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Libanon: Kardinal Rai kritisiert stockende Präsidentenwahl

Das Oberhaupt der größten Christengemeinschaft im Libanon, Kardinal Bechara Rai, hat sich kritisch zur stockenden Präsidentenwahl geäußert. Er warnte am Sonntag vor einem Volksaufstand

„Wenn sich die Abgeordneten nicht gegen sich selbst erheben und einen nationalen, souveränen und qualifizierten Präsidenten wählen, um die Regierungsgeschäfte zu übernehmen, sollten sie dem Volk nicht die Schuld geben, wenn es sich gegen sie alle erhebt", sagte der Kardinal laut Manuskript in seiner Sonntagsmesse. Als Patriarch der maronitischen Christen hat Rai eine gewichtige politische Stimme im Land.

Der Kardinal äußerte die Befürchtung, dass der fehlende Konsens der Abgeordneten über einen Kandidaten die Wahlsitzungen in eine Sackgasse führen könnte. Die Nichtwahl eines neuen Präsidenten bezeichnete er als Sabotageakt gegen die wichtigste Institution des Staates. Sollte die verfassungsmäßige Frist ohne Einigung und ohne Wahlerfolg enden, wäre dies inakzeptabel und „ein Verbrechen gegen das libanesische Volk und den Staat in seiner derzeitigen Situation", so Rai.

Er äußerte sich drei Tage nach dem Scheitern der ersten Parlamentssitzung zur Wahl eines neuen Staatsoberhauptes. Am 31. Oktober läuft die Amtszeit von Präsident Michel Aoun ab, der nicht wiedergewählt werden kann. Offiziell begann die in der libanesischen Verfassung vorgesehene Wahlperiode am 1. September, doch Parlamentspräsident Nabih Berri hatte die Kammer erst vergangene Woche einberufen. Die Sitzung musste wegen fehlender Beschlussfähigkeit vertagt werden. Berri kündigte daraufhin an, weitere Sitzungen von einer Übereinkunft der Abgeordneten über einen Kandidaten abhängig zu machen.

Nach dem festgelegten Religionsproporz muss der libanesische Staatspräsident maronitischer Christ sein, der Ministerpräsident Sunnit und der Parlamentspräsident Schiit. Der Libanon leidet derzeit unter einer gravierenden Wirtschaftskrise. Viele Menschen können die gestiegenen Lebensmittel-, Energie- und Wasserpreise kaum noch bezahlen. Zudem ist die medizinische Versorgung mangelhaft.

(kap – gs)

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02. Oktober 2022, 15:32