Frankreich: Prozess um Priestermord beginnt
Dreien wird die Bildung einer kriminellen terroristischen Vereinigung vorgeworfen, dem vierten - Rachid Kassim, der für tot gehalten wird - Beihilfe zum Mord. Die beiden jungen Attentäter selbst wurden nach ihrer Tat in Saint-Etienne-du-Rouvray in der Normandie durch die eintreffende Polizei erschossen.
Rouens Erzbischof Dominique Lebrun erwartet von dem Prozess, der bis 11. März angesetzt ist, „Gerechtigkeit“, wie er im Vorfeld sagte. Die Angeklagten hätten „das Recht, die Reaktion der Gesellschaft“ auf die Bluttat von 2016 zu erfahren.
Ein Erzbischof als Zivilkläger
Der Erzbischof ist Zivilkläger in dem Prozess, ebenso Mitglieder der Familien von Hamel und Guy Coponet, einem Gemeindemitglied, das damals schwer verletzt wurde. Die Ordensfrauen, die damals die Werktagsmesse besuchten, bleiben dagegen fern. „Das ist nicht unser Platz“, erklärten sie.
Der junge Islamist Adel Kermiche aus dem Arbeiterort Saint-Etienne bei Rouen hatte seine Tat in den sozialen Netzwerken angekündigt. Zwar war er einschlägig polizeibekannt und trug eine elektronische Fußfessel. Dennoch konnte er ungehindert am Morgen des 26. Juli 2016 in die Pfarrkirche des Ortes spazieren und den 85-jährigen Geistlichen Jacques Hamel mit einem Küchenmesser am Altar niederstechen und töten.
Täter hatten sich über das Internet radikalisiert
Seinen Mittäter Abdel Malik Petitjean hatte er erst vier Tage zuvor kennengelernt. Die beiden hatten sich über das Internet radikalisiert; die Moschee besuchten sie eher selten. Die Zeitschrift „La Vie“ berichtete 2021, die Mutter eines der Täter habe die Polizei noch warnen wollen - doch man habe sie nicht ernstgenommen.
Die Chat-Protokolle der Täter mit dem 2017 wohl getöteten französischstämmigen Dschihadisten Rachid Kassim belegten zudem, dass sich die jungen Männer nicht selbst radikalisiert hätten; das Attentat sei gezielt von Syrien aus geplant worden. Demnach diskutierten die Täter mit Kassim das Ziel des Anschlags; auch eine Synagoge oder einen Nachtclub habe man erwogen. Am Ende entschied man sich für eine Kirche.
Zwei Wochen nach dem Terror von Nizza
Der Mord geschah zwei Wochen nach dem Terroranschlag von Nizza, bei dem 86 Menschen starben. Er sorgte international für Aufsehen. Seither leben die Katholiken und die Bevölkerung von Saint-Etienne mit der Erinnerung an die Tragödie. Die Eröffnung des Prozesses sorgt nun für neuerliche Unruhe.
Papst Franziskus hat Hamel als „Märtyrer“ des 21. Jahrhunderts bezeichnet und vorzeitig grünes Licht für sein Seligsprechungsverfahren gegeben. Seit Anfang 2019 ist der Prozess auf Bistumsebene abgeschlossen; in Rom erstellt in einer zweiten Stufe die zuständige Vatikanbehörde einen Bericht für den Papst, der am Ende entscheiden wird.
(kna – sk)
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