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Patriarch Rai mit Papst Franziskus Patriarch Rai mit Papst Franziskus 

Libanon: Patriarch Rai übt Kritik an Präsident Aoun und Hisbollah

Kurz vor der Parlamentswahl am Sonntag im Libanon hat der maronitische Patriarch Kardinal Bechara Rai Kritik an Präsident Michel Aoun sowie der schiitischen Hisbollah geübt.

General Aoun sei dem Volk in seiner Wahl zum Präsidenten 2016 praktisch „aufgezwungen“ worden, sagte er laut Bericht der Zeitung „L'Orient le Jour“ in einem Interview des staatlichen Senders „Tele Liban“. „Die Republik hat angehalten, um ihn zu wählen, was undemokratisch, illegal und verfassungswidrig ist“, so der Kardinal.

Aoun war 2016 nach zwei Jahren Vakanz ins Präsidentenamt gewählt worden. Rai kritisierte das Prozedere der damaligen Wahl. Es müssten mindestens zwei Kandidaten zur Wahl vorgeschlagen werden. Man habe die Republik blockiert, „um soundso zu wählen“, so Rai. Zugleich kritisierte er den Anspruch des aounistischen Lagers als verfassungswidrig, dass der Führer der mitgliederstärksten christlichen Parlamentsfraktion zum Präsidenten der Republik gewählt werde.

Ende der Amtszeit im Herbst

Aouns sechsjährige Amtszeit endet im Herbst. Der Ausgang der nunmehrigen Parlamentswahlen habe auch Auswirkungen auf die Neuwahl eines Präsidenten im Oktober, da das Staatsoberhaupt von den Abgeordneten gewählt werde, so Patriarch Rai laut Bericht. Erneut mahnte er die Libanesen, „in Freiheit, Gewissen und aus eigener Entscheidung zu wählen“, ohne sich äußerem Druck aussetzen zu lassen. „Wenn die Wähler wie Schafe wählen, wird es keine Veränderung geben“, warnte er.

Kritik übte Rai auch an der Hisbollah, dem schiitischen Verbündeten Aouns, sowie deren Waffen. Ein Staat dürfe nicht zwei Mächte und zwei Armeen haben. Durch die „Präsenz einer ihm angegliederten Miliz, der Hisbollah“, habe der Iran als Pate der schiitischen Partei die Souveränität des Landes verletzt. Das Oberhaupt der Maronitischen Kirche erneuerte in diesem Zusammenhang seine Forderungen nach einem neutralen Libanon und der Einhaltung der verschiedenen internationalen Resolutionen, die die Entwaffnung der Hisbollah vorsehen.

Hintergrund

Der 82-jährige Kardinal Rai hat als Maroniten-Oberhaupt eine wichtige Stimme im nationalen Leben des Libanon. Die Gläubigen dieser katholischen Ostkirche bilden die größte christliche Gemeinschaft im Land; die Christen insgesamt stellen noch rund 40 Prozent der Libanesen. Rai versteht sich als Ansprechpartner und Mittler für alle Gruppen, über Partei- und Religionsgrenzen hinweg, und will unbedingt die Unabhängigkeit und Einheit des Landes erhalten.

(kap - mr)

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13. Mai 2022, 11:08