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Bischof Arkadiusz Trochanowski Bischof Arkadiusz Trochanowski 

Ukraine: Die neue Freundschaft mit Polen

Wer über gute Seiten des Ukraine-Kriegs berichten will, muss danach erst lange mit der Lupe suchen. Eine gute Nebenwirkung hat der mörderische Krieg aber doch: Er hat Ukrainer und Polen einander nähergebracht.

Das stellt ein Bischof fest, der sich in Polen schwerpunktmäßig um Gläubige aus dem Nachbarland Ukraine kümmert: Bischof Arkadiusz Trochanowski von der Eparchie Olsztyn-Gdansk der griechisch-katholischen Kirche in Polen. Er kommt aus einer ukrainischen Familie, die 1947 zwangsweise nach Polen umgesiedelt wurde.

„Ich bin sehr überrascht von der Offenheit Polens“, so Trochanowski bei einem Besuch in Rom im Gespräch mit Radio Vatikan. „Polen hat vor den Augen der ganzen Welt etwas Unglaubliches gezeigt. Polen wird ja manchmal vorgeworfen, es wisse nicht, wie man Flüchtlinge aufnimmt. Jetzt zeigt sich: Das Gegenteil ist der Fall, denn Polen hat sich gegenüber den Ukrainern wie kein anderes Land in Europa verhalten: Die Polen haben ihre Häuser geöffnet.“

„Polen hat sich gegenüber den Ukrainern wie kein anderes Land in Europa verhalten“

Etwa zehn Millionen Ukrainer sind seit Beginn des Krieges Ende Februar nach Polen geflüchtet; im Land geblieben ist seitdem ungefähr eine Million, die anderen sind in andere Länder weitergezogen. Viele ukrainische Familien sind bei polnischen Familien privat untergekommen. Warschau erteilt den Familien aus dem Nachbarland eine Aufenthaltserlaubnis für 18 Monate; sie lässt sich verlängern. In Polen arbeiten dürfen die Ukraine-Flüchtlinge sofort.

Ein Zug mit Flüchtlingen aus Odessa kommt im Juli in Przemysl (Polen) an
Ein Zug mit Flüchtlingen aus Odessa kommt im Juli in Przemysl (Polen) an

„Man könnte sagen, dass der Fremde ein Mitglied der polnischen Familie geworden ist, und das baut auf, das hilft einfach sehr. Von vielen Flüchtlingen hört man, was die russische Propaganda ihnen eingebläut haben: dass die Polen sie verfolgen, dass die Polen sie nicht mögen, dass die Polen ihre Häuser nicht für sie öffnen. Sie sagen: Wir sind überrascht, dass Polen ihre Häuser geöffnet haben, und die Polen haben uns so herzlich empfangen und alles, was sie haben, mit uns geteilt… Manche unter den Polen haben selbst nicht viel – aber sie haben dennoch Flüchtlinge aufgenommen, weil sie denken: Die haben ihr Zuhause verloren, vielleicht auch ihre Angehörigen…“

Zum Nachhören: Die neue Freundschaft zwischen Polen und der Ukraine - Radio Vatikan

Die Chance nicht verstreichen lassen

Bischof Trochanowski hat bewegende Erinnerungen an die Osterfeierlichkeiten dieses Jahres: Zuerst hätten die Katholiken römischer Couleur gefeiert, dann die Katholiken ukrainischer Couleur – aber das sei nicht trennend gewesen diesmal, sondern „ein Fest der großen polnisch-ukrainischen Einheit“. In dem Stil sollte es jetzt weitergehen zwischen Polen und Ukrainern, hofft er.

„Wir sollten heute diese Chance der Geschichte, die sich vor uns aufgetan hat, nicht ungenutzt verstreichen lassen. Diese beiden Nationen sollen wissen, wie sie in Einheit leben können, und sie sollen vor der ganzen Welt zeigen, dass die Einheit zwischen den Nationen möglich ist, wenn jede ihre eigene Identität zu entwickeln weiß und die andere respektiert.“

(vatican news – sk)

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23. September 2022, 10:46