Polen: Ringen um Kirchenakten zu Missbrauch
Die Bischofskonferenz teilte am Montag in Warschau mit, für diese Missbrauchsfälle sei in der katholischen Kirche die vatikanische Glaubenskongregation zuständig. Daher führten Diözesen und Ordensgemeinschaften Strafprozesse im Auftrag der Vatikanbehörde durch. Folglich müsse die Regierung den Vatikan um internationale Rechtshilfe bitten, damit ihr Dokumente konkreter kanonischer Verfahren unter der Gerichtsbarkeit des Heiligen Stuhls bereitgestellt werden könnten.
„Wir haben es hierbei also mit dem Verhältnis zwischen der polnischen Regierung und den Behörden des Heiligen Stuhls zu tun, und nicht zwischen einer staatlichen Kommission und der Kirche in Polen“, erklärte der Büroleiter des Kinderschutzbeauftragten der Bischofskonferenz, Piotr Studnicki. Primas Erzbischof Wojciec Polak, der in der Kirche für den Schutz von Kindern und Jugendlichen zuständig ist, habe den Chef der staatlichen Aufarbeitungskommission, Blazej Kmieciak, vergangene Woche in einem Schreiben darüber informiert.
Kommission bemühte sich vergeblich um Kirchenakten
Die Kommission bemühte sich bislang vergeblich um Zugang zu Kirchenakten. Im September 2021 schlug der Kommissionschef Kmieciak der Bischofskonferenz auch eine gemeinsame Untersuchungsgruppe zur Analyse der Akten vor. Die Kommission erfasst seit Herbst 2020 Fälle von Missbrauch von Kindern unter 15 Jahren aus den Bereichen Bildung, Kultur, Freizeit und Sport sowie Religionsgemeinschaften.
Die Bischofskonferenz wolle mit der Kommission sowohl in der statistischen Forschung als auch beim Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexuellem Missbrauch zusammenarbeiten, so Studnicki. Die Präventionsarbeit katholischer Schulen und Zentren für Menschen mit Behinderungen könnten als Anregung für ähnliche Projekte in staatlichen Bildungs- und Betreuungseinrichtungen dienen.
Kritik am ersten Missbrauchsbericht
Die Kirche hatte einen ersten Missbrauchsbericht der Aufarbeitungskommission vom Juli 2021 kritisiert. Studnicki warf der Kommission damals vor, ein falsches Bild vom Ausmaß sexualisierter Gewalt durch Priester zu vermitteln und der Kirche zu Unrecht mangelnde Kooperationsbereitschaft zu unterstellen. In ihrem Bericht hatte die Kommission geschrieben, in rund 30 Prozent der Missbrauchsfälle, die ihr gemeldet oder von ihr selbst aufgenommen wurden, sei der Beschuldigte ein Geistlicher.
Die Bischofskonferenz verwies auf Forschungsergebnisse, wonach Geistliche für rund ein Prozent aller Straftaten in Zusammenhang mit sexuellem Kindesmissbrauch verantwortlich seien. Die Kommission stellte bei einer eigenen Auswertung von Gerichtsakten von Strafprozessen aus der Zeit von Mitte 2017 bis Ende 2020 selbst fest, dass unter den rechtskräftigen verurteilten 265 Tätern zwei Priester waren.
(kna – sk)
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