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Nach der Explosion in Akkar Nach der Explosion in Akkar 

Libanon rutscht ins Chaos

Mit großer Sorge beobachtet der ökumenische „Kirchenrat des Nahen Ostens“ (MECC) die anhaltende Krise im Libanon. Das „überwältigende Chaos“ werde immer schlimmer, es drohe ein „völliger Zerfall von Gesellschaft und Land“.

Das schreibt der Kirchenrat in einer Erklärung auf seiner Internetseite an diesem Montag. Gebraucht würden jetzt „drastische Maßnahmen“, so der Verband. Nicht erst mit dem jüngsten Desaster, der Explosion eines Treibstofftanks in der Region Akkar mit fast 30 Toten, sei die Lage im Libanon „unnormal und nicht hinnehmbar“.

Allerdings habe gerade der tragische Vorfall in Akkar auch gezeigt, zu welcher Solidarität Libanesen im Extremfall imstande seien. So hätten viele Menschen spontan Blut für die Verletzten gespendet. Das spreche für ein „hohes Niveau an sozialer Solidarität unter den Libanesen“, trotz des Elends und der Korruption im Land.

„Bislang beispiellose Dringlichkeit“

Auch die Caritas für den Nahen Osten und Afrika ruft zu dringender Hilfe für den Libanon auf. In einer Erklärung vom Dienstag spricht sie von einer „bislang beispiellosen Dringlichkeit“, was die humanitäre Lage im Land betreffe.

Stau vor einer Tankstelle in Damour
Stau vor einer Tankstelle in Damour

„Weltuntergangsstimmung“

Von einer „Weltuntergangsstimmung“ im Libanon hat am Dienstag die „Initiative Christlicher Orient“ (ICO) berichtet. ICO-Libanonexperte Stefan Maier sprach im Kathpress-Interview von „so noch nie dagewesenen dramatischen Zuständen“. So gebe es so gut wie keinen Strom mehr im Land. „Und das bedeutet, dass auch keine Kühlschränke und Klimaanlagen funktionieren“. Die Lebensmittel würden einfach verderben, was die Versorgungskrise weiter vorantreibe.

Die ICO unterstützt u.a. seit vielen Jahren die Schule St. Josef der Barmherzigen Schwestern in Ajeltoun. Maier: „Die Ordensfrauen haben noch genügend Treibstoff gelagert, um zwei Tage lang mit Generatoren Strom zu produzieren. Dann ist es aus.“

Fahrer schieben in Dora ihre Autos, weil sie kein Benzin haben
Fahrer schieben in Dora ihre Autos, weil sie kein Benzin haben

„Viele Menschen können auch nicht mehr zur Arbeit fahren, schlicht, weil sie keinen Treibstoff haben“

Internetbetreiber hätten ebenfalls schon angekündigt, ihren Betrieb einzustellen, da ihnen der Treibstoff für die Generatoren ausgeht. Von einer normalen Stromversorgung ist im Libanon schon lange nicht mehr die Rede. Maier: „Viele Menschen können auch nicht mehr zur Arbeit fahren, schlicht, weil sie keinen Treibstoff haben. Und bald wird auch die Kommunikation völlig zusammenbrechen.“ Das Ausmaß des Dramas werde auch daran sichtbar, „dass man vor der libanesischen Küste zahlreiche Öltanker beobachten kann, die aber ihre Ladung nicht löschen wollen. Weil niemand dafür bezahlen kann oder will.“

Pro Familie gebe es im Libanon noch ein Paket Fladenbrot pro Tag, und das zu verdoppelten Preisen, berichtete Maier weiter. Bei den Barmherzigen Schwestern von Ajeltoun würden sich nun auch die alten und gebrechlichen Schwestern zur Bäckerei schleppen und sich um Brot anstellen. Mit diesen zusätzlichen Rationen würden dann vor allem auch die in der Ordensschule tätigen Mitarbeiter und deren Familien unterstützt. Mit frischen Lebensmitteln sei nichts mehr anzufangen. „Man kann sie nicht kühlen. Lebensmittelvergiftungen haben dramatisch zugenommen“, so Maier.

(vatican news – sk)

 

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17. August 2021, 11:22