Mosambik: „Wir schauen dort hin, wo andere wegsehen“
Christine Seuss - Vatikanstadt
Die Polizei ließ in einer über alle Fernsehkanäle verbreiteten Ansprache vom Mittwochabend kaum Zweifel daran aufkommen, auf wessen Seite sie sich sieht: Man stehe an allen neuralgischen Orten bereit, um Unruhen sofort zu unterbinden, hieß es aus dem Mund des mosambikanischen Polizeichefs. Demonstranten sahen sich am Donnerstag denn auch massiver Polizeipräsenz gegenüber.
Lage hat sich verschlechtert
Eine kritische Situation, die es auch aufgrund der Krise in der Ukraine kaum in die weltweiten Schlagzeilen schafft – doch die sich seit den jüngsten Unruhen in Cabo Delgado kontinuierlich verschlechtert hat, berichtet uns Andreas Wenzel, der lange für die Caritas in Mosambik tätig war, heute in Sambia als Caritas-Berater arbeitet und privat ein Solidaritätsprojekt für Straßenkinder im Süden des Landes unterstützt.
„Die Situation in Mosambik hat sich nicht verbessert, sondern sie hat sich jetzt im Gegenteil wieder verschärft“, zeigt sich Wenzel im Gespräch mit Radio Vatikan besorgt. „Die Regierung hat die Preise für alle möglichen Dinge wie Treibstoff, Transporte und Lebensmittel erhöht, so dass die Menschen mit ihren Gehältern nicht mehr auskommen. Gleichzeitig hat die Regierung eine Erhöhung der Mehrwertsteuer angekündigt, was alle Bürger betrifft, den Regierungsmitgliedern aber zugleich deutlich die Bezüge erhöht, so dass jetzt am Donnerstag ein Generalstreik in Mosambik ausgerufen worden ist. Die Situation ist sehr angespannt derzeit, und diese ganze wirtschaftliche Entwicklung, von der das ohnehin schon arme Mosambik betroffen ist, betrifft halt auch und vor allem die Armen.“
Armut treibt Kinder auf die Straße
Wohngruppen und Fussball
Dabei verlässt sich Wenzel, der 2020 in Freiburg den Verein Estamos Juntos e.V. ins Leben gerufen hat, vor allem auf die Mithilfe lokaler Partner. Denn nur so sei gewährleistet, dass die Projektidee auch wirklich vor Ort umgesetzt werde, betont er. Derzeit kümmerten sich rund 30 Erwachsene teils dezentral, teils aber auch in den Wohngruppen um die Kinder. „In den Wohngruppen leben ein Erwachsener oder ein Ehepaar gemeinsam mit den Kindern, sie kochen gemeinsam, machen Hausaufgaben und spielen zusammen… Und dadurch, dass die Kinder so wieder eine Lebensperspektive haben, haben sie auch unglaublichen Ehrgeiz entwickelt, das auch zu behalten und waren in der Schule im Vergleich zu den anderen Kindern auch überdurchschnittlich gut.“
Erst kürzlich hat ein Neuzugang den Weg zu Estamos Juntos gefunden: Fercho, ein erfahrener argentinischer Fußballtrainer, der seit langem in Mosambik lebt und nun mehrmals in der Woche mit den Kindern Fußball spielt. „Fußballspielen… Das hört sich erst einmal komisch an…“, lacht Wenzel. Doch er erläutert auch, was hinter dem sensiblen Projekt steht: „Dadurch lernen die Kinder halt auch wieder, als Team miteinander umzugehen, auf andere Rücksicht zu nehmen und sie sind in der Zeit auch richtig wieder Kind, sie sind weg von diesem ganzen Stress, ums Überleben zu kämpfen… Das bringt wirklich viel Lebensfreude mit sich, was gerade für die Kinder, die das so eigentlich nicht mehr erleben, einen unglaublich wichtigen Motor für ihre Entwicklung darstellt.“
Prekäre Wirtschaftslage bedroht Hilfsprojekt
Doch die wirtschaftlichen Probleme, die das Land in die Knie zwingen, machen auch vor privaten Initiativen wie Estamos Juntos nicht Halt. In jüngerer Zeit sei es besonders schwierig geworden, die mittlerweile rund 80 Kinder in Xai-Xai und Chongoene im Süden Mosambiks mit dem Nötigsten zu versorgen, zeigt sich Wenzel besorgt. „Was es uns sehr schwer macht, ist die wirtschaftliche Entwicklung, so dass die Kinder derzeit einfach nichts mehr zu essen haben. Das hört sich jetzt schlimm an, aber das Geld, das wir zur Verfügung haben, reicht uns nur bis zum 10. eines jeden Monats, so dass wir die Nahrungsmittelversorgung von diesen Kindergruppen nicht mehr sicherstellen können. Und wenn die Kinder dann nichts mehr zu essen haben, dann gehen sie wieder auf die Straße und fangen wieder an, zu betteln, zu stehlen… und die große Gefahr besteht darin, dass die ganzen positiven Erziehungserfolge wieder zunichte gemacht werden.“
Kinder, die auf der Straße leben, veränderten sich, ihren Charakter und ihre Lebensweise, gibt Wenzel zu bedenken. Besondere Sorgen bereite dem Team dabei die Situation der Mädchen, die besonders schnell in Kinderprostitution gedrängt würden, wenn man sie nicht auffange. „Und das ist natürlich das Schlimmste, was so einem Kind passieren kann. Von daher sind wir sehr bemüht, wieder Gelder zusammenzubekommen, damit wir diese Minimalversorgung, die sicher kein Luxusleben ist, für die derzeit betreuten 80 Straßenkinder wieder sicherstellen können.“
Informationen über das Projekt Estamos Juntos finden Sie bei Facebook: estamosjuntos.mz
Sie können den Verein auch mit Spenden unterstützen: IBAN DE45 6805 2328 0001 2132 89 bei der Stadtsparkasse Staufen - Breisach.
(vatican news)
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