Kongo: Was Frauen sich vom Papstbesuch erhoffen
Stefan von Kempis – Vatikanstadt
Goma ist die Hauptstadt der Provinz Nord-Kivu; sie liegt am Kivu-See, nicht weit von der ruandischen Stadt Gisenyi. Damit besucht der Papst das Epizentrum eines der schlimmsten Konflikte der letzten Jahrzehnte: Hier, im vernachlässigten Osten des Kongo, kam es nach dem Völkermord im benachbarten Ruanda zu zwei Kriegen. Noch heute werden weite Teile der Region von bewaffneten Milizen und Banden unsicher gemacht; die humanitäre Lage ist katastrophal.
„Der Besuch des Papstes in der Demokratischen Republik Kongo ist für uns wie ein Traum, denn wir haben schon lange darauf gewartet.“ Das sagt uns Thérèse Mema Mapenzi, eine Frau, die sich im Auftrag des Erzbistums Bukavu für die Förderung von Frauen und Mädchen einsetzt. „Die Nachricht, dass der Papst kommt, hat uns mit großer Freude erfüllt. Er wird uns Trost und Mut geben; er wird uns Frieden und Hoffnung bringen, er wird mit uns beten.“
Thérèse Mema Mapenzi leitet das kirchliche Zentrum „Olame“: Das ist eine Anlauf- und Hilfsstelle für marginalisierte Frauen, die Opfer der Kriege und häuslichen Gewalt sind, sowie für Frauen und Kinder, die beschuldigt werden, Hexen zu sein. Das „Centre Olame“ nimmt sie auf, gibt ihnen psychologische und soziale Betreuung, versucht ihnen die Möglichkeit zu verschaffen, ein neues Leben zu beginnen.
„Seit über 20 Jahren leiden wir unter einem ungerechten Krieg, der uns aufgezwungen wurde. Eigentlicher Grund dafür sind unsere natürlichen Ressourcen, sie bringen uns eher Unglück als Glück… Die ganze Welt nennt die Kivu-Region die Welthauptstadt der sexuellen Gewalt, und tatsächlich sind Frauen und auch Kinder hier vielen Formen der Gewalt schutzlos ausgesetzt.“
Dafür hat sie viele, schockierende Beispiele, mit denen sie bei ihrer Arbeit täglich zu tun hat. „Einige Frauen wurden lebendig begraben, Kinder wurden durch Vergewaltigung geboren, andere wurden gezwungen, an die Front zu gehen. Wir haben viele Narben in unseren Herzen, die schmerzhafter sind als echte Wunden. Die Körper von Frauen wurden hier zu Kriegswaffen gemacht, aber die Weltöffentlichkeit hat das nicht groß interessiert. Die Anwesenheit des Papstes hier wird ein Trost sein, die Tränen können getrocknet werden.“
Das „Centre Olame“ hat fünf Abteilungen. Eine davon ist – für Europäer gewöhnungsbedürftig, aber für Afrikaner eher nicht – die Frauenpastoral. Die Frauen des Zentrums tragen dazu bei, den Glauben und eine Botschaft der Hoffnung zu verbreiten; sie nennen sich „Wächterinnen des Unsichtbaren“ – und prangern in dieser Rolle auch Missstände in der Gesellschaft oder der Kirche an.
Frauen sollen auf eigenen Beinen stehen können
Wichtig daran ist, dass sie Selbstbewusstsein aufbauen und den Mut finden, ihre Stimme zu erheben. „Die Frauen im Osten des Kongo wurden lange Zeit nicht nur durch den Krieg, sondern auch durch die Tradition an den Rand gedrängt. In unseren Beratungshäusern wird versucht, ihr emotionales, psychologisches und soziales Leben wieder aufzubauen.“ Das Zentrum stattet die Frauen mit einem Grundeinkommen aus, damit sie ihr soziales Leben neu organisieren können. Sie erhalten auch Schulungen zu bestimmten Aktivitäten, mit denen sie sich etwas verdienen können. Und sie werden darin geschult, in Gruppen zu arbeiten, Erfahrungen auszutauschen, voneinander zu lernen.
„Es geht um eine Umerziehung. Darum, dass sie auf eigenen Beinen stehen können. Aber unser Zentrum bemüht sich auch darum, in der Öffentlichkeit auf Dinge hinzuweisen, die nicht richtig sind. Wir starten auf nationaler wie internationaler Ebene Aufrufe für Frauenrechte. Zum Beispiel haben wir 2006 eine Kampagne durchgeführt, um auf vergewaltigte Frauen hinzuweisen – davon zu sprechen war ein Tabu. Also haben wir die Regierung gedrängt, ein eigenes Gesetz gegen die Gewalt an Frauen zu verabschieden.“
Das Schweigen der Regierenden
Die Kampagne hatte Erfolg, das Gesetz gibt es inzwischen. Allerdings hapert es noch mit der Umsetzung, sagt Thérèse Mema Mapenzi. Und das Gesetz greife auch nicht in Fällen, in denen Frauen aus ihrer Familie und Dorfgemeinschaft ausgestoßen werden, weil man sie der Hexerei verdächtigt. „Es macht einem wirklich Angst, wenn man sieht, dass Frauen wegen dieser Haltung in der Gesellschaft, aber auch wegen des Schweigens der Regierenden und der ganzen Welt, weiter ihr Leben verlieren.“
Die Frauen des Zentrums hoffen, dass der Papst die Herzen der Entscheider in Politik und Behörden anrühren und sie zur Vernunft bringen kann. Sie hoffen auch auf eine stärkere Beteiligung von Frauen an hohen Ämtern in der kongolesischen Kirche.
Gegen die Straflosigkeit
An die Behörden ihres Landes appelliert Frau Mema Mapenzi, sensibler zu werden für die Leiden ihrer Landsleute. Sie fordert sie vor allem auf, der weitverbreiteten Straflosigkeit ein Ende zu machen, die die Gewalttäter nur in ihrem Tun bestärke.
„Einige Warlords, die für Übergriffe und Gewalt verantwortlich sind, werden sogar in die Regierung aufgenommen; und ehemalige Schlächter spielen die Rolle von Polizisten. Auf diese Weise werden diejenigen bevorzugt, die uns früher mit Gewalt überzogen haben. Wir fordern die kongolesische Regierung auf, den Frauen ihre Würde zurückzugeben und all diese Henker zu bestrafen!“
Außer dem Kongo wird Papst Franziskus Anfang Juli auch den Südsudan besuchen.
(vatican news – sk)
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