Haiti: Verzweiflung in Jérémie
Auch der haitianische Kardinal Chibly Langlois gehört zu den Verletzten: Sein Bistum Les Cayes war vom Beben besonders betroffen. Der 62-Jährige, der auch Vorsitzender der Bischofskonferenz von Haiti ist, befindet sich jedoch nach Angaben einer NGO außer Lebensgefahr. Doch kamen beim Einsturz kirchlicher Gebäude in Les Cayes drei Menschen ums Leben, darunter auch ein Priester.
„Die Kathedrale von Jérémie ist durch das heftige Beben schwer beschädigt worden; man wird sie wiederaufbauen müssen.“ Das sagt uns der Bischof von Jérémie, Gontrand Décoste. Wir erreichten ihn am Sonntag telefonisch in der Stadt, die neben Les Cayes die schlimmsten Zerstörungen aufweist. „Es wurden Kirchen, Schulen, Pfarrhäuser zerstört, vor allem aber viele Privathäuser.“
Das haitianische Amt für Katastrophenschutz spricht an diesem Montag von mindestens 5.700 Verletzten im Südwesten des Landes. Wichtige Teile der Infrastruktur liegen in Schutt und Asche; die Krankenhäuser sind überfüllt. Zu allem Überfluss zieht auch noch ein Tropensturm heran. Die Regierung in der 130 km entfernten Hauptstadt Port-au-Prince hat den Notstand ausgerufen. Längst laufen auch internationale Hilfsaktionen an; zu ihnen hatte am Sonntag von Rom aus Papst Franziskus aufgefordert.
„Die Menschen lagern unter den Bäumen, in den Parks oder auf den Plätzen“, sagt der Bischof von Jérémie. „Sie versuchen sich vor den Nachbeben zu schützen, die von Zeit zu Zeit passieren. Das ist eine große Tragödie. Die Menschen sind verzweifelt und völlig am Ende.“
Erdstöße waren stärker als beim Beben von 2010
7,2 – diese Stärke hatte das Erdbeben auf der Richter-Skala. Damit war es wohl noch ein bisschen stärker als das verheerende Beben von 2010, das vor allem die Hauptstadt schwer getroffen hat. Über 200.000 Menschen kamen damals ums Leben. Zu den Naturkatastrophen kommen in Haiti, dem ärmsten Staat der westlichen Hemisphäre, noch viele weitere Schwierigkeiten: Armut, Unsicherheit, Korruption, das Versagen der politischen Elite.
„Wir setzen ganz auf Ihre Solidarität und Ihre Nähe, und wir bitten die Jungfrau Maria darum, im Herzen dieses so hart geprüften Volkes die Hoffnung wachzuhalten – auch wenn dieses mächtige Beben so viele Gebäude zerstört hat. Ich danke Radio Vatikan dafür, dass es uns die Möglichkeit gibt, zur Solidarität mit dem Bistum Jérémie im Südwesten Haitis aufzurufen. Das Erdbeben hat alle 55 Pfarreien des Bistums getroffen.“
Helfer im Katastrophengebiet sprechen von erschütternden Szenen; vor allem Kinder bräuchten jetzt dringend Notunterkünfte, sauberes Wasser und medizinische Betreuung. Allerdings sei es schwer, humanitäre Hilfe in die am meisten betroffenen Gebiete zu bringen.
(vatican news – sk)
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