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Frauen bei der Ankunft des Papstes in Kinshasa am Dienstag Frauen bei der Ankunft des Papstes in Kinshasa am Dienstag  (AFP or licensors)

Kongo: Der lange Weg zur Emanzipation der Frau

„Ich bete dafür, dass die Frau, jede Frau, respektiert, geschützt und wertgeschätzt wird“: Das hat Papst Franziskus am Mittwochabend in Kongos Hauptstadt Kinshasa gesagt.

Xavier Sartre und Stefan v. Kempis – Vatikanstadt

„Gewalt einer Frau und einer Mutter gegenüber auszuüben, bedeutet, sie Gott selbst anzutun, der das Menschsein von einer Frau, von einer Mutter angenommen hat“, so Franziskus weiter. Die Papst-Mahnung kommt nicht von ungefähr: Die Lage von Frauen im Kongo ist besonders schwierig, ihr Weg zur Emanzipation noch lang und steinig.

Das sagt auch Odette Sangupamba. Die Ordensfrau ist Uni-Professorin und Dekanin der Fakultät für Informatik an der Katholischen Universität des Kongo in der Hauptstadt Kinshasa.

Hier zum Hören:
Frauen in einer Kaffee-Plantage bei Bukavu (Süd-Kivu
Frauen in einer Kaffee-Plantage bei Bukavu (Süd-Kivu

Interview

Der Kongo ist mit zahlreichen Problemen konfrontiert, seien sie wirtschaftlicher, sozialer, politischer Natur, oder was die Sicherheit betrifft. Sind Frauen in diesem schwierigen Umfeld mehr Opfer als Männer?

„Ja, sie sind mehr Opfer als Männer. Wenn im Krieg getötet wird, dann werden die Männer getötet und die Frauen vergewaltigt. Frauen werden also doppelt verletzt. Sie sind Witwen, sie werden vergewaltigt, sie sind mittellos, sie sind sich selbst überlassen.“

„Die größten Probleme? Es ist alles gleichzeitig“

Was sind die größten Probleme, mit denen kongolesische Frauen konfrontiert sind? Sind es Unsicherheit, Diskriminierung, häusliche Gewalt, wirtschaftliche Unsicherheit? Oder ist es alles auf einmal?

„Es ist alles gleichzeitig, aber auf unterschiedlichen Ebenen. Beispielsweise betrifft die Unsicherheit hauptsächlich den Osten des Landes. Bei der wirtschaftlichen Unsicherheit sind es vor allem die Städte und die Orte, an denen Krieg herrscht. Was die Diskriminierung betrifft, so ist sie viel stärker im Hinterland zu spüren, weil in den Städten immer mehr Frauen beginnen, sich ihres Status als menschliche Personen bewusst zu werden. Und mehr und mehr verschaffen sie sich eine Stimme in der Gesellschaft, auch wenn wir da erst am Anfang des Prozesses stehen.“

Würden Sie sagen, dass sich die Lebensbedingungen für Frauen im Kongo in letzter Zeit verbessert haben?

„Nein, die Bedingungen in Kinshasa und den großen Städten haben sich nicht verbessert. Man kann vielleicht eine gewisse Verbesserung spüren, aber in der Weite des Landes nicht. Dort gibt es zum Beispiel immer noch Zwangsheiraten. Dazu kommt die Unsicherheit, die viele traumatisiert. Die Frauen wissen nicht, wie sie sich entfalten können. Nicht alle gehen zur Schule.

Was Zwangsheiraten betrifft, so werden junge Mädchen, oftmals Minderjährige, gezwungen, Männer zu heiraten, die viel älter sind als sie. Männer, die viel Geld haben, ein Vermögen, das sie den Eltern der Mädchen geben können. Und diese Mädchen sind natürlich nicht immer glücklich damit, eine solche Ehe eingehen zu müssen.“

Prof. Odette Sangupamba (Foto: Kath. Uni Kinshasa)
Prof. Odette Sangupamba (Foto: Kath. Uni Kinshasa)

„Viele Frauen, finden, dass es die Männer sind, die für ihre Emanzipation zuständig sind“

Sind sich die kongolesischen Frauen ihrer wichtigen Rolle in der kongolesischen Gesellschaft bewusst? Setzen sie sich für ihre Rechte und die Verbesserung ihrer Situation ein? Gibt es ein Bewusstsein dafür, wer sie sind und was sie für die Gesellschaft bedeuten?

„Ja, immer mehr Frauen mobilisieren sich und sagen: Jetzt verschaffen wir uns Gehör. Ich bringe die Leute gerne zum Lachen und Nachdenken, indem ich erkläre: Wer sagt denn, dass die Wissenschaft männlich ist? Wir sind alle dazu berufen, zu studieren! Wir alle sind dazu berufen, Verantwortung zu übernehmen. Das ist nicht nur Männern vorbehalten!

Es gibt immer mehr Frauen, die laut ihre Meinung äußern, und Frauen besetzen immer öfter wichtige Positionen in der kongolesischen Gesellschaft. Es gibt Frauen, die anderen helfen, Verantwortung für sich selbst zu übernehmen, und es gibt auch Männer, die sich an dieser Bewegung beteiligen. Aber auf jeden Fall gibt es auch viele Frauen, die finden, dass es die Männer sind, die für ihre Entfaltung, für ihre Emanzipation zuständig sind. Ich hingegen denke, dass es an den Frauen liegt, für ihre Emanzipation zu arbeiten. Das bedeutet, sich selbst als Menschen zu betrachten, die den Männern gleichgestellt sind.“

„Um Verantwortung zu übernehmen, müssen sich auch Frauen durchsetzen können“

Wie können wir also eine bessere Beziehung, mehr auf Augenhöhe, zwischen Männern und Frauen herstellen?

„Wir müssen vor allem daran arbeiten, dass Männer und Frauen verstehen, dass sie sich gegenseitig ergänzen können und müssen. Um Verantwortung zu übernehmen, müssen sich auch Frauen durchsetzen können – sie sind dazu durchaus in der Lage. Nur sind sie manchmal schüchtern und können sich nicht dazu durchringen, laut zu sagen, dass sie imstande wären, beispielsweise viel zu studieren, um eine bestimmte Verantwortung zu übernehmen. Und Männer müssen auch verstehen, dass Frauen Menschen wie sie sind; dass jeder seinen Platz in der Gesellschaft hat. Hand in Hand können sie die Welt gestalten.“

Wo findet dieses Arbeiten an der Emanzipation statt?

„Zunächst und vor allem in der Schule. Ich habe dort tageweise gelehrt, um jungen Mädchen zu erklären, dass es kein Naturgesetz ist, dass Jungen die Klassenbesten sein müssen. Ich selbst habe als Dozentin festgestellt, dass es viele Mädchen gibt, die zwar intelligent sind, aber in der Schule nicht sehr weit kommen. In meiner Fakultät sind sie im ersten Studienjahr zahlreicher als die Jungen. Aber je weiter man im Studiengang voranschreitet, desto geringer wird die Zahl der Mädchen.

Können nur Männer eine Doktorarbeit schreiben? Warum sollten Frauen nicht Professorinnen wie ich werden? Ich arbeite mit den Mädchen, um ihnen bewusst zu machen, dass sie es weit bringen können.“

„Können nur Männer eine Doktorarbeit schreiben?“

Glauben Sie, dass sich die Kirche im Kongo ausreichend für die Verbesserung der Lage der Frauen einsetzt?

„Das fragen Sie eine Theresienschwester in Kinshasa… Ich weiß, wie mein Orden (Soeurs de sainte Thérèse de l’Enfant Jésus, gegründet 1975) angefangen hat. Ihr Gründer (Bischof Ignace Matondo Kwa Nzambi) hatte gesehen, wie es den kongolesischen Frauen in den sogenannten Missionsorden erging. Er dachte sich: Wir bräuchten eine Ordenskongregation für einheimische Frauen, weil sie vollwertige Menschen sind. Sie sind nicht minderwertiger als andere! Sie haben eine Kultur, sie haben eine Afrikanität, die es auszudrücken gilt. Also müssen wir diese Kongregation der afrikanischen Frauen gründen. Und ich bin in einer Kongregation, die in einem solchen Kontext entstanden ist. Unser Charisma ist die Liebe – und diese Liebe konkretisiert sich in der Förderung und Befreiung der Frau. Ich selbst bin ein Beispiel dafür.

Damit es uns gelingt, der Frau zu helfen, selbstbestimmt zu werden, müssen wir selbst gut ausgebildet werden. In diesem Sinne hat Kardinal (Joseph-Albert) Malula (1917-89) dafür gesorgt, dass wir alle gut ausgebildet werden, um dann jungen Frauen bei ihrer Emanzipation zu helfen.“

(vatican news)

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02. Februar 2023, 10:31