Suche

Die Teilnehmer an dem „Mediterranen Theologischen Treffen“ in Rijeka Die Teilnehmer an dem „Mediterranen Theologischen Treffen“ in Rijeka 

Kroatien: Theologen-Treffen über „Freiheit des Denkens“

Im kroatischen Rijeka ist die von Erzbischof-Koadiutor Mate Uzinić organisierte Woche der „Mediterranen Theologischen Treffen“ zu Ende gegangen. Namenhafte Theologinnen und Theologen verschiedener christlicher Konfessionen kamen diese Woche mit 40 katholischen, orthodoxen und protestantischen Studentinnen und Studenten zusammen, um über „Freiheit und Verantwortung für das gesprochene Wort“ in der Kirche zu diskutieren.

Es handelte sich um das dritte Treffen junger Theologinnen und Theologen aus Südosteuropa und es ist eine Fortsetzung der Theologischen Summerschool, die im Jahr 2019 und 2020 in Dubrovnik stattfand, als Uzinić noch Bischof der kleinen dalmatinischen Stadt war.

Zu den etablierten Dozentinnen und Dozenten des diesjährigen Treffens gehörten die deutsche Theologin Marianne Heimbach-Steins von der Westfälischen Wilhelms Universität Münster, Cyril Hovorun, ukrainischer Theologe der University College Stockholm, Vukašin Miličević, serbisch-orthodoxer Theologe und Professor an der Universität in Belgrad, Luke Bretherton, amerikanischer protestantischer Theologe von der Duke University in Durham und Branko Murić, katholischer Theologe von der Katholischen Fakultät in Zagreb.

Prof. Marianne Heimbach-Steins
Prof. Marianne Heimbach-Steins
Hier hören Sie das Interview mit Prof. Marianne Heimbach-Steins

Frei sein in Gedanken und Worten

Erzbischof Uzinić sagte, er hoffe, „dass diese Treffen in Lovran ein Zeugnis der christlichen Gewissheit sind“, die Theologinnen und Theologe ermöglicht in verantwortungsvoller Freiheit frei zu sein in Gedanken und Worten, in Vorträgen und Debatten. Er erinnert an den öffentlichen, vor allem auch den kirchlichen Kommunikationsraum, der „vergiftet ist durch Geschwätz sowie verbilligten und sogar vulgären Missbrauch großer Worte“, die oft Verurteilung, Intoleranz und Hass förderten. Uzinić selbst ist aufgrund seiner Ansichten und Kommentare öfters ins Schussfeuer negativer, intoleranter und verurteilender Kommentare geraten, beispielsweise als er zur Migrantenkrise 2015 sagte, man dürfe Flüchtlinge nicht mit Vorurteilen betrachten, sondern ihnen begegnen und sie kennenlernen. Ebenfalls sorgte die von ihm ins Leben gerufene Sommerschool, damals noch in Dubrovnik, aufgrund der ökumenischen Offenheit und Pluralität an verschiedenen theologischen Perspektiven für Furore.

Ein Vortrag von Erzbischof-Koadiutor Uzinić bei den Arbeiten
Ein Vortrag von Erzbischof-Koadiutor Uzinić bei den Arbeiten

Buchvorstellungen und offene Diskussionen

Neben Vorträgen und Diskussionen wurde die kroatische Ausgabe des Buches „Il faut que des voix s’élèvent“ (Deutsch: Wir müssen unsere Stimme erheben, 2019) des ehemaligen Pariser Generalvikars Benoist de Sinety vorgestellt. Das kleine Buch, übersetzt von Sr. Vesna Zovkić und von Branko Jurić herausgegeben, wurde von Papst Franziskus als „wahres Juwel“ bezeichnet, da es wichtige Botschaften vermittelt. „Einige Jahre sind vergangen, aber wie wir in Südosteuropa wissen, hat sich nicht viel verändert,“ sagte der Jesuit und Direktor des jesuitischen Flüchtlingsdienstes (JRS) Stanko Perica. „Im Buch spricht der Autor über die Passivität, die er in Frankreich während der Krise festgestellt hat und die wir leider noch immer in unserer Region feststellen können.“

Die Rolle der Theologinnen und Theologen

Der gebürtige Ukrainer und Professor an der Universität Stockholm Cyril Hovorun sprach in seinem Vortrag davon, dass sich „einige Strukturen des Moskauer Patriarchats zunehmend von Moskau“ distanzieren. Als Beispiel nannte er die „Ukrainisch-Orthodoxe Kirche unter der Jurisdiktion des Moskauer Patriarchats, die immer noch die größte Religionsgemeinschaft in der Ukraine ist und einen bedeutenden Teil der Russisch-Orthodoxen Kirche darstellt.“ Branko Murić aus Zagreb hat in seinem Vortrag die Freiheit und Verantwortung von Theologinnen und Theologen im Dialog und im Hören nicht nur auf das Wort Gottes, sondern auch auf die religiöse Erfahrung der Gläubigen appelliert. Der synodale Prozess könnte weltweit einen neuen Reichtum und Impuls für die theologische Entwicklung geben, die in der heutigen Zeit an Bedeutung und Relevanz gewinnen könnte. Marianne Heimbach-Steins fokussierte sich in ihrem Vortrag auf die Freiheit und Ethik der Menschenreche, besonders auf Religionsfreiheit. Im Interview für das Internetportal Polis.ba wurde dazu noch der Synodale Weg in Deutschland angesprochen. „Es ist ungerecht zu behaupten, der Synodale Weg wäre nicht geistlich oder würde der Kirche schaden,“ sagte die Professorin aus Münster und fügte hinzu: „Eine Kirche, die dem Wirken des göttlichen Geistes traut, kann sich die Freiheit nehmen und der Theologie die Freiheit lassen, zu suchen und zu erproben, wo der Geist weht, ohne dass das Lehramt enge Grenzen setzt.“

Zusätzlich zum Programm schaltete sich der Generalsekretär der Bischofssynode Kardinal Mario Grech hinzu und hielt einen Vortrag über den synodalen Prozess, der derzeit in der Kirche stattfindet. „Synodalität ist eine neue Lebensweise, eine konstitutive Dimension der Kirche,“ sagte der Kardinal und deutete an, dass die Initiative von Papst Franziskus ein neuer Wendepunkt für die katholische Kirche werden könnte.

Branko Jurić: Meinungsvielfalt und Verantwortung

Branko Jurić, einer der Organisatoren der Mediterranen Theologischen Treffen in Lovran betonte, dass solche Begegnungen einzigartig sind und helfen, einen Raum für Meinungsvielfalt zu öffnen. „Dank der Offenheit von Mate Uzinić, dem ehemaligen Bischof von Dubrovnik und heutigen Koadjutor-Erzbischof von Rijeka, entschied sich eine Gruppe junger Theologen aus Kroatien und Bosnien und Herzegowina, ihm diese Art von Treffen aus dem weiteren Raum Südosteuropas vorzuschlagen,“ sagte er. „Solche Begegnungen sind eigentlich einzigartig und helfen dabei, uns immer mehr füreinander zu öffnen, was eine Voraussetzung für Meinungsvielfalt ist,“ fuhr Jurić fort. „Ohne die Freiheit der Theologinnen und Theologen innerhalb der Kirche, gibt es keine Verantwortung und vor allem keine wahre Freiheit ohne Verantwortung. Was die Kirche von Sekten unterscheidet ist, dass Sekten keine Meinungsvielfalten zulassen.“

(pm - mg)

Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.

16. Juli 2022, 12:56