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Klimapakt von Glasgow: ein „zerbrechlicher Sieg“ Klimapakt von Glasgow: ein „zerbrechlicher Sieg“ 

Klimagipfel-Beschlüsse: Viel Kritik von Hilfswerken

Nach Abschluss des UN-Klimagipfels COP26 im schottischen Glasgow haben Umweltschützer und Hilfsorganisationen teils scharfe Kritik am neu verabschiedeten Glasgower Klimapakt geübt.

Die bloße Anerkennung der Notwendigkeit zur Einhaltung des Ziels zur Begrenzung der Erderhitzung auf 1,5 Grad reiche nicht aus, betonte etwa der internationale Dachverband katholischer Entwicklungsorganisationen (CIDSE) in einer Erklärung am Sonntag. Entscheidend sei zu handeln, die Chance auf wirklich ehrgeizige Maßnahmen habe der Klimagipfel aber verpasst. Für bereits aktuell stark vom Klimawandel betroffene ärmere Staaten gebe es zudem „keine echte Solidarität“.

Niemand scheine bereit zu sein, seine Verantwortung voll wahrzunehmen, kritisierte der CIDSE-Experte für Klimagerechtigkeit, Francois Delvaux. „Was bleibt, sind Versprechen für eine bessere Zukunft, Geld für die Zukunft, Technologien für die Zukunft. Aber wie sehr können wir darauf vertrauen, wenn die Regierungen im Hier und Jetzt nicht den nötigen Ehrgeiz zeigen?“, so Delvaux.

Opfer der Klimakrise „im Stich gelassen“

Dringende Nachbesserungen der nationalen Klimaziele seien nach dem Gipfel zwar absehbar, „aber alarmierend langsam“, bilanzierte die österreichische „Allianz für Klimagerechtigkeit“. Die gemeinsame Verantwortung und finanzielle Unterstützung zwischen den Staaten bleibe hinter den Versprechungen zurück, so die Plattform von 26 Umwelt-, Entwicklungs- und sozialen Organisationen, unter ihnen auch mehrere aus dem kirchlichen Bereich: „Insbesondere die unschuldigen Opfer der Klimakrise sind von der Staatengemeinschaft im Stich gelassen worden.“

Ein Dialog über die jahrelange Forderung armer Staaten nach finanzieller Soforthilfe bei klimabedingten Schäden durch Naturkatastrophen wurde in Glasgow zwar auf den Weg gebracht. Konkrete Summen wurden aber nicht versprochen. „Die beschlossenen Workshops für die nächsten zweieinhalb Jahre werden nicht verhindern, dass Menschen in besonders gefährdeten Gebieten unter Verlusten und Schäden, die jetzt auftreten, leiden müssen“, erklärte WWF-Österreich-Klimasprecherin Lisa Plattner.

Verdopplung der Finanzhilfen

Und auch bei Finanzhilfen für Klimaanpassungsprojekte in ärmeren Staaten gibt es nur langsame Fortschritte. Schon länger haben sich die Industriestaaten vorgenommen, für diesen Bereich jährlich 100 Milliarden Dollar bereitzustellen. Erreicht wurde dieses Ziel nie. In Glasgow einigte man sich nun auf eine Verdopplung der bestehenden Finanzhilfen von 20 auf rund 40 Millionen US-Dollar bis 2025.

„Die rasche Verdoppelung von Unterstützung für Anpassungsmaßnahmen kann einen konkreten Unterschied für die am meisten unter der Erderhitzung leidenden Menschen haben, wenn dieses Geld auch rasch und einfach zugänglich ist“, bewertete Martin Krenn, Sprecher der Allianz für Klimagerechtigkeit, die Zusage. Der Klimaexperte der Koordinierungsstelle (KOO) der Österreichischen Bischofskonferenz für internationale Entwicklung und Mission nimmt jedoch auch Österreich in die Pflicht: „Österreich hat nicht den winzigsten finanziellen Beitrag nach Glasgow mitgebracht. Das Mindeste was die Bundesregierung machen sollte, ist eine beschleunigte Verdoppelung der Anpassungsfinanzierung schon bis 2023.“

China und Indien sorgten für Abschwächung

Der Klimagipfel hatte am 31. Oktober begonnen und endete am Samstagabend mit der Verabschiedung des Glasgower Klimapaktes, der erstmals ein Ende aller fossilen Brennstoffe in Aussicht stellt. So sollen alle Staaten die Nutzung von Kohle zumindest reduzieren sowie überflüssige Subventionen für fossile Brennstoffe wie Kohle, Gas und Öl abgebaut werden. Mit dem angenommenen Schlusstext erhält der 2015 beschlossene Pariser Klimavertrag ein abgeschlossenes Regelwerk. Enthalten ist auch das Bekenntnis zum 1,5-Grad-Ziel und zu einer schnelleren Überarbeitung nationaler Klimaschutzziele.

Für Kritik und Enttäuschung auch unter zahlreichen Staatenvertretern in Glasgow sorgte, dass am Samstagabend in letzter Minute die Formulierung zu einer Abkehr von der Kohle auf Betreiben Chinas und Indiens deutlich abgeschwächt wurde. Es sei ein „zerbrechlicher Sieg“, sagte auch COP26-Präsident Alok Sharma. Der Erfolg werde nicht daran gemessen, ob alle 200 Staaten das Abschlussdokument unterschrieben hätten, sondern ob sie die „Verpflichtungen erfüllen und liefern“.

„Es wäre unvorstellbar gewesen, ohne ein Ergebnis von der Konferenz abzureisen“, betonte Österreichs Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) gegenüber der Austria Presse Agentur (APA). Ein Scheitern, wie zuletzt vor zwei Jahren auf der COP25 in Madrid, „dafür haben wir keine Zeit mehr“, hob die Ministerin hervor. Weiterhin ortete sie in dem Ergebnis des UN-Gipfels in Glasgow viel Licht, aber auch Schatten: „Viel Licht heißt, dass wir ein starkes Ergebnis haben“, nämlich eines mit der Verankerung des 1,5-Grad-Ziels. „Wir haben einen Prozess in diesem Text verankert, mit dem wir uns schon kommendes Jahr für eine Nachbesserung der Klimaziele bis 2030 auseinandersetzen müssen“, hob die Ministerin hervor.

(kap – pr)
 

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14. November 2021, 15:56