El Salvador: Jesuiten-Rektor kritisiert Massenverhaftungen
Am 16. November 1989 hatte eine Todesschwadron der salvadorianischen Streitkräfte im Morgengrauen das Gelände der Zentralamerikanischen Universität in San Salvador gestürmt, die unter der Trägerschaft des Ordens steht. Sie töteten fünf spanische und einen einheimischen Jesuiten sowie die Haushälterin und deren 15-jährige Tochter. Seitdem gilt der jeweilige Rektor der UCA als wichtige moralische Stimme im Land.
Oliva kritisiert auch den salvadorianischen Präsidenten Nayib Bukele, ohne seinen Namen direkt zu nennen. „Im Moment gibt es keine Diktatur, aber eine Tendenz hin zur Konzentration von Macht in den Händen einer Person.“ Und in einem solchen Fall könne man nicht mehr von Demokratie und einem republikanischen System sprechen. Stattdessen könne die eingesetzte Unterdrückung leicht zur Diktatur führen. Oliva pocht auf das Recht zur freien Meinungsäußerung und zur Kritik an der Regierung.
Nach einem Gewaltausbruch mit Dutzenden Toten hatte Präsident Bukele Ende März einen vom Parlament abgesegneten Ausnahmezustand ausgerufen, der inzwischen um weitere 30 Tage verlängert wurde. Seitdem wurden fast 20.000 Menschen verhaftet. Sie sollen laut offiziellen Angaben Mitglieder der Mara-Banden sein. Die mafiaähnlich organisierten Jugendbanden stellen in El Salvador seit Jahren ein besonderes Problem dar.
Menschenrechtsverletzungen dokumentiert
Menschenrechtsorganisationen beklagen unterdessen eine zunehmende Verletzung von Grundrechten seit Beginn des Ausnahmezustands in dem Land. Zuletzt veröffentlichten Human Rights Watch (HRW) und die Organisation Cristosal einen auf Zeugenaussagen und Interviews mit betroffenen Familien und Anwälten basierenden Bericht. HRW dokumentierte dabei die Fälle von mindestens zwei Personen, die nach ihrer Festnahme zu Tode kamen.
Anstatt die Salvadorianer vor Bandengewalt zu schützen, hätten die Sicherheitskräfte die weitreichenden Befugnisse missbraucht, die ihnen das Parlament gewährt habe, erklärte Tamara Taraciuk Broner von HRW. Es gebe immer mehr Beweise dafür, dass seitens der Behörden seit Verhängung des Ausnahmezustands schwere Menschenrechtsverletzungen begangen worden seien, so HRW weiter. Während der ersten 30 Tage seien völlig unschuldige Menschen verhaftet worden, von denen einige kurzfristig verschwunden seien, zudem gebe es besorgniserregende Todesfälle in der Haft.
Kardinal: Ausnahmezustand keine Lösung
Die katholische Kirche hatte die Regierung jüngst zu einem Ende ihres Vorgehens aufgerufen: „Diese Menschen haben das Recht, sich zu rehabilitieren“, sagte Kardinal Gregorio Rosa Chavez laut „DiarioCoLatino“. Maßnahmen wie der Ausnahmezustand seien keine Lösung für die Probleme des Landes. Der lutherische Bischof Medardo Gomez rief den Präsidenten zu Barmherzigkeit auf. Inhaftierte würden während des Ausnahmezustandes den Zugang auf Verteidigung verlieren: „Also ist Mitgefühl und Verständnis erforderlich.“
Unter dem Begriff Mara werden mafiöse Gangs zusammengefasst, die vor allem in El Salvador, Guatemala und Honduras verbreitet sind. Ihre Wurzeln reichen ins Milieu von Migranten, die in den 1960er und 1970er Jahren aus Mittelamerika in die USA, insbesondere in den Großraum von Los Angeles auswanderten.
Allein in El Salvador gehen Experten von etwa 60.000 Bandenmitgliedern aus sowie 500.000 Menschen, die mit den „Pandilleros“ verbunden sind. Wegen der großen Armut in Mittelamerika gelangen schon Kinder in die Fänge der Mara-Banden.
(kap/kna - cs)
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