COVAX-Initiative: Mehr Geld und Umsetzungswillen notwendig
Anne Preckel – Vatikanstadt
Fast nirgendwo wird in Afrika derzeit gegen eine Covid-19-Infektion geimpft. Allein auf den Seychellen und in Guinea gab es erste Injektionen. Die Corona-Infektionen nehmen auf dem Kontinent zugleich stark zu. In Johannisburg, im vergleichsweise reichen und entwickelten Südafrika, können Kranke mit lebensbedrohlichen Krankheiten wegen überfüllter Intensivstationen teils nicht mehr behandelt werden. Im Zuge der Pandemie verloren in dem G20- und BRICS-Staat mehr als drei Millionen Menschen ihre Arbeit, berichtete das Missionsärztliche Institut Würzburg.
Impfstart in Afrika frühestens Ende März
Über einen Impfstart für Südafrika, wo eine aggressive Variante des neuartigen Coronavirus um sich greift, wird derzeit zwar geredet. Ob Impfungen aber zeitnah klappen werden, stehe noch völlig offen, berichtet Maria Klatte. Überhaupt sei mit dem Beginn einer breiteren Impfung in Afrika wohl erst im April zu rechnen, schätzt die Leiterin der Afrika-Abteilung bei MISEREOR im Interview mit Radio Vatikan.
„Es sieht so aus, als ob es auch noch länger dauern würde bis eine breitere Verfügbarkeit gewährleistet ist. Wir haben vor einigen Tagen von unserem Kollegen in Südafrika gehört, dass für Südafrika gedacht ist, Ende Januar erste Impfungen durchzuführen – sicher ist das aber noch nicht. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) versucht über die COVAX-Initiative, sobald wie möglich Impfungen zur Verfügung zu stellen; das wird aber auch erst Ende März der Fall sein. Und die Afrikanische Union hat ihrerseits auch Impfdosen aufgekauft, aber diese werden nach aktuellem Infostand auch nicht vor April verfügbar sein.“
COVAX braucht mehr Geld und Willen
Die Impfkampagne COVAX der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat das Ziel, global eine gerechte Verteilung von Corona-Impfstoffen zu gewährleisten. Beteiligt sind etwa 190 Staaten, die Hälfte davon sind ärmere Länder. Die Kampagne ist eigentlich vielversprechend, mit der Umsetzung hapert es jedoch. Für eine faire Verteilung von Impfstoffen auch an ärmere Länder bräuchte es einerseits mehr Geld, so Klatte. Außerdem seien egoistische Verhaltensweisen zu beobachten:
„Trotz der Bekundung, dass eine gerechte Zugänglichkeit auch für arme Länder gewährleistet werden soll, ist bisher mit Sorge zu beobachten, dass die Europäische Union und auch einzelne Länder im globalen Norden zunächst einen starken Fokus auf ihre eigene Versorgung legen. Da besteht die Gefahr, dass ärmere Länder zurückbleiben, und das sollte auf jeden Fall vermieden werden, gerade in Anbetracht der sehr schwachen Gesundheitssysteme. Wir hoffen sehr stark als MISEREOR, dass die Staaten des globalen Nordens diese Covax-Initiative auch mit dem dafür nötigen Geld unterstützen, damit die Beschaffung von Impfstoffen und die Verteilung dann auch wie angedacht gelingen können.“
Kooperation statt Konkurrenz
Der Heilige Stuhl hatte seinen Aufruf zu einer besseren Kooperation von Staaten, Organisationen und Pharmakonzernen für eine gerechte globale Impfstoffverteilung am vergangenen Freitag erneuert. Die Logik des „Impfnationalismus“ müsse durchbrochen werden, hieß es in einem Papier der Päpstlichen Akademie für das Leben. Die Corona-Krise biete „eine außerordentliche Gelegenheit für eine solidarischere Zukunft“, Impfstoffe müssten als globales Gut behandelt werden, so die Erklärung aus dem Vatikan.
So wie der Vatikan hat auch MISEREOR kritisiert, dass einige wohlhabende Länder sogar mehr Impfstoff bestellt haben, als sie selbst benötigen. Laut Erhebungen besaßen vor wenigen Wochen 13 Prozent der Weltbevölkerung rund die Hälfte der global verfügbaren Impfstoffe gegen Covid-19.
„Wenn wir die Pandemie als ein globales Erfordernis sehen, müssen wir auch in der Antwort perspektivisch Gesundheitsversorgung für alle gewährleisten“, so Maria Klatte gegenüber Radio Vatikan. Nur funktionierende und starke Gesundheitssysteme können Epidemien und Pandemien überhaupt auffangen – national wie global. Gerade Corona hat deutlich gemacht, wie sehr die globale Gesundheit auf gegenseitiger Abhängigkeit beruht. In Afrika sind die Folgen der Pandemie zudem dramatischer als in Ländern mit starker Wirtschaft und guter Gesundheitsvorsorge.
Produktionsstandorte im globalen Süden einrichten
Impfgerechtigkeit - das bedeutet auch Chancengleichheit in den Möglichkeiten, das Virus zu bekämpfen, und im Fall des benachteiligten Südens heute umso mehr: Hilfe zur Selbsthilfe. Dass es einigen Ländern eher möglich ist, gegen Corona vorzugehen, heißt auch, dass sie selbst schlimmere Folgen des Virus abwenden können, die sich sonst verheerend auswirken würden.
Zum globalen Kampf gegen Corona sollte deshalb auch gehören, „dass man die weitere Forschungsarbeit um Impfstoffe auch allen zur Verfügung stellt", stellt die Leiterin der MISEREOR-Afrika-Abteilung klar. „Dass da also keine Patentrechte gelten, die Privilegien schaffen, die dann Zugangssperren für ärmere Länder mit sich bringen, sondern im Gegenteil: es muss im gemeinsamen Interesse sein, dass diese globale Pandemie auch global gelöst wird, also Forschungsergebnisse zugänglich sind und Produktion von Impfstoffen auch in die Breite geht. Auch da wäre darüber nachzudenken, Produktionsstandorte auch in den Ländern des globalen Südens voranzubringen.“
Konkret kann dies laut MISEREOR etwa bedeuten, dass Regierungen die Weltgesundheitsorganisation (WHO) darin stärken, globale Impfprogramme zu koordinieren und wissenschaftlich zu begleiten sowie Forschungs- und Produktionskapazitäten auch in Afrika aufzubauen. Impfstoff-Hersteller könnten zudem befristet auf Patenteinnahmen verzichten und Gewinne, die über Forschung und Herstellung hinausgehen, der Covax-Initiative der WHO zur Verfügung stellen, schlug der Hauptgeschäftsführer von MISEREOR, Pirmin Spiegel, vor.
(vatican news/misereor – pr)
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