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Wahlkampf in Mexiko Wahlkampf in Mexiko 

Mexiko/D: Politischer Einsatz der Bischöfe „sehr spannend“

In Mexiko stehen am kommenden Sonntag wichtige Wahlen an. Es sei „eine gigantische Zahl an Personen, die gewählt werden soll“, sagt im Gespräch mit Radio Vatikan Reiner Wilhelm vom katholischen Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat. Um die 20.000 Posten stünden zur Wahl und würden vergeben, so der Experte.

Gudrun Sailer und Mario Galgano - Vatikanstadt

Ganz wichtig seien dabei die 500 Abgeordneten des Parlaments, also des Kongresses, „der sozusagen die Geschicke des gesamten Landes mitbestimmt“, so Wilhelm. „Und das ist wichtig, denn der Präsident möchte natürlich auch seine Politik fortsetzen. Das geht nur, wenn er die entsprechenden Abgeordneten auch hat.“ Und dann käme auch noch hinzu, dass von den 32 Gouverneuren 15 ebenfalls neu gewählt werden, weiter stünden 1.900 Bürgermeister zur Wahl und 1.000 Landtagsabgeordnete sowie 14.500 Stadträte.

Im Gegensatz zu früheren Wahlen, „wo die Bischöfe sich quasi kaum zu Wort gemeldet haben“, hätten die Oberhirten zur Wahlbeteiligung aufgerufen, erinnert Wilhelm von Adveniat. Man müsse in dieser Hinsicht beachten, dass das Verhältnis zwischen Staat und Kirche in Mexiko „nie ganz konfliktfrei“ gewesen sei, deswegen sei es „sehr spannend“, dass die Bischöfe die Bürger jetzt dezidiert dazu aufgerufen hätten, sich einzuschalten. „Und so ihre Geschichte selbst in die Hand zu nehmen“, sagt Wilhelm.

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Kriterienkatalog

Ganz wichtig sei auch die Tatsache, dass die Bischöfe „einen Kriterienkatalog“ vorgestellt hätten. „Da geht es nämlich um die Frage des Gemeinwohls, also welche Kandidaten sind diejenigen, die das Gemeinwohl im Blick haben und nicht nur ihre eigenen Interessen vertreten und für ihre eigenen Taschen arbeiten würden“, erläutert der Experte von Adveniat. Die Wähler sollten das Wahlprogramm genau betrachten und überprüfen, welche Versprechen die Kandidaten machen würden, „und ob das eigentlich überhaupt realistisch ist“.

„Die Frage nach dem menschenwürdigen Lohn, aber auch die Frage der Umwelt“

Ein weiteres Thema sei die Verteidigung des Lebens: „Da geht es um die Frage nach dem menschenwürdigen Lohn, aber auch um die Frage der Umwelt.“ Eine wichtige Rolle spiele auch die Frage, wie stark die Wahlen manipuliert würden und wie groß die Bürgerbeteiligung nach den Wahlen sei.

Haarsträubende Informationen

Das Hilfswerk der Kirche in Deutschland für Lateinamerika erhalte von seinen Partnern, die im Menschenrechtsbereich arbeiten, viele Informationen, „die haarsträubend sind“: Man spreche von etwa 40 Kandidaten, die inzwischen ermordet worden seien. Einige hätten aufgrund der Morddrohungen ihre Kandidatur zurückgezogen. „Ich weiß von mehr als 200 Fällen, in denen die Kandidaten angefeindet und angeschossen wurden. Also, das ist eine immense Zahl und in diesem Jahr kurz vor den Wahlen sind schon mehr als 140 Politiker ermordet worden“, sagt Wilhelm. Aber in Gefahr seien nicht nur die Politiker, sondern auch die die Berichterstatter, Journalisten und Journalistinnen sowie Menschenrechtsverteidigerinnen und Menschenrechtsverteidiger.

Wahlen in Zeiten von Corona

Corona spiele ebenfalls eine ganz wichtige Rolle, so Wilhelm. „Die Regierung hat diese Krise meiner Meinung nach nicht sehr gut beantwortet. Man sieht das daran, dass der Armutsindex nach oben gegangen ist, also im Verhältnis zu den früheren Jahren ist die Zahl der Armen gestiegen, das sind jetzt insgesamt fast 60 Millionen Menschen in Mexiko.“

Ebenfalls zugenommen habe die Gewalt. „Da hören wir von unseren Partnern ebenfalls Horrormeldungen. Die Gewalt hat stark zugenommen“, so sein Fazit. Im vergangenen Jahr wurden 35.000 Menschen umgebracht - trotz Ausgangssperre und trotz der Pandemie. Das sei eine gigantische Zahl. Hinzu käme auch noch die Problematik der Migration, die ebenfalls eine Herausforderung für das Land sei. Die Wahl von Joe Biden habe eine Aufbruchsstimmung in Mittelamerika gebracht. „Und diese Menschen zieht es durch Mexiko in die USA und das ist natürlich ebenfalls sehr schwierig“, erläutert Wilhelm.

„Viele der Menschen, die umgebracht werden, interessieren niemand“

Die Klimakrise mache sich durch Hurrikans bemerkbar, „die durch das Land gegangen sind“. Die sei ein weiterer Grund dafür, weshalb viele Menschen versuchen würden, ihre Heimat zu verlassen. Aber Wilhelm prangert vor allem die immense Straflosigkeit an: „Kaum ein krimineller Akt oder eine Tat wird geahndet, viele der Menschen, die umgebracht werden, interessieren niemand.“ Doch Migration und vor allem Umweltschutz spiele in der jetzigen Regierung kaum eine Rolle. Die mexikanische Politik setze auf fossile Energieträger und das sei nicht unbedingt das Beste.

Was die Gerechtigkeitsfrage betrifft, dürfe man nicht vergessen, welche Rolle die Politik bei der Bekämpfung der Drogenkartelle durch die Militärs spiele. Die jetzige Regierung hatte zunächst eine neue Einheit aufgebaut, nämlich die Guardia Nacional, „die ebenfalls Menschenrechtsverletzungen inzwischen verübt und damit ist also sowohl die Sicherheitslage als auch die Migranten-Frage stark militarisiert und kriminalisiert worden", berichtet im Gespräch mit Radio Vatikan Reiner Wilhelm vom katholischen Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat.

(vatican news)

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03. Juni 2021, 10:10