„Medjugorje als Modell der Neuevangelisierung“
In vielen traditionell christlichen Ländern gebe es „eine massive Entchristlichung, einen stillen Abfall vom Glauben, und daher braucht es eine neue Evangelisierung Europas, Nordamerikas und der gesamten atlantischen Zivilisation“. Das erklärte Hoser am Samstag bei einem Online-Kongress, der aus Anlass des 40. Jahrestags der ersten angeblichen Marienerscheinungen veranstaltet wurde.
Die Neuevangelisierung sollte laut Hoser „den Akzent auf all die Elemente setzen, die wir im Zug des Glaubensschwundes verloren haben, vor allem auf die unmittelbare, lebendige, fruchtbringende Beziehung zu Gott, der unser Schöpfer und unser Retter ist“. Verloren gegangen seien das Gespür für das Sakrale sowie das Gebet. An dieser Stelle setze Medjugorje an: „Es bietet uns, so würde ich sagen, die klassischen Dinge an, vor allem verschiedene Arten des Gebets, individuelles Gebet, gemeinsames Gebet, Stille.“ Als spezifisches Element sei dem Ort die marianische Frömmigkeit zu eigen.
Parallelen zu einem Wallfahrtsort in Ruanda
Viele Parallelen sah Hoser zwischen Medjugorje und einem anderen, von der Kirche bereits anerkannten Erscheinungsort, nämlich Kibeho in Ruanda: Auch dort seien die außergewöhnlichen Ereignisse im Jahr 1981 berichtet worden, auch dort könnten sie im Nachhinein als Warnung vor einem Genozid gedeutet werden, ebenso wie die Botschaft der Umkehr dieselbe sei.
Als Gastgeber eröffnet hatte den virtuellen Kongress der Augsburger Bischof Bertram Maier. Medjugorje habe eine Brückenfunktion - aufgrund seiner geografischen Lage zwischen Ost- und Westeuropa, jedoch auch zwischen Gott und den Menschen. „Wenn wir von einem christlichen Europa nicht nur träumen, sondern helfen wollen, dass es Wirklichkeit wird, kann von Medjugorje große Ausstrahlung hervorgehen.“ Besonders für die „Umkehr und Hinkehr zu Christus“ sei der Wallfahrtsort eine wichtige Unterstützung.
Zweifel an der Echtheit des Phänomens
Seit dem 24. Juni 1981 berichteten sechs Kinder in Medjugorje, die Gottesmutter habe sich ihnen gezeigt. Die Erscheinungen dauern nach Angaben der inzwischen erwachsenen Seherinnen und Seher mit großer Häufigkeit an; ihren Angaben zufolge soll es seither insgesamt mehr als 42.000 dieser Visionen gegeben haben, wobei es bei etlichen dieser berichteten Begegnungen davon auch Botschaften der „Gospa“ (Herrin) gab, die sich laut den Sehern selbst als „Königin des Friedens“ bezeichnet. Die Nachrichten haben einen Pilgerstrom ausgelöst, der bis vor der Corona-Pandemie mehrere Millionen Menschen pro Jahr betragen hat.
Seitens der Kirchenleitung gab es Zweifel an der Echtheit des Phänomens, weshalb die zuständige Diözese Mostar ab 1982 mehrere Untersuchungen startete, sowie im Auftrag von Papst Benedikt XVI. ab 2006 auch der Vatikan mit einer eigenen Untersuchungskommission. 2017 ernannte Papst Franziskus Erzbischof Hoser zu seinem Sondergesandten für Medjugorje, um die Seelsorge vor Ort zu analysieren und Vorschläge dafür zu machen.
2019 hob der Papst das bis dahin geltende Verbot offizieller Wallfahrten von Diözesen und Pfarren nach Medjugorje auf. Ein endgültiges Urteil über die Echtheit der Erscheinungen steht aber weiter aus. Erzbischof Hoser hält sich, mittlerweile als apostolischer Visitator, weiter in dem Wallfahrtsort auf.
(kap – sk)
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