Betlehem: Weihnachten dieses Jahr etwas entspannter
Gudrun Sailer - Vatikanstadt
Sr. Gabriela Zinkl: Dieses Weihnachten findet wieder ein wenig entspannter statt, es gibt weitaus weniger Restriktionen als im letzten Jahr. Vor einem Jahr war es nur möglich, in kleinen Gruppen die Christmette zu feiern oder die Gottesdienste zu besuchen. In diesem Jahr ist es etwas einfacher.
Wie hart trifft das Ausbleiben von Heilig-Land-Pilgern zu Weihnachten die einheimischen Christen?
Sr. Gabriela Zinkl: Es ist jetzt zum zweiten Mal der Fall, dass zu Weihnachten keine Gäste, keine Pilger kommen können, so strenge Einschränkungen hat das Heilige Land seit Jahrzehnten nicht erlebt. Weihnachten ist sowieso hier ein bisschen eine ruhigere Zeit, aber dennoch kommen normalerweise auch Gäste zu Weihnachten, zu dieser kalten und regnerischen Jahreszeit. Der Flughafen ist für eine Vielzahl von Ausländern gesperrt, weil deren Herkunftsländern für Israel als rot markiert werden. Von daher ist die Situation immer noch sehr schwer, aber immerhin sehen wir positiv, dass wir uns treffen dürfen zu Weihnachten und in die Gottesdienste gehen können uns miteinander feiern können. Wir beten natürlich, dass sich die Lage weltweit bessert.
Können denn die einheimischen Christen aus Gaza diesmal zu Weihnachten an die heiligen Stätten?
Sr. Gabriela Zinkl: Ja. Schon Ende November, Anfang Dezember hat die israelische Regierung verkündet, dass die Christen in Gaza zum Weihnachtsfest Einreisegenehmigung erhalten. In Gaza sind insgesamt vielleicht tausend Christen, vom Baby bis zu den Senioren. und davon werden 500 Personen für ungefähr jeweils fünf Tage über Weihnachten eine Passiergenehmigung erhalten.
Nun haben ja Jerusalemer Kirchenführer kürzlich gewarnt vor einer Bedrohung für die christliche Präsenz im Heiligen Land, also richtig existenziell. Sie sprachen von einer Art schleichender Vertreibung und auch Franziskanercustos Francesco Patronen hat diese Gefahr benannt. Wie schätzen Sie das ein?
Sr. Gabriela Zinkl: Ja, tatsächlich ist die Lage für die Christen in Israel angespannt. Es gab auch in den letzten Wochen und Monaten, zuletzt in Tabgha am See Genezareth bei den Benediktinern, einen Anschlag auf ein christliches Kreuz auf einen Altar. Vandalismus ist nach wie vor da, zumeist von nationalen religiösen Gruppen. Sie sind eine Minderheit im Staat Israel, die aber die Regierung und die Politik nicht so wirklich in den Griff bekommt. Etwas Anderes passiert zum Teil auf der rechtlichen Ebene, nämlich dass bestimmte Gruppierungen versuchen, christliche Häuser, christliche Gemeinschaften auf dem Gerichtsweg zu verklagen wegen Grundstücksstreitigkeiten oder wegen nicht erteilter Baugenehmigungen vor vielen, vielen Jahren. Ein drittes ist sicherlich die unterschwellige Attacke, vor allem in der Jerusalemer Altstadt, so sich immer wieder nationale religiöse Juden aus der Siedlerbewegung über Makler ins arabische Viertel, auch ins christliche Viertel einkaufen. Die hängen dann groß die Israelflagge auf, mit Leuchtreklame in der Nacht, und wenn man abends durch die Stadt geht, dann ist es erschreckend, wie auch in manchen muslimischen Gegenden israelische Flaggen prangen als Gegenzeichen gegen muslimische Symbole.
Religionsfreiheit, aber auch Feindseligkeiten
Die israelische Seite kontert auf die christlichen Sorgebekundungen, was ihnen daran fehlt, ist der Hinweis, dass Christen in Israel immerhin Religionsfreiheit genießen, anders als in manchen arabischen Staaten. Können Sie diese Argumentation nachvollziehen?
Sr. Gabriela Zinkl: Also immerhin wir dürfen uns zu unseren Gottesdiensten treffen. Die heiligen Stätten sind normalerweise ganz gut zugänglich. In der praktischen Ausübung existiert hier Religionsfreiheit, wenn man das allerdings einklagen würde, würde es sicherlich schwierig werden. Und es gibt eben einfach diese Angriffe. Es gibt das Bespucktwerden von Ultraorthodoxen oder nationalen religiösen Juden, es gibt die bösen Blicke, es gibt auch manchmal im Alltagsleben ganz unterschwellig Restriktionen gegen Christen, auch gegen mich als Ordensfrau, wo deutlich sichtbar ist, dass ich keine Israelin bin, keine Jüdin, keinen entsprechenden Pass habe, keine ID Nummer für Israel. Wenn man in Behörden manchmal mit Leuten zu tun hat, die einen nicht gerne hier sehen, dann bekommt man das zu spüren. Aber es gibt auch die andere Seite, Menschen, die uns sehr, sehr herzlich aufnehmen.
Was bedeutet es denn für Sie, Schwester Gabriele Zinkl, persönlich, Weihnachten im Heiligen Land feiern zu können?
Sr. Gabriela Zinkl: Eine Schwester von mir hat es letzten Sonntag bei der Adventsfeier sehr schön erzählt: Als Kinder waren diese Geschichten um das Kind und die Krippe in einem Ort namens Betlehem sagenhaft, schon das Wort Betlehem ist für uns alle ein sagenhaftes Wort. Und wenn man hier wohnen darf ganz nah an Bethlehem, das ist besonders. Unsere Gemeinschaft war letzte Woche zu einem stillen Gebetsabend in der Geburtsgrotte für 2 Stunden, und da war schon ein bisschen Weihnachten für uns alle. Man trägt das Geheimnis der Menschwerdung im Herzen mit dem Wissen, es ist wahr: Jesus ist Mensch geworden auf dieser Welt unter uns Menschen mit einem ganz besonderen Auftrag.
(vatican news)
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