibungspolitik“ und die Finanzierung von Schwangerschaftsabbrüchen durch Steuern vorantreiben wollen.

Diese Gespaltenheit spiegelt sich auch in den Zahlen wider, welche die Nachrichtenagentur AP am Wochenende auf Basis ihrer „VoteCast“-Umfrage veröffentlichte: 50 Prozent der Katholiken hätten demnach Trump und 49 Prozent Biden gewählt, wobei der letztlich Wahlsieger seine bedeutendste Unterstützung von der Gruppe der Latino-Katholiken bekommen habe, welche als zweitgrößte ethnischen Gruppe unter den Kirchenmitgliedern mit überwältigender Mehrheit für den demokratischen Kandidaten gestimmt habe.

Heimatpfarrer betet für „Weisheit und Integrität“

Ein ähnliches Stimmungsbild ergaben auch Predigten von Gemeindepfarrern. Michael Stankewicz, Dechant in Bidens Heimatkirche St. Joseph's in Wilmington (Delaware), bat wenige Stunden nach der Nachricht über den Wahlausgang in einem Gebet um „Weisheit und Integrität“ für den neuen Präsidenten. Er möge „Einheit, Frieden und Versöhnung in unserem Land und in der ganzen Welt herbeiführen“.

In der „North Peoria Church of Christ“ in Oklahoma begann Pfarrer Warren G. Blakney Sr. den Sonntagsgottesdienst mit einer Erinnerung an die Opfer der Corona-Pandemie. Unter dem Jubel der Gemeindemitglieder sagte er, die Wahl sei Katalysator „für den Beginn einer neuen Ära“. „Sind Sie nicht froh, dass 74 Millionen Herzen dieses Zeug nicht mehr wollen? Ich habe für den Wandel gestimmt“, rief er den Gottesdienstbesuchern zu.

Andere Glaubensführer reagierten unter dem Eindruck des Wahlergebnisses besorgt bis wütend. Ohne Biden und seine künftige Vizepräsidentin Kamala Harris zu nennen, kritisierte der evangelikale Prediger Matt Hagee der Cornerstone-Kirche in San Antonio die Haltung der US-Demokraten zu Abtreibung und eine „Zensur des Wortes Gottes“. Der Katholik Biden lehnt persönlich Abtreibung ab, will Frauen aber selbst die Entscheidung überlassen. Hagee wird mit den Worten zitiert: „Etwas stimmt nicht, wenn wir ungeborene Kinder ermorden und es Gesundheitsfürsorge nennen können.“

(kap – pr)

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10. November 2020, 08:20