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Filippo Grandi, UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, im Studio von Radio Vatikan Filippo Grandi, UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, im Studio von Radio Vatikan 

UNHCR-Chef Grandi: „Stimme des Papstes entscheidend für Flüchtlinge“

Es ging um die Flüchtlingssituation in der Demokratischen Republik Kongo und im Südsudan, das Sterben im Mittelmeer und die unverzichtbare Rolle der Zivilgesellschaft: Der Hohe Kommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge traf Franziskus am Vortag seiner Abreise nach Afrika

Nach sechs Tagen in der von Bomben verwüsteten Ukraine, in der mindestens fünf Millionen Menschen obdachlos geworden sind und weitere sechs Millionen über die Grenze fliehen mussten, traf der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge in Italien ein, um sich mit dem komplexen Thema der Migrationsströme über das Mittelmeer zu befassen. Nach Gesprächen mit Staatspräsident Sergio Mattarella traf Filippo Grandi an diesem Dienstag mit den Spitzen der italienischen Regierung zusammen, die derzeit mit der Europäischen Union in Fragen zur Einwanderungssituation hitzig debattiert und sich inmitten einer Kontroverse über die Rolle von Nichtregierungsorganisationen bei der Suche und Rettung auf See befindet.

Eine Stimme von Bedeutung

Am Montagmorgen, dem Vortag der Abreise des Papstes in die Demokratische Republik Kongo und den Südsudan, erhielt Grandi im Vatikan eine Audienz mit Papst Franziskus und den Spitzen des Staatssekretariats. Die Reise wird den Papst in Länder führen, die selbst tiefgreifende politische und soziale Krisen mit dramatischen humanitären Folgen durchleben, aber auch innerhalb ihrer Grenzen eine unüberschaubare Anzahl von Flüchtlingen und Vertriebenen zählen - oft fliehen sie auch vor Konflikten in den Nachbarländern. Der Leiter des UNHCR lässt im Gespräch mit den Vatikanmedien keinen Zweifel daran, dass für ihn die Stimme von Papst Franziskus im afrikanischen Kontext von grundlegender Bedeutung ist.

„In den letzten 30 Jahren war die Gewalt gegen die Zivilbevölkerung, insbesondere gegen Frauen, schrecklich“

„In den letzten 30 Jahren war die Gewalt gegen die Zivilbevölkerung, insbesondere gegen Frauen, schrecklich“, so der UN-Hochkommissar, „daher hoffe ich, dass die Stimme des Papstes die Welt daran erinnern kann, wie wichtig es ist, humanitäre Maßnahmen zur Bewältigung dieser Krisen zu unterstützen.“ Die Versuche, Friedensprozesse in Gang zu setzen, seien bisher zaghaft und unproduktiv gewesen, während der Druck, der durch die massive Präsenz von Flüchtlingen aus ganz Afrika entsteht, sicherlich zu weiteren Spannungen beigetragen habe, meint Grandi. „Es handelt sich um sehr komplexe Situationen, in denen die Rolle der fliehenden Menschen manchmal auch einen Einfluss auf den Konflikt hat und die Flüchtlinge in gewissem Sinne im Kreuzfeuer stehen.“

Grandi mit dem Papst
Grandi mit dem Papst

Die „Festung“ Europa

Um die Auswirkungen von Konflikten und Krisensituationen auf die exorbitante Zahl von Flüchtlingen in der Welt zu verstehen, müsste man nur einen Blick auf die Geschehnisse in der Ukraine werfen. In nur einem Kriegsjahr haben mindestens sieben Millionen Menschen im Ausland Zuflucht gefunden; während es fünf Millionen Binnenvertriebene gibt. Eine humanitäre Krise, die die unmittelbare Solidarität der Europäischen Union auf den Plan gerufen hat. In der Tat genießen die ukrainischen Flüchtlinge dank des eigens eingeführten Modells vorübergehenden Schutz - eine Maßnahme, die Filippo Grandi nicht nur für sehr positiv hält, sondern auch als ein Modell für zukünftige Interventionen sieht.

„Wenn es uns in Europa gelungen ist, ukrainische Flüchtlinge so gut aufzunehmen, können wir das auch mit anderen tun, denn auch wenn es bei der Integration und Aufnahme anderer Gruppen komplexere Herausforderungen geben mag, können wir keine diskriminierende oder unterschiedliche Behandlung vornehmen.“ Es gelte also, diese Praktiken auch auf andere Gruppen anzuwenden, „und ich glaube, wir werden bei der Aufnahme Fortschritte machen“, so Grandi.

Die wichtige Rolle der Seenotrettung

Während in Europa eine hitzige Debatte über Fragen der Aufnahme von Einwanderern geführt wird, insbesondere über den Schlüssel für die Verteilung der Flüchtlinge auf die Mitgliedstaaten, tobt auch eine Kontroverse über die Rolle von Nichtregierungsorganisationen bei Such- und Rettungsaktionen für Migranten im Mittelmeer. „Die Zivilgesellschaft ist eine äußerst wichtige Ergänzung zum staatlichen Handeln“, meint Filippo Grandi in diesem Zusammenhang: „Die italienische Küstenwache leistet zwar hervorragende Arbeit bei der Rettung von Menschenleben, aber die von Europa für diese Einsätze bereitgestellten Mittel reichen nicht aus, so dass die Zivilgesellschaft diese Mängel zweifellos ausgleichen muss. Und diese Aktion muss verteidigt und unterstützt werden.“

(vatican news - cs)

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31. Januar 2023, 15:38