USA: Eucharistie-Lehrdokument gewünscht
Anne Preckel – Vatikanstadt
Mit einer deutlichen Mehrheit für ein Eucharistie-Dokument - 168 gegen 55 Stimmen bei fünf Enthaltungen - endete am Freitag die Frühjahrs-Vollversammlung der US-amerikanischen Bischöfe. Es dürfte das heikelste Thema bei der virtuell durchgeführten Versammlung gewesen sein, bei der neben Eucharistie auch Fragen der Familien- und Jugendpastoral und zu einer Heiligsprechung auf der Tagesordnung standen.
Eine Mehrheit der US-Bischöfe sieht bei der Frage des Kommunionsempfangs offenbar Klärungsbedarf: Für nicht wenige von ihnen hat der Lebensschutz höchste Priorität – so sehr, dass sie in diesem Kontext die „Eucharistie-Würdigkeit“ katholischer PolitikerInnen mit abweichenden Haltungen in Frage gestellt sehen. Ein Lehrdokument sollte diese Frage beantworten, sagen sie, andere Bischöfe finden das unverhältnismäßig und sind dagegen.
In der öffentlichen Wahrnehmung ist der Schritt an höchste katholische Verantwortungsträger der USA adressiert: US-Präsident Joe Biden, der überhaupt erst zweite Katholik im Weißen Haus, und die Sprecherin des Kongresses Nancy Pelosi, ebenfalls praktizierende Katholikin, die beide Positionen vertreten, die der kirchlichen Lehre zu Abtreibung und Euthanasie widersprechen.
Quelle der Uneinigkeit?
Für den Teil des US-Episkopates, der eine Eucharistie-Regel für zweitrangig hält, sind solche Politiker-Positionen vielleicht nicht gutzuheißen, aber kein Grund für die Verweigerung der Kommunion. Der für Washington zuständige Kardinal Wilton Gregory gab wiederholt zu erkennen, dass er keinen Anlass sehe, Biden die Kommunion zu verweigern. Für den ersten afroamerikanischen Kardinal der USA ist der Einsatz gegen Armut und Diskriminierung, gegen Todesstrafe und Umweltzerstörung wichtiges Aktionsfeld – parallel zum Lebensschutz. Bischof Robert McElroy aus San Diego warnte davor, „die Eucharistie zu einem politischen Werkzeug zu machen“. Es sei bedenklich, dass ein Sakrament, „das uns einigen soll, für Millionen von Katholiken zu einer Quelle der Uneinigkeit wird.“
Der Vorsitzende des Komitees für Doktrin bei der USCCB, Bischof Kevin Rhoades, widersprach. Es gehe in dem angestrebten Dokument um die Eucharistie, nicht um Politik, so Rhoades. „Ich sehe nicht, dass wir irgendetwas tun, das nicht mit den Wünschen des Papstes übereinstimmt.“ Dass die Eucharistie-Frage derweil auch die Politik in den USA in Schwingungen versetzt, zeigt eine Initiative katholischer Demokraten im Repräsentantenhaus, die laut Medienberichten dabei sind, eine Grundsatzerklärung zur „Eucharistie-Kohärenz“ vorzubereiten.
Kein neues Programm notwendig
Die Sorge um Spaltungen, die Kritiker einer Eucharistie-Regelung in der katholischen Kirche der USA umtreibt, sprach auch aus den Worten des päpstlichen Nuntius in den USA, Erzbischof Christophe Pierre. Er hatte die Frühjahrsvollversammlung der Bischöfe am Mittwoch eröffnet. „Einheit“ war das Schlüsselwort seiner langen Ansprache; der Vatikandiplomat nannte es über zwanzig Mal.
„Die amerikanische Kirche braucht kein neues Programm zu erfinden, denn es existiert bereits und ist das des Evangeliums", gab Bischof Pierre zu bedenken. „Wenn das Christentum auf Bräuche, moralische Normen, soziale Rituale reduziert wird, dann verliert es seine Vitalität und sein existentielles Interesse für die Männer und Frauen unserer Zeit“, betonte er weiter – besonders für „diejenigen, die nach der Pandemie Hoffnung suchen; für diejenigen, die nach den Rassenkämpfen nach echter Gerechtigkeit suchen; und für diejenigen, die auf der Suche nach einer helleren und sicheren Zukunft in die Vereinigten Staaten gekommen sind.“ Ohne die Kontroverse um die Abfassung des Lehrschreibens direkt anzusprechen, mahnte Pierre, es könne nicht darum gehen, „Recht zu behalten“. „Beginnen Sie wieder bei Jesus Christus“, gab der Papstvertreter den Bischöfen am Mittwoch für ihre Arbeiten mit auf den Weg.
Dass der Vatikan sich von den US-Bischöfen in der Eucharistiefrage mehr Einigkeit, Zurückhaltung und einen eher inklusiven Ansatz wünscht, war im Mai deutlich geworden. „Es wäre irreführend, wenn der Eindruck entstünde, dass Abtreibung und Euthanasie allein die einzigen ernsthaften Fragen der katholischen Moral- und Soziallehre darstellen“, schrieb der Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal Luis Francisco Ladaria, an den Bischofskonferenz-Vorsitzenden José Horacio Gomez. Jede Diskussion über dieses Thema sollte „im größeren Rahmen der Würde des Kommunionempfangs aller Gläubigen kontextualisiert werden - und nicht nur einer Kategorie von Katholiken“, betonte der Glaubenspräfekt in seinem Schreiben.
Neue Abstimmung im Herbst
Ein Eucharistie-Dokument soll in der Kirche der USA nun ausgearbeitet werden, erneut abgestimmt über die Eucharistie-Frage wird auf der USCCB-Vollversammlung im Herbst. Dort bräuchten Fürsprecher einer „Eucharistie-Regel“ eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Wie Papst Franziskus mit der Anfrage aus den USA umgehen wird, muss sich noch zeigen: Ein Lehrpapier der US-amerikanischen Kirche bräuchte jedenfalls die Zustimmung aus Rom.
(Vatican news/usccb/kna – pr)
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