Jemen: Hoffen auf Friedensverhandlungen
Fausta Speranza und Stefanie Stahlhofen – Vatikanstadt
Dienstag vor einer Woche hatte der UN-Sonderbeauftragte für Jemen, Hans Grundberg, mitgeteilt, dass der Waffenstillstand um weitere zwei Monate bis Anfang Oktober verlängert worden sei. Der Jemen-Konflikt begann im Jahr 2014: Damals besetzten vom Iran gestützte schiitische Huthis die Hauptstadt Sanaa und zwangen die international anerkannte Regierung in der Folge ins Exil nach Saudi-Arabien.
Der Konflikt gilt als Stellvertreterkrieg zwischen den beiden Erzrivalen. Während der Iran die schiitischen Huthi-Rebellen unterstützt, führt Saudi-Arabien eine Gruppe sunnitisch geprägter Golfstaaten an, die an der Seite der Regierung steht. Der Krieg hält seit mehr als sieben Jahren an. Zehntausende Menschen starben, die Wirtschaft des Landes ist kollabiert und die Bevölkerung von knapp 30 Millionen von einer Hungerkatastrophe bedroht.
Die jüngste Verlängerung der Waffenruhe könnte aus Sicht des früheren italienischen Botschafters im Jemen, Mario Boffo, den Weg für Verhandlungen ebnen. Er sagte im Interview mit Radio Vatikan, zumindest bei den beteiligten Ländern von außen, angefangen bei Saudi-Arabien, oder auch bei relativen Nachbarländern wie der Türkei scheine die Bereitschaft zu bestehen, den Konflikt beenden zu wollen. Dem früheren Jemen-Botschafter zufolge wurde der Waffenstillstand gerade deshalb vereinbart und verlängert, weil Saudi-Arabien eine Ausstiegslösung anstrebe und die international anerkannte Regierung ermutigt hat, einen Exekutivausschuss einzusetzen, der mit den Huthis eine politische Lösung aushandeln soll:
„Natürlich wird diese weder schnell noch einfach zu haben sein, da die allgemeinen Visionen und Ziele beider Seiten unterschiedlich sind. Darüber hinaus ist immer auch die Rolle des Auslands zu berücksichtigen. Aber jetzt ist es an der Zeit zu hoffen, dass allmählich eine glaubwürdige, ernsthafte und von allen Parteien anerkannte politische Verhandlung in Gang kommt."
Dafür spricht auch, dass die aktuelle Verlängerung der Waffenruhe laut Angaben der UN auch eine Verpflichtung der Regierung und der Huthi-Rebellen enthält, Verhandlungen zu intensivieren, um so bald wie möglich ein erweitertes Abkommen zu erreichen.
Komplexe Gemengelage
Der von den Vereinten Nationen vermittelte Waffenstillstand trat erstmals am 2. April für zunächst zwei Monate in Kraft. Er wurde diesen Juni um weitere zwei Monate verlängert. Dies markiert laut den UN die längste Periode relativer Ruhe im Jemen in den mehr als sieben Jahren des Konflikts. Zum Zeitpunkt des Waffenstillstandsabkommens im vergangenen April hatte sich Interimspräsident Abed Rabbo Mansur Hadi- auf Drängen Saudi-Arabiens und der Vereinigten Arabischen Emirate bereit erklärt, seine Befugnisse an einen achtköpfigen Präsidentenrat zu übertragen. Der neue Rat ist auch für die Aushandlung eines Waffenstillstands mit den Huthi zuständig.
Bei der Zusammensetzung des Präsidialrats fällt das Fehlen nationaler politischer Führer und die Vielzahl lokaler Führer auf, die über bestimmte Teile des Territoriums herrschen. Die Front, die sich den Huthi entgegenstellt, ist nach wie vor sehr gespalten und vertritt unterschiedliche politische Agenden sowie rivalisierende Anführer, während von der Huthi-Führung im Norden widersprüchliche politische Signale ausgehen. Laut dem italienischen Diplomaten Boffo ist zu bedenken, dass die pro-iranischen schiitischen Rebellen zwar vom Ausland unterstützt werden, aber nicht nur von außen orientiert sind: Sie haben ihre eigene Vision des Landes, die Aspekte eines alten Erbes bewahrt und auch Widersprüche aufweist, weil sie sich auf ungelöste Fragen der jemenitischen Gesellschaft und in gewissem Maße der regionalen Gesellschaft bezieht.
Unicef weiter in Sorge
Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen Unicef drängt unterdessen darauf, dass mehr für den Schutz der Kinder im Jemen getan wird, die nach wie vor vor allem durch im Land verstreute Landminen sterben: In vier Monaten wurden nach von den Vereinten Nationen überprüften Zahlen durch Ladnminen mindestens 113 Kinder getötet oder verstümmelt. Unicef rief alle Beteiligten auf, keine Mühen zu scheuen, um Landminen und nicht explodierte Kampfmittel zu entfernen.
(pm/diverse/vatican news-sst)
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