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Eine Ansicht des Treffens von Papst Franziskus mit dem Muslimischen Ältestenrat in der Moschee des Sakhir-Palastes Eine Ansicht des Treffens von Papst Franziskus mit dem Muslimischen Ältestenrat in der Moschee des Sakhir-Palastes 

Islamische Autoritäten: Herausforderungen gemeinsam angehen

Die gemeinsamen Herausforderungen, vor denen die Menschheit steht, lassen sich nur gemeinsam und ungeachtet des religiösen Bekenntnisses lösen. Das wurde beim Treffen des Papstes mit dem Ältestenrat der Muslime in der Moschee des Sakhir-Palastes von muslimischer Seite praktisch durchgängig betont. Erstmals bei einem Treffen von Islam-Vertretern und einem Papst wurden dabei Texte aus Bibel und Koran gemeinsam vorgetragen.

Das interreligiöse Treffen an diesem Freitag sei „Beweis dafür“, dass die Fortsetzung des christlich-islamischen Dialogs, der mit der Unterzeichnung des Dokumentes über die Brüderlichkeit aller Menschen vor drei Jahren in Abu Dhabi in Gang gesetzt wurde, „erreichbar“ sei, betonte beispielsweise der indonesische Vertreter des Ältestenrates Muhammad Quraish Shihab, der die Anwesenheit der beiden hochkarätigen Ehrengäste, Papst Franziskus und Ahmed al-Tayyeb, in diesem Zusammenhang eigens würdigte.

Unter den Herausforderungen, denen sich die Menschheit gegenüber sehe, listete er - ähnlich wie Papst Franziskus - insbesondere die zunehmende Religionsvergessenheit und eine „moralische Verarmung“ auf, die unterschiedliche negative Folgen zeitigte, darunter Angriffe auf die Institution der Familie, aber auch die Ausbeutung von Kindern als billige Arbeitskräfte und schlimmere Formen der Ausbeutung, aber auch die internationale Ernährungskrise – die „aus dem Fehlen von Gerechtigkeit und Solidarität“ resultiere – und die beängstigende Bedrohung durch Kriege im Allgemeinen und Atomwaffen im Besonderen, die sich derzeit in der Welt abzeichne, aber auch der Klimawandel, der ein „lebendiges Zeugnis für die Unfähigkeit des Menschen“ darstelle, seinen Konsumtrieb zu zügeln und den dadurch verursachten Schaden von künftigen Generationen abzuwenden.

„Gemeinsame Verantwortung, die alle religiösen Führer weltweit betrifft“

Der Ältestenrat habe sich der Aufgabe verschrieben, muslimische Weisheit und Wissen zusammenzubringen, um die Werte des Zusammenlebens zu fördern. Mittel dafür sei auch der Dialog mit den verschiedenen Partnern: „Er ist eine gemeinsame Verantwortung, die alle religiösen Führer weltweit betrifft“, so Muhammad Quraish Shihab: „Mit Dialog ist hier nicht eine auf Fakten basierende Debatte gemeint, die sich auf Verweise stützt. Gemeint ist ein Dialog zwischen verschiedenen Wissensquellen und Glaubensrichtungen sowie der unterschiedlichen Kulturen und Erfahrungen, der eine für beide Seiten vorteilhafte Zusammenarbeit anstrebt, um Antworten auf schwer fassbare und komplexe Fragen der heutigen Zeit zu finden.“

Dialog eine Notwendigkeit

Mehr noch als eine echte Notwendigkeit sei der Dialog auch eine Möglichkeit, „den Reichtum der einzigartigen religiösen und kulturellen Identität aller menschlichen Gruppen hervorzuheben“. Dies führe letztlich dazu, die „Menschlichkeit des Menschen zu erhöhen“ und ihn als „verantwortliches Geschöpf“ zu bezeichnen, das vor „großen existenziellen Herausforderungen steht, die es ohne Kommunikation und Dialog mit den vielfältigen Erfahrungen der menschlichen Zivilisation nicht bewältigen kann“. Die Verwirklichung dieser menschlichen Identität könne nur auf dem Weg des Dialogs erfolgen, zeigte sich der Vertreter des Ältestenrates überzeugt.

Mensch als verantwortliches Geschöpf

Ähnlich äußerte sich auch der Generalsekretär des Gremiums, Mohamed Abdel-Salam, in seiner Ansprache vor den Religionsführern. Er wollte in diesem Zusammenhang insbesondere die Bedeutung des Dokumentes über die Brüderlichkeit aller Menschen hervorgehoben wissen, und unterstrich seinerseits die Notwendigkeit, große Herausforderungen der Menschheit ungeachtet der Religionszugehörigkeit gemeinsam anzugehen.

Große Industrienationen tun zu wenig gegen Klimawandel

In dasselbe Horn stieß auch der Großimam von al-Ayhar, Ahmed al-Tayyeb. Er steht dem muslimischen Ältestenrat mit Sitz in Abu Dhabi vor und hatte an diesem Ort auch das Dokument im Februar 2019 gemeinsam mit Papst Franziskus unterzeichnet. Auch ihm war es, wie dem Vatikanvertreter Kardinal Ayuso Guixot, ein besonderes Anliegen, auf die Herausforderung des Klimawandels für die Menschheit hinzuweisen. Er kritisierte weiter, dass die großen Industrienationen wenig zur Bewältigung der Klimakrise beitrügen und forderte alle Religionsvertreter auf, ihre Stimme zu erheben und die Verantwortlichen zum Handeln aufzurufen.

In seiner Ansprache betonte er auch, dass der Westen seine Auffassung von Freiheiten und Menschenrechten nicht den östlichen Kulturen „aufzwingen“ sollte – andernfalls handele es sich um einen „neuen Kolonialismus“, der kein langes Leben habe, meinte der Großscheich der al-Azhar-Universität mit Blick auf Entwicklungen Gesellschaften, in denen es zu „Lockerheit und Abweichung von der Moral“ komme – dabei zielte er unter anderem auf die „Verbreitung von Homosexualität“ und Kampagnen für LGBTQ-Rechte. Doch die Freiheit im Namen der Aufklärung bringe „Chaos, moralische Zerstörung und die Zerstörung der inneren Struktur des Menschen“ hervor, warnte die islamische Autorität.

Abschließend erneuerte er seinen Aufruf, den islamisch-christlichen interreligiösen Dialog fortzusetzen und „ihn für alle Menschen zu öffnen“.

(vatican news - cs)

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04. November 2022, 16:28