Irak: „Nationale Einheit ist erforderlich“
So sagte Patriarch Sako der Agentur Sir: „Die Situation ist traurig und besorgniserregend, denn wir wissen nicht, wohin sich unser Land entwickelt. Ich glaube jedoch, dass der politische und religiöse Führer der Schiiten, Muqtada al Sadr, eine friedliche Geste machte, indem er seine Anhänger aufforderte, auf Gewalt zu verzichten und die besetzte Grüne Zone zu verlassen. Es war ein Appell, den alle begrüßten, allen voran der Präsident und der Premierminister. Jetzt ist es an den anderen schiitischen Gruppen, einen Schritt zu tun, ein Opfer zu bringen zum Wohle des Landes und seines Volkes".
Hintergrund
Anhänger des einflussreichen Geistlichen Al-Sadr hatten den Regierungspalast mit dem Büro von Ministerpräsident Mustafa al-Kasimi am Montag gestürmt und vorübergehend besetzt. Zuvor hatte Al-Sadr seinen Rückzug aus der Politik erklärt. Am späten Montagabend gab der 48 Jahre alte Religionsführer auch bekannt, in einen Hungerstreik zu treten, bis die Gewalt gegen seine Anhänger eingestellt werde.
Al-Sadrs Bewegung war aus der Parlamentswahl im Oktober vergangenen Jahres als stärkste Kraft hervorgegangen. Es gelang ihr aber nicht, eine Regierung zu bilden. Al-Sadr weigerte sich, mit den Iran nahestehenden Parteien zu kooperieren. Damit kam es zu einer Spaltung des schiitischen Lagers. Einen von seinen politischen Gegnern vorgeschlagenen Regierungschef will Al-Sadr auch nicht akzeptieren. Es entstand eine politische Pattsituation, die sich über Monate immer weiter zuspitzte. Al-Sadr fordert als Ausweg aus der Krise Neuwahlen. Vor einem Monat hatten seine Anhänger bereits das Parlamentsgebäude besetzt.
Dialog als Lösung
Patriarch Sako zeigte sich sehr besorgt und betonte: „Wenn wir so weitermachen, wird es keine Zukunft für den Irak geben". Sakos Rezept, um aus der gegenwärtigen Sackgasse herauszukommen, ist immer das gleiche, das er seit Jahren und bei verschiedenen Gelegenheiten vertritt: „Den Dialog suchen, mit Mut, an das Gemeinwohl denken, an das Leben und die Hoffnungen unseres irakischen Volkes. Vor allem aber muss die nationale Einheit hergestellt werden. Der Irak ist kein Geschäft, in dem jeder sich raussuchen kann was er gerade braucht“.
Wesentlich bei dem Dialog sei, dass alle Parteien miteinander reden und darüber hinaus auch mit den Nachbarländern gute Beziehungen führten. Sich dabei auf ein Land zu konzentrieren sei nicht im Interesse der irakischen Identität, denn „wir können nicht einem Land gegenüber loyal sein, sondern müssen mit allen Ländern respektvolle diplomatische Beziehungen unterhalten. Es darf keine Einmischung in das innere Leben des Irak geben. Wir suchen unser eigenes Wohl und respektieren das der anderen.“
Christen sollen sich am Dialog beteiligen
So sei das wichtigste, egal welcher Religion man angehöre, die Einheit anzustreben. Auch die Christen müssten dies tun, so Sako: „Wir müssen unseren Beitrag mit einer Stimme leisten, ohne uns zu spalten: vor allem, indem wir den Mut zeigen, hier zu bleiben, um die Herausforderungen des Landes zu bewältigen. Wir müssen die christliche Hoffnung bezeugen: Wir sind nicht allein, wir sind Teil des irakischen Volkes, und deshalb sind wir aufgerufen, uns für Dialog und Versöhnung einzusetzen, ohne darauf zu warten, dass andere die nationalen Probleme lösen. Wir dürfen nicht still bleiben, denn auch wir sind Teil des Geschehens". Die Einheit des Irak „hat Vorrang“, sagt er abschließend, „jeder Iraker muss ein Opfer bringen, wenn nötig sogar mehr. Angefangen bei der politischen Klasse. Das Wohl des Landes hat Vorrang vor parteipolitischen Interessen. Daran sollten wir uns immer erinnern".
(sir – schw)
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