Montenegro: Abkommen mit serbisch-orthodoxer Kirche
Der Belgrader Patriarch Porfirije und Montenegros Premier Dritan Abazovic setzten am Mittwoch bei einer Zeremonie in Podgorica ihre Unterschriften unter das Abkommen, das die Beziehungen von Staat und Serbischer Kirche in Montengro regelt. Eine wichtige Frage sei ad acta gelegt worden, ließ Premier Abazovic auf Twitter wissen. „Wir gehen weiter, das Hauptaugenmerk wird auf einen besseren Lebensstandard gerichtet“, so Abazovic in Hinblick auf weitere Aufgaben der Regierung.
Patriarch Porfirije betonte nach der Unterzeichnung in seiner Ansprache, die auf der Website des Belgrader Patriarchats veröffentlicht wurde, dass die serbisch-orthodoxe Kirche keine Privilegien beanspruche, sondern schlicht wie jede andere Religionsgemeinschaft behandelt werden wolle; nicht besser, aber auch nicht schlechter. Es verstehe sich von selbst, dass die serbische Kirche in Montenegro die Verfassung und die Gesetze des Landes respektiere, so der Patriarch. Die Kirche wolle sich stets für eine demokratischen und menschlichen Gesellschaft einsetzen.
Erbitterte Auseinandersetzung im Parlament
Die letzte Verhandlungsrunde zwischen Abazovic und Patriarch Porfirije hatte bereits Ende Juni in Belgrad stattgefunden. Der Synod der serbisch-orthodoxen Kirche nahm danach das Dokument an. Am 8. Juli votierte zudem Montenegros Regierung mit Stimmenmehrheit für das Abkommen, auch wenn sich die mitregierende Sozialdemokratische Partei und die führende Oppositionskraft, die Demokratische Partei der Sozialisten (DPS), von deren Unterstützung im Parlament die von Premier Abazovic geführte Minderheitsregierung abhängig ist, dagegen ausgesprochen hatten.
In der damals von TV-Sendern direkt übertragenen Regierungsdebatte hatten Kritiker aus den Reihen der Sozialdemokraten bemängelt, dass das Abkommen der serbisch-orthodoxen Kirche zu viele Privilegien zugestehen würde. Auch hieß es, dass das Abkommen nicht mit der serbisch-orthodoxen Kirchenspitze mit Sitz in Belgrad, sondern mit Vertretern der serbisch-orthodoxen Metropolie in Montenegro abgeschlossen werden sollte. Verlangt wurde auch, das Grundsatzabkommen erneut von Rechtsexperten auf seine Verfassungsmäßigkeit prüfen zu lassen.
Ein Land, zwei Kirchen
Am Mittwoch kündigte die DPS an, dass sie noch im Laufe des Tages eine Initiative zum Misstrauensvotum gegen die Regierung von Abazovic einleiten werde. „Das heute unterzeichnete Abkommen, das im Widerspruch zur Verfassung Montenegros steht, wird suspendiert werden, sobald eine neue Regierung gebildet ist“, teilte die Partei mit.
In Montenegro gibt es zwei orthodoxe Kirchen: Die serbisch-orthodoxe Kirche und die wesentlich kleinere montenegrinisch-orthodoxe Kirche, die sich selbst als unabhängig ansieht, von der Weltorthodoxie aber nicht anerkannt ist. Zwischen Serbischen Kirche und der lange Jahre in Podgorica regierenden DPS unter Führung des aktuellen Staatspräsidenten Milo Djukanovic bestanden viele Konflikte. Im Zentrum standen dabei u.a. Eigentumsstreitigkeiten der serbisch-orthodoxen Kirche mit staatlichen Organen und der konkurrierenden montenegrinischen orthodoxen Kirche.
2019 gab es Massenproteste gegen neues Religionsgesetz
Den Tiefpunkt der Auseinandersetzungen bildete ein Ende 2019 verabschiedetes neues Religionsgesetz, gegen das die serbisch-orthodoxe Kirche Massenproteste organisierte. Im August 2020 kam es zu einem Regierungswechsel, was die Lage entspannte, da danach das umstrittene Religionsgesetz abgeändert wurde. Doch auch mit der als kirchennah und proserbisch geltenden Regierung von Zdravko Krivokapic gelang der Abschluss der Verhandlungen zum Grundsatzabkommen nicht. Dieser ließ die angekündigte Unterzeichnung im Mai 2021 platzen. Die seit Ende April 2022 im Amt befindliche Minderheitsregierung unter Abazovic nahm die Verhandlungen mit der serbisch-orthodoxen Kirche wieder auf.
(kap –sk)
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