Haiti: Ein Land am Abgrund
Mario Galgano und Marie Duhamel – Vatikanstadt
Es gebe „große wirtschaftliche und politische Probleme“, räumt der Nuntius ein und die bisherigen Meldungen zeigten, wie tief das Land gesunken sei. „Es gibt Momente, in denen man denkt, dass es keinen Ausweg aus dieser Krise gibt. Die Institutionen funktionieren nicht. Es gibt eine schwere Krise der Ernährungssicherheit, sechs Millionen Haitianer sind von Ernährungsunsicherheit bedroht und die Inflation hat die Preise explodieren lassen, alles hat an Wert verloren“, so Erzbischof Escalante Molina. Weiter fügt er an: „Die Situation, in der sich jetzt in Haiti befindet, ist wirklich schlimm.“
Zeichen der Hoffnung für dieses Land und die Haitianer sehe er aber durchaus, so der Vatikan-Vertreter in Port-au-Prince. Man sehe „das gute Herz“ der Menschen dort. Weniger optimistisch ist er, was die Politiker betrifft:
„In den vergangenen 30 Jahren haben sich leider die Werte nicht verändert, um das Land zu führen, denn auch die Politiker, die jetzt da sind, denken nur an ihre Macht. Das ist mehr oder weniger die gleiche Situation, wie schon seit Jahrzehnten. Haiti ist in der gleichen schwierigen Zeit stecken geblieben. Die Kirche, Verbände und NGOs investieren viel in die Bildung, aber das reicht nicht.“
Starke Erhöhung der Treibstoffpreise
Vergangene Woche überraschte der haitianische Premierminister Ariel Henry die bereits von Unsicherheit und Armut geplagte Bevölkerung mit der Warnung vor einer starken Erhöhung der Treibstoffpreise, da der Staat nicht in der Lage sei, die laufenden Subventionen weiter zu zahlen. Die Preise für Diesel und Kerosin seien von 350 auf fast 670 Gourdes (die Landeswährung, Anm. d. Red.) gestiegen, also fast um das Doppelte. Das fördere das Misstrauen der Bevölkerung gegenüber der Politik. Die katholische Kirche sei eine der wenigen Einrichtungen in Haiti, die noch funktioniere, so der Nuntius.
„Und jeder will mit der Kirche sprechen, mit den Bischöfen. Vielen Politikern geht es darum, Konsens zu suchen und die Kirche auf ihrer Seite zu haben. Die Kirche ist aber derzeit sehr vorsichtig, aber ich bin sicher, dass in dem Moment, wenn es einen Dialog möglich ist und ernsthaft die Absicht besteht, aus der Krise zu gelangen, dann wird die Kirche da sein.“
Die Geschichte des Landes habe gezeigt, dass die Kirche eine große Bedeutung für Haiti habe. Die Ordensgemeinschaften in Haiti, die selbst zur Zielscheibe geworden seien, verurteilen die Gewalt der Vandalismus- und Plünderungsakte, die in den vergangenen Tagen im ganzen Land verübt wurden. Sie fordern von den Behörden, dass sie „Leben und Eigentum“ schützen, aber auch, dass sie mit Unterstützung der internationalen Gemeinschaft auf den „legitimen“ Schrei des haitianischen Volkes reagieren, das Opfer einer jahrhundertelangen Armut sei.
(vatican news)
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