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Papst Franziskus vor zwei Jahren im zerstörten Mossul Papst Franziskus vor zwei Jahren im zerstörten Mossul  (AFP or licensors)

Irak: Christen drohen mit Wahlboykott

Ein ökumenischer Kirchenrat im Irak ruft zu Reformen im Wahlsystem auf und verlangt von der Regierung, eine Vertretung der christlichen Minderheiten in den lokalen und nationalen Parlamenten sicherzustellen. Andernfalls könnten die Christen die anstehenden Wahlen boykottieren.

Der Ninive-Rat vertritt katholische und protestantische Kirchen in Mossul und der Ninive-Ebene. In seiner Erklärung äußert er große Sorge über die mangelnde Berücksichtigung religiöser Minderheiten im Wahlsystem. Das berichtete die vatikanische Nachrichtenagentur Fides am Freitag.

Das derzeitige Wahlsystem führe dazu, dass die Mehrheit der gewählten Kandidaten für die den Christen vorbehaltenen Sitze „nicht wirklich die legitimen Forderungen und Interessen der irakischen christlichen Gemeinschaften auf politischer Ebene vertreten“, so der Rat. Die gemeinsame Erklärung wurde unter anderem vom chaldäischen Erzbischof Najib Mikhael Moussa von Mossul und dem syrischen Bischof Nicodemos Daoud Matti Sharaf von Mossul veröffentlicht.

Trickreiche Manipulationen

Das Statement ist eine Reaktion auf Berichte, wonach die großen politischen Parteien die den christlichen Minderheiten des Landes zugewiesenen Sitze „an sich gerissen“ haben sollen. „Die Wahl der Kandidaten, die die für die christliche Komponente reservierten Sitze besetzen sollen, wird nicht ausschließlich von christlichen Wählern durchgeführt“, so die Bischöfe.

„Auch Nichtchristen können ihre Stimme abgeben, um die entsprechenden fünf Sitze zu vergeben. Auf diese Weise können die politischen Kräfte der Mehrheit auch die Zuteilung von Sitzen steuern, die für Minderheiten, einschließlich der Christen, reserviert sind.“

Fünf Sitze für Christen im Parlament von Bagdad

Neun Sitze im 329 Sitze zählenden irakischen Parlament sind für religiöse Minderheiten reserviert, darunter fünf Sitze für Christen, die sich auf 83 Bezirke im Land verteilen. Die fünf reservierten Sitze entfallen auf die Provinzen Bagdad, Ninive, Kirkuk, Erbil und Duhok, in denen die meisten der verbliebenen Christen des Landes leben.

Von Schüssen beschädigtes Marienbild in einer Bagdader Kirche
Von Schüssen beschädigtes Marienbild in einer Bagdader Kirche

Schon die Parlamentswahlen 2021 waren von Kontroversen und Anschuldigungen über die Verteilung und die Art der Zuteilung der für christliche Kandidaten reservierten Sitze überschattet worden. Vier der fünf Sitze waren von einer Gruppierung namens „Babylon-Bewegung“ gewonnen worden, die behauptet, pro-christlich zu sein. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass diese Gruppierung mit iranischen schiitischen Milizen in Verbindung steht. Gegen ihren christlichen Anführer Rayan al-Kaldani haben die USA laut Medienberichten wegen Menschenrechtsverletzungen und Korruption verhängt.

Ein neuer Exodus

Vor der US-Invasion im Jahr 2003 lebten im Irak mehr als eine Million Christen. Die Gewalt und die Herrschaft der Terrorgruppe Islamischer Staat zwangen jedoch Tausende von Christen zur Flucht aus dem Irak. 2021 gab es schätzungsweise noch 300.000 Christen im Land. Papst Franziskus besuchte den Irak vom 5. bis 8. März 2021.

(ucanews – sk)
 

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01. April 2023, 13:11