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Protestmarsch in Khartoum am 30. Dezember 2021 Protestmarsch in Khartoum am 30. Dezember 2021 

Sudan: Welche Absichten haben die Militärmachthaber?

Zwei Tage nach dem Rücktritt des zivilen Premierministers waren die Sicherheitskräfte in Khartum und den umliegenden Städten laut Augenzeugenberichten massiv im Einsatz, um gegen die für Dienstag geplanten neuen Proteste gegen die Militärregierung vorzugehen.

Unter anderem waren den Berichten zufolge die Straßen, die zum Hauptquartier der Armee im Zentrum der Hauptstadt führen, mithilfe eines gewaltigen Sicherheitsaufgebots, das unter anderem aus Bereitschaftspolizei, paramilitärischen Kräften und der Armee bestand, abgeriegelt worden. Dennoch rief der sudanesische Berufsverband, der schon bei der Absetzung von Omar al-Bashir eine wichtige Stimme der Zivilgesellschaft darstellte, für Dienstag zu weiteren Demonstrationen auf.

Nach dem Rücktritt von Premierminister Abdallah Hamdok am Sonntag hat das Militär nun die alleinige Kontrolle über das Land und Ängste vor einer Rückkehr zur Diktatur in dem Land werden wach. Seit dem Putsch vom 25. Oktober, der von General Abdel Fattah Burhane, dem Oberbefehlshaber der Armee, angeführt wurde, ist jedenfalls eine traurige Bilanz zu verzeichnen: 57 Demonstranten wurden laut einer prodemokratischen Ärztegewerkschaft mittlerweile getötet.

Eine Zusammenarbeit, die Hoffnungen weckte

„Die aktuelle Krise hat ihren Ursprung in der Transition, die mit dem Fall von Omar al Bashir eingeleitet wurde“, meint im Gespräch mit Radio Vatikan der Afrika-Experte und Journalist Enrico Casale. Die Situation ist in der Tat ernst: Laut den Vereinten Nationen wurden Demonstrantinnen vergewaltigt, zahlreiche Journalisten verprügelt und sogar verhaftet, und Internet und Telefon funktionieren nur nach dem Willen der Machthaber. „Mit dem Fall des Präsidenten, der das Land seit Jahrzehnten regiert hatte, entstand eine Art Zusammenarbeit zwischen den zivilen Parteien und den Militärkräften. Diese Zusammenarbeit hätte einen Übergang in eine vollständige Demokratie begleiten sollen.“

Doch mit dem Putsch am 25. Oktober hatte General Burhane seine Amtszeit um zwei Jahre verlängert und damit jede Hoffnung auf eine friedliche Machtübergabe an die Zivilbevölkerung vor dem Ende des offiziellen Übergangs, den er nach wie vor für Juli 2023 mit Wahlen verspricht, beiseite gefegt. Der nun zurückgetretene Premierminister Hamdok war durch die Militärs unter Hausarrest gesetzt worden. Ende November und nach einem Monat unter Hausarrest kam Hamdok nach einer Einigung mit General Burhane auf seinen Posten zurück. Casale meint: „Erst nach dem heftigen internationalen Druck haben sie Hamdok wieder an die Macht gelassen. Aber an diesem Punkt wurde die Zusammenarbeit unterbrochen, die sich nach dem Sturz von al-Bashir gebildet hatte, und damit auch der Prozess des demokratischen Übergangs. Das hatte große politische Instabilität und eine starke wirtschaftliche Krise ausgelöst, denen der Sudan mit großen Schwierigkeiten gegenübertritt“, meint Casale.

Diktatorische Züge

Um die demokratische Entwicklung scheint es derzeit tatsächlich schlecht zu stehen: Zwei Monate nach seinem Putsch hat General Burhan mit einem „Notstandsdekret“ die Sicherheitskräfte ermächtigt, „jedes Gebäude zu betreten, dieses und die darin befindlichen Personen zu durchsuchen“ und „Überwachungen und Beschlagnahmungen vorzunehmen“. Dabei informierte er lediglich den von ihm selbst geleiteten Souveränitätsrat und setzte sich de facto über die Justiz hinweg. Diese Entwicklungen hatten den Premier, der das „zivile Gesicht“ des Übergangs darstellte, dazu bewogen, am Sonntag zurückzutreten, da er seine Position für unhaltbar hielt.

„Der Premierminister Hamdok hat mit seinem Rücktritt eine große politische Krise ausgelöst, die den Militärherrschern die Übermacht auf dem politischen Parkett des Sudan überlässt. Es ist schwierig, vorherzusagen, welches Szenario nun eintreten wird. Man muss sehen, welchen Druck die internationale Gemeinschaft auf die Militärs ausüben kann, um einen realen demokratischen Übergang für den Sudan zu fördern. Hierbei spielen die USA eine wichtige Rolle, die nach Bashirs Fall einen großen Einfluss im Sudan haben.“

„Es ist schwierig, vorherzusagen, welches Szenario nun eintreten wird“

Nur der entsprechende Druck der USA und der anderen westlichen Staaten könne diesen demokratischen Übergang sicherstellen, meint Casale, der gleichzeitig auf die Krisen in den nahe liegenden Ländern Eritrea und Somalia und die Konflikte in Zusammenhang mit dem großen Staudamm-Projekt hinweist, das ein ernster Zankapfel in der Region ist. „Wir müssen herausfinden, was die realen Absichten der Militärs im Sudan sind. Wird man zurückkehren (zu einer Diktatur, Anm.)? Das glaube ich nicht, aber sie werden nur schwerlich auf die Macht im Land verzichten. Gleichzeitig ist es auch so, dass die Militärs im Sudan weniger Einfluss haben, als beispielsweise die ägyptischen Militärs auf Ägypten haben. Aber sie stellen eine wichtige Komponente der sudanesischen Gesellschaft dar. Deshalb können sie das Land sehr stark beeinflussen.“

(vatican news/afp - cs)

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04. Januar 2022, 12:54