Österreich: Bischöfe aktualisieren Richtlinien im Kampf gegen Missbrauch
Die Rahmenordnung wurde erstmals 2010 erlassen, 2016 erfolgte eine überarbeitete Version. Erzbischof Franz Lackner, der Vorsitzende der Bischofskonferenz, betont im Vorwort, die Katholische Kirche bemühe sich seit mehr als zehn Jahren aufrichtig, Wunden zu heilen, die Priester und pastoral Mitarbeitende durch Gewalt und Missbrauch verursacht hätten. Lackner schrieb, es sei eine wichtige Aufgabe, in der Kirche einen generell wertschätzenden Umgang miteinander einzufordern. Auch das Thema geistlicher Missbrauch werde im Blickfeld bleiben müssen.
Zusammenarbeit mit Ordenskonferenz
Die Rahmenordnung wurde in intensiver Zusammenarbeit mit der Ordenskonferenz überarbeitet. Einige Abläufe wurden auf Grundlage der Erfahrungen der vergangenen Jahre etwas modifiziert, um für alle Beteiligten - Betroffene, Beschuldigte bzw. kirchliche Obere – die bestmögliche Lösung zu finden. Erweitert wurden die Möglichkeiten, genaue Überprüfungen durchzuführen. Andererseits können Verfahren nun auch abgekürzt werden, wenn dies im Interesse der Betroffenen (also der Opfer) ist. Neu ist ein von der Bischofskonferenz und der Österreichischen Ordenskonferenz gemeinsam eingerichteter „Beirat Opferschutz".
Die in der Rahmenordnung enthaltene Verfahrensordnung regelt das Zusammenwirken verschiedener kirchlicher Einrichtungen: Neben den diözesanen Ombudsstellen als Erstanlaufstellen für Betroffene sind es die Diözesankommissionen, die Verdachtsfällen nachgehen und den Bischof, Ordinarius oder die Oberen und Oberinnen bei der Entscheidung beraten. Auch die Ordensverantwortlichen sind in genau geregelter Form in das Verfahren einbezogen. Über finanzielle Hilfe und Therapiekosten entscheidet die „Unabhängige Opferschutzkommission" unter dem Vorsitz von Waltraud Klasnic. Die Auszahlung der Mittel erfolgt über die kirchliche „Stiftung Opferschutz". Die Verfahrensordnung regelt neben der Hilfe für Opfer auch die Vorgangsweise bei Beschuldigten sowohl hinsichtlich eines kirchenrechtlichen als auch eines staatlichen Strafverfahrens.
Neben der ausführlichen Verfahrensordnung wird in der Rahmenordnung auch großer Wert auf die Prävention gelegt, wofür vor allem die in jeder Diözese eingerichteten Stabsstellen für Prävention von Missbrauch und Gewalt zuständig sind. Auch die Orden intensivieren ihre Präventionsbemühungen mit eigenen Beauftragten und Schulungen für die einzelnen Ordensgemeinschaften und deren Einrichtungen.
Detaillierte Bestimmungen
Dass der Präventionsbereich ständig weiterentwickelt wird, zeigt sich u.a. daran, dass derzeit detaillierte Bestimmungen für die lokale, regionale und diözesanübergreifende Kinder- und Jugendarbeit erarbeitet werden. Diese werden demnächst gesondert von der Bischofskonferenz und der Ordenskonferenz erlassen. Als neue Formen von Missbrauch bzw. Gewalt wird in der Rahmenordnung nun auch „Spirituelle Gewalt" sowie Gewalt in digitalen Medien thematisiert.
Die Rahmenordnung wurde in der Vollversammlung der Österreichischen Ordenskonferenz am 10. Mai und in der Sommervollversammlung der Österreichischen Bischofskonferenz von 14. bis 16. Juni beschlossen. Schon mit ihrem Schreiben vom 29. Mai teilte die Glaubenskongregation mit, dass ihrerseits keine Einwände gegen die vorliegende Neufassung bestehen. Die Rahmenordnung tritt mit 1. September 2021 in Kraft.
2.515 Fälle zugunsten von Betroffenen entschieden
Seit 2010 hat die Unabhängige Opferschutzkommission 2.515 Fälle zugunsten von Betroffenen entschieden. Mit Stand vom 31. Mai 2021 sind 140 Fälle noch in Bearbeitung, in 215 Fällen wurden weder finanzielle Hilfe noch Therapie zuerkannt. Die Kirche hat alle Entscheidungen der Opferschutzkommission akzeptiert und umgesetzt. Den Betroffenen wurden bisher in Summe 32,7 Mio. Euro zuerkannt, davon 25,9 Mio. Euro als Finanzhilfen und 6,8 Mio. Euro für Therapien. Bis zu 70 Prozent der Zahlungen werden von Ordensgemeinschaften geleistet.
Die meisten Vorfälle sind rechtlich verjährt und haben sich hauptsächlich in den 1960er- und 1970er-Jahren ereignet. 51,2 Prozent der Fälle sind vor 1970 geschehen, 32,3 Prozent in den 1970er-Jahren, 10,6 Prozent in den 1980er-Jahren, 4,1 Prozent in den 1990er-Jahren und 1,3 Prozent seit 2000. 0,5 Prozent der Fälle sind noch nicht zeitlich zugeordnet.
(kap – gs)
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