Kolumbien: Kirche und UN sehen Chance auf Verhandlungslösung
Ein zentrales Wahlkampfversprechen der neuen linken Regierung in Kolumbien ist die Befriedung des Landes. Präsident Gustavo Petro will auf alle bewaffneten Banden im Land zugehen. Ein wichtiger Schritt: Die Wiederaufnahme der Friedensgespräche mit der marxistischen ELN-Guerilla, die sich im Vorbereitungsstatus befinden und im November offiziell beginnen sollen.
Die Vereinten Nationen und die katholische Kirche sehen gute Chancen für eine Verhandlungslösung zwischen Rebellen und Regierung: „Wir haben auf beiden Seiten eine große Bereitschaft gesehen, die Dialoge nicht nur wieder aufzunehmen, sondern auch greifbare Ergebnisse zu liefern", sagte der Leiter der UN Verification Mission in Kolumbien, Carlos Ruiz Massieu, am Mittwoch (Ortszeit) dem Sender „La FM".
Der innerhalb der Kolumbianischen Bischofskonferenz für das Verhältnis zwischen Staat und Kirche zuständige Prälat Hector Fabio Henao erklärte, die Kirche sei bereit, die Gespräche zu begleiten. Es gelte, eine starke Bürgerbeteiligung zu ermöglichen. Die ELN müsse ihren Friedenswillen zeigen, um etwas gegen Armut, Hunger und Gewalt in den Konfliktgebieten zu tun. Petro kündigte in dieser Woche die Wiederaufnahme der Verhandlungen an. Der Dialog werde in Caracas fortgesetzt. Zuvor war bereits eine ELN-Delegation aus Kuba nach Venezuela gereist. Venezuela, Kuba und Norwegen fungierten als Garanten des Prozesses, teilte Petro via Twitter mit. Zielsetzung sei zunächst ein Anknüpfen an die bereits Ende März 2016 erzielten Übereinkünfte. Für Regierung und ELN sei die Teilhabe der Gesellschaft am Friedensprozess essenziell.
Hintergrund
Die ELN hatte nach dem Wahlsieg des Sozialisten Petro im Juni ihre Bereitschaft zur Wiederaufnahme der vom konservativen Ivan Duque auf Eis gelegten Verhandlungen bekundet. Zugleich forderte die Guerillagruppe die künftige Regierung zu politischen Reformen etwa bei der Bekämpfung des Drogenhandels auf. Der frühere Präsident Duque hatte nach einem Bombenattentat auf eine Polizeikaserne im Januar 2019, bei dem 23 Menschen starben und fast 100 Personen verletzt wurden, die Gespräche abgebrochen. Die ELN wurde 1964 von Studenten, katholischen Radikalen und linken Intellektuellen aus Protest gegen die Armut der Kleinbauern gegründet. Eine ihrer Ikonen war der Priester Camilo Torres. Das Verhältnis von Marxismus und Christentum kommentierte Torres einst mit dem Satz: „Warum sollen wir streiten, ob die Seele sterblich oder unsterblich ist, wenn wir beide wissen, dass Hunger tödlich ist?" Torres starb 1966 bei Kämpfen mit Regierungstruppen. Es war nach kolumbianischen Quellen sein erster Kampfeinsatz überhaupt. Laut der Wahrheitskommission zur Aufarbeitung des bewaffneten Konflikts war die ELN im Zeitraum von 1986 bis 2016 für rund 18.600 Tötungen verantwortlich.
(kna-sst)
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