Wie eine lateinamerikanische Karawane nach Europa kommt
Stefan von Kempis und Alina Tufani – Vatikanstadt
Und dabei handelt es sich nicht um Migranten, sondern kirchlich Engagierte: Gemeindeleiter, Pastoralreferenten, engagierte Laien, ein Priester und ein Bischof. Es geht ihnen auch nicht um Migration. Sie bereisen seit dem Wochenende Deutschland, Belgien, Österreich, Italien und Spanien, um gegen wahllosen Bergbau in ihren Heimatländern zu protestieren.
Trinkwasser verseucht, Luft verpestet
„Bergbau geht in Lateinamerika immer schon mit massiven Verletzungen von Menschenrechten und von Rechten der Mutter Erde einher“, erklärt uns Guilherme Cavalli, der Koordinator der „Karawane“. „An mehreren hundert Orten werden durch diese Arbeiten, die manchmal bis zu sklavenähnlichen Formen gehen, das Trinkwasser verseucht, die Luft verpestet und die Gesundheit der Menschen, die dort leben, geschädigt. Oft werden Aktivisten, die sich gegen den Bergbau stemmen, kriminalisiert oder sogar getötet; die Gemeinschaften sind gespalten, weil es kaum andere Arbeitsmöglichkeiten gibt. Bergbau entwertet das Leben und die Natur – mit dem einzigen Ziel, die Umwelt auszubeuten und Rohstoffe woandershin zu transportieren.“
„Wir leisten Widerstand und fordern Gerechtigkeit“, heißt es in einem Text der „Karawane“. „Wir fordern, dass die kolonialen Übergriffe aufhören. Beenden Sie die Gewalt und machen Sie diejenigen, die für das Leid, die Verwüstung und den Tod dieser sozio-ökologischen Verbrechen verantwortlich sind, dafür verantwortlich!“ Die Mitglieder der „Karawane“ kommen aus Brasilien, Kolumbien, Honduras und Ecuador – allein das zeigt schon, dass das Bergbau-Problem vielerorts auf dem lateinamerikanischen Kontinent besteht. Der Bischof, der die Delegation begleitet, heißt Vicente Ferreira und kommt aus Brumadihno (Brasilien).
Kirchliche Verbände arbeiten auch mit globaler Klimabewegung zusammen
„Wir durchleben eine schwere sozio-ökologische Krise“, sagt er in einem Video zur Kampagne und zitiert dabei aus der Enzyklika Laudato si‘ von Papst Franziskus. „Der Papst meint damit auch diese Form von Bergbau, den große multinationale Konzerne auf unserem Territorium betreiben. In Brasilien stellen diese Unternehmen den Profit über alles – auch über Menschenleben und über die Umwelt. Dagegen stehen immer mehr Verbände in Kirche und Gesellschaft auf, um eine ganzheitliche Ökologie zu fordern! Kirchliche Verbände arbeiten da auch mit der globalen Klimabewegung zusammen. Wir bringen da viel Engagement zusammen. Wenn Europa uns unterstützen würde, würde uns das sehr helfen, diese Art von Bergbau anzuklagen, die unsere Leute und unser Land tötet.“
Als der Staudamm brach
Dass gerade der Bischof von Brumadinho sich mit auf diese Reise macht, ist kein Zufall. Sein Bistum kam vor drei Jahren auf traurige Weise in die internationalen Schlagzeilen, als in einem Bergbau-Projekt ein Staudamm brach. Dabei ergossen sich Tausende Kubikmeter Wasser und giftiger Schlamm über die Region. Die Umweltkatastrophe kostete 272 Menschen das Leben und war die zweite von dem Unternehmen verursachte Katastrophe in weniger als vier Jahren.
„Wir kommen nach Europa, um einen Dialog mit den kirchlichen Gemeinschaften und der Zivilgesellschaft zu führen“, sagt Cavalli. „Wir wollen an diese weltweite Geschwisterlichkeit appellieren, von der Papst Franziskus immer wieder spricht, und wollen auf einen Paradigmenwechsel hin zu einer ökologischen Umkehr hinwirken. Vor allem aber müssen die Länder des Nordens, die Volkswirtschaften und die globalen Finanzinstitutionen, die in diese Bergbau-Unternehmen investieren, sich ihrer Verantwortung klarwerden!“
Mutter Erde kann nicht mehr
Es ist vor allem die brasilianische Bischofskonferenz, die – im Verbund mit einer ganzen Reihe von NGOs – hinter dieser „Karawane“ steckt. „Aufgrund einer prophetischen, einer christlichen Option arbeiten wir daran, unser gemeinsames Haus zu schützen“, so der Koordinator. „Wir haben Vertreter mehrerer Glaubensgemeinschaften, die den vom Bergbau betroffenen Gemeinden zur Seite stehen. Papst Franziskus fordert uns zu Recht zu einer ökologischen Umkehr auf, zu einem tiefgreifenden Wandel. Wir dürfen unser gemeinsames Haus nicht länger nur als eine Quelle von Ressourcen betrachten, die wir abbauen. Mutter Erde kann diese Dynamik des unbegrenzten Wachstums und Verbrauchs nicht mehr ertragen.“
Auch schon Termine im Vatikan
Die „Lateinamerikanische Karawane für integrale Ökologie“ wird von katholischen Partnerorganisationen in Europa unterstützt, darunter CIDSE, Misereor (Deutschland) und DKA (Österreich). Im Vatikan sind Treffen mit der Päpstlichen Kommission für Lateinamerika und dem Dikasterium für integrale menschliche Entwicklung geplant. Letzte Station der „Karawane“ wird am 6. April Spanien, danach kehrt sie nach Lateinamerika zurück.
(vatican news)
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