Nordirak: Angespannte Sicherheitslage
Der Aufenthaltsort der Verhafteten ist laut dem Nachrichtendienst „syriacpress“ bislang nicht bekannt. Mit den Festnahmen wollten die Brigaden demnach die örtliche Bevölkerung einschüchtern, die sich zuletzt immer stärker gegen die Brigaden aufgelehnt hat.
Selbsternannte christliche Miliz
Der Hintergrund: Die „Babylon Brigaden“ bezeichnen sich zwar selbst als christliche Miliz, die Organisation steht aber dezidiert dem Iran nahe und versucht, den iranischen Einfluss in der Region zu stärken. Die „Babylon-Brigaden“ wurden 2014 gegründet und werden von Rayan al-Kildani geführt, einem chaldäischen Katholiken mit engen Verbindungen zum iranischen Korps der Islamischen Revolutionsgarden (IRGC) und der Badr-Organisation. Nur ein kleiner Teil der Mitglieder sind Christen, die meisten anderen Kämpfer sind Schiiten bzw. Schabak.
Die „Babylon-Brigaden“ waren in den Jahren der Auseinandersetzung mit den IS-Terroristen entstanden. Die politische Bewegung, die aus den „Brigaden“ hervorgegangen war, die „Babylon-Bewegung“, konnte bei den vergangenen Wahlen im Irak immer einige für Christen reservierte Sitz erlangen.
Chaldäische Kirche distanziert sich
Die chaldäisch-katholische Kirche hatte bereits 2016 eine offizielle Erklärung veröffentlicht, in der klargestellt wurde, dass sie keine Verbindung zu den „Babylon-Brigaden“ oder ihrem Anführer hat und die Gruppe nicht die christliche Gemeinschaft im Irak vertritt. Das US-Finanzministerium verhängte 2019 sogar Sanktionen gegen al-Kaldani wegen schwerer Menschenrechtsverletzungen.
2019 veröffentlichte auch der Rat der Kirchenoberhäupter im Irak (Council of Christian Church-Leaders in Iraq (CCCL) eine geharnischte Erklärung, in der der Rat festhielt, dass die Brigaden nicht im Namen der Christen im Irak handeln und sprechen würden.
Lage ist unübersichtlich
Patriarch Louis Raphael Sako hatte in besagter Erklärung der chaldäischen Kirche von 2016 allerdings auch betont, dass die Kirche mit keiner Miliz, die sich als christlich bezeichnet, direkte oder indirekte Kontakte unterhält. Eine solche sind auch die „Ninive Plain Protection Units“, die wie die Brigaden 2014 im Rahmen des Siegeszuges des IS durch die Ninive-Ebene entstanden sind und gemeinsam mit den kurdischen Peschmergas den Kampf aufnahmen.
Hinter den jüngsten Auseinandersetzungen in Karakosh steht auch der Kampf um die Kontrolle der Stadt, die eigentlich zum Gouvernement Niniveh gehört und damit unter Kontrolle der irakischen Zentralregierung steht. De facto haben aber in der Region weitgehend schiitische Milizen das Sagen. Die Situation ist unübersichtlich.
Sako trifft irakischen Verteidigungsminister
Der chaldäische Patriarch Louis Sako hat nicht zuletzt aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Ninive-Ebene bei einer Unterredung mit dem irakischen Verteidigungsminister Thabet Muhammad Saeed Al-Abbasi die staatlichen Behörden aufgerufen, für Sicherheit und Frieden zu sorgen, wie das chaldäische Patriarchat auf seiner Website mitteilte.
Sako beklagte auch den demografischen Wandel in der einst vor allem von Christen bewohnten Ninive-Ebene, in die immer mehr Schiiten und Schabak drängen würden. Die Christen der Region seine keine Handelsware oder politische Verschubmasse, sondern gleichberechtigte und loyale Bürger des Irak, betonte der Patriarch. Die letzten Christen im Irak seien besorgt und hätten Zukunftsängsten, viele würden ernsthaft über eine Auswanderung nachdenken, warnte Sako.
(kap – sk)
Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.