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DIe Sophienkathedrale in Kiew DIe Sophienkathedrale in Kiew 

Ukraine: Weiterhin große Sorge um Kiewer Sophienkathedrale

Die Kiewer Sophienkathedrale ist Teil des UNESCO-Weltkulturerbes und gilt als zentrales Symbol der ukrainischen Identität. Seit Anfang des Krieges ist die Sorge groß, dass die Kirche gezielt beschädigt oder gar zerstört werden könnte. Diese Sorge hat Freitag neue Nahrung gewonnen, als die UNESCO mit Blick auf die Kulturstätten in der Ukraine Alarm geschlagen hat.

Auch das Kiewer Höhlenkloster gehört zum Weltkulturerbe. Es ist allerdings der Sitz der Ukrainisch-orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats. Wiewohl sich die Kirche eindeutig gegen die russische Aggression ausgesprochen hat, ist die Wahrscheinlich hier eher gering, dass das Höhlenkloster gezielt von Russland beschossen wird.

Laut einer ersten UNESCO-Zählung sind bereits 53 Kulturstätten durch den Krieg teilweise oder vollständig zerstört worden, berichteten französische Medien. Die aufgrund des Konflikts nur vorläufige Liste, die in Zusammenarbeit mit den lokalen Behörden durchgeführt wurde, weist 29 religiöse Stätten, 16 historische Gebäude, vier Museen und vier Denkmäler als betroffen aus. Bisher seien über die sieben ukrainischen Stätten auf der UNESCO-Welterbeliste keine Schäden bekannt - was jedoch nicht bedeute, dass es keine gebe, hieß es.

„Es gibt ein Erbe der Menschheit, das in Gefahr ist“

„Es ist schwierig, genaue Informationen zu bekommen, man muss vorsichtig sein“, sagte der stellvertretende UNESCO-Generaldirektor für Kultur, Ernesto Ottone, vor Journalisten im Hauptquartier der UN-Institution in Paris. Der Schadensbericht werde täglich ergänzt, und die Zahl nehme zu. „Es gibt ein Erbe der Menschheit, das in Gefahr ist.“

„Wir haben die Pflicht, für zukünftige Generationen alles zu tun, um zu versuchen, das Erbe des Landes zu retten“, erklärte der Direktor des UNESCO-Welterbes, Lazare Eloudou Assomo. Er zeigte sich besorgt über die bombardierte Stadt Tschernihiw, in der Gebäude aus dem 9. bis 13. Jahrhundert stehen.

Um weitere Zerstörungen zu vermeiden, haben die UNESCO und die ukrainische Regierung demnach ein System mit weiß-blauen Markierungen zur Kennzeichnung der Welterbestätten entwickelt.

UNESCO-Generaldirektorin Audrey Azoulay hatte bereits im März an den russischen Außenminister Sergej Lawrow geschrieben und ihre Besorgnis über die Erhaltung des Kulturerbes in der Ukraine ausgedrückt. Nach UNESCO-Angaben hat sie bis heute keine Antwort erhalten.

Zentrales Bauwerk christlicher Kultur in Osteuropa

Die Sophienkathedrale in der ukrainischen Haupstadt Kiew zählt zu den wichtigsten Bauwerken christlicher Kultur im Osten Europas. Nach der „Taufe der Kiewer Rus“ im Jahr 988 wurde sie, quasi als Wiege des Christentums in Russland, Anfang des 11. Jahrhunderts begonnen und im Lauf der Jahrhunderte mehrfach zerstört, umgebaut und erweitert. Namenspatronin ist Sophia als (griechisches) Sinnbild der Weisheit. Seit 1990 gehört die Sophienkathedrale zum Weltkulturerbe der UNESCO.

Weil sich die getrennten Kirchen - russische und ukrainische Orthodoxie und mit Rom verbundene Ostkirche des byzantinischen Ritus - nicht über Eigentum und Zuständigkeit einigen konnten, erklärte die ukrainische Regierung den Baukomplex - wie schon in der Sowjetzeit - erneut zum Museum. Allerdings fand dort 2018 jene Synode statt, bei der sich zwei vormals getrennte ukrainische orthodoxe Kirchen zur autokephalen (selbstständigen und also vom Moskauer unabhängigen) ukrainisch-orthodoxen Kirche erklärten und vereinigten. Im Januar 2019 wurde hier in Anwesenheit des damaligen Staatspräsidenten Petro Poroschenko die Weihnachtsliturgie gefeiert.

Immer wieder zerstört

Die Bischofskirche, errichtet nach byzantinischem Vorbild und besonders dem der Hagia Sophia in Konstantinopel, war im Mittelalter Mittelpunkt des kulturellen und politischen Lebens des altrussischen Volkes. Hier fand auch die Inthronisation der Kiewer Fürsten statt. Ihre Ausmaße - sieben Kuppeln, fünf Schiffe, 37 Meter Länge, 55 Meter Breite und bis zu 29 Meter Höhe - waren für Zeitgenossen außerordentlich.

Das Zentrum des russischen Christentums verlagerte sich wie das politische Zentrum nach dem Mongolen-Einfall im 13. Jahrhundert über Nowgorod nach Moskau. Allerdings ist Kiew - wie für die Serben das Amselfeld im heutigen Kosovo - als Stammland nach wie vor heilige Erde. In den folgenden Jahrhunderten wurde die Kiewer Sophienkathedrale durch neuerliche Einfälle der Krimtataren immer weiter zerstört.

Ein erster Wiederaufbau erfolgte um 1630. Nach einem Großbrand 1697 ließ Zar Peter I. die Kirche im ukrainischen Barockstil aus Stein vollkommen neu errichten. Der dominante Glockenturm (1699-1707) wurde 1851 nochmals erhöht und ist nun 76 Meter hoch. In sowjetischer Zeit wurde der Kirchenkomplex 1934 geschlossen und zum Museum gemacht.

Im Inneren der Kirche befinden sich heute rund 3.000 Quadratmeter Fresken und etwa 260 Quadratmeter Mosaiken. Besonders auffällig: ein übergroßes Mosaik der „Betenden Gottesmutter“ in der Apsis und ein allherrschender Christus („Pantokrator“) in der Hauptkuppel. In der Kathedrale, einst Bestattungsort der Kiewer Fürsten, hat sich auch der Sarg von Jaroslaw dem Weisen (gest. 1054) erhalten.

(kap/kna - cs)

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02. April 2022, 13:08