Jesuiten: Aufruf an Missbrauchsbetroffene im Fall Rupnik
„Ich lade alle ein, die eine neue Beschwerde einreichen oder bereits eingereichte Beschwerden besprechen möchten, sich an uns zu wenden“, heißt es in dem vom belgischen Jesuiten Johann Verschueren unterzeichneten Aufruf vom Sonntag. „Ich versichere Ihnen, dass man Ihnen mit Verständnis und Einfühlungsvermögen zuhören wird“, wendet sich der Delegat von Jesuitengeneral Arturo Sosa darin an mögliche Betroffene. Der Appell wurde am Sonntag vom Jesuitenorden im Internet veröffentlicht.
Verschueren nimmt darin Bezug auf zwei Untersuchungen im Zusammenhang mit Pater Marko Rupnik. Die eine betreffe „eine Angelegenheit im Zusammenhang mit dem Sakrament der Versöhnung“, die andere „den Missbrauch mehrerer Frauen der Loyola-Gemeinschaft durch Pater Rupnik“.
„Schock und Trauer“
Die Vorwürfe hätten bei den Jesuiten „Schock und Trauer“ ausgelöst, zitiert Verschueren Worte von Jesuitengeneral Sosa. Der Jesuitenorden wolle „die von den zivilen oder kirchlichen Gesetzen geforderten Verfahren gewissenhaft einleiten“ und „die Tatsachen nicht verschleiern“. Man wolle den Schmerz der Opfer respektieren, Wege der Heilung eröffnen und „eine Kultur des Schutzes“ entsprechend „höchster Standards“ schaffen.
Angesicht noch vieler Fragen gibt der Delegat dann eine Chronik zum Umgang mit dem Fall wieder.
Chronik
Demnach ging im Oktober 2018 eine Anzeige wegen der sakramentalen „Lossprechung eines Mittäters“ bei der Jesuitenzentrale in Rom ein.
Im Januar 2020 entschied ein Kirchengericht, dass dieser Straftatbestand vorliege und Rupnik deswegen exkommuniziert sei, heißt es in der Chronik - ohne zeitliche Angaben zur ursprünglichen „Übertretung des Sechsten Gebots“ und der erwähnten Absolution weiter.
Im Mai 2020 stellte die Römische Glaubenskongregation die Exkommunikation auch formal fest und hob sie noch im selben Monat wieder auf.
13 Monate nach der Aufhebung der Exkommunikation, im Juni 2021, trafen bei der Römischen Glaubenskongregation weitere Anschuldigungen gegen Rupnik von mehreren Ordensfrauen aus Slowenien ein. Der Jesuitengeneral leitete eine Voruntersuchung ein und verbot daraufhin Rupnik das Beichtehören sowie die geistliche Begleitung von Exerzitien.
Im Januar 2022 kam die Voruntersuchung zu dem Ergebnis, dass die Anschuldigungen Bestand haben, die Glaubenskongregation übernahm den Fall.
Im Oktober 2022 stellte die Glaubensbehörde fest, dass die Anschuldigungen aus Slowenien, wo Rupnik bis 1993 überwiegend lebte, verjährt seien. Ein Strafprozess wurde daher nicht in Gang gesetzt. Die gegen Rupnik verhängten Einschränkungen blieben jedoch als „Verwaltungsanordnungen“ bestehen.
Pater Verschueren ist Delegat für die „provinzübergreifenden Niederlassungen“, seine Erklärung wurde auf einer Homepage der römischen Jesuitenzentrale veröffentlicht.
(pm – pr)
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