Chilenen wollen neue Verfassung unter konservativer Federführung
Nach Auszählung von 99 Prozent der Stimmen im ganzen Land erhielt die rechtsextreme Republikanische Partei (PR) 22 Sitze im Verfassungsrat, gefolgt von der regierungsfreundlichen Liste „Einheit für Chile“ mit 17 Abgeordneten und dem traditionellen Rechtsbündnis „Chile Seguro“ mit 11 Sitzen sowie einem gewählten indigenen Abgeordneten.
Überraschenderweise erhielt die Mitte-Links-Liste Todo por Chile, in der sich die Parteien der ehemaligen „Concertación”, die das Land zwischen 1990 und 2010 ununterbrochen regiert hat, zusammengeschlossen haben, keinen einzigen Sitz in dem Gremium, in dem der Gesetzesentwurf ausgearbeitet wird. Dieses Ergebnis zeige nach Ansicht von Analysten, dass die politische Mitte Chiles „in Aufruhr“ sei, berichtet die Agentur EFE.
Nach Angaben der Polizei hatten 100.000 Chilenen offiziell um Entpflichtung der Wahl gebeten. In Chile, wie in vielen lateinamerikanischen Ländern, herrscht Wahlpflicht. Insgesamt sei das Interesse an der Wahl jedoch nicht sehr groß gewesen, hieß es im Nachgang der Wahl, bei der 20 Prozent ungültige oder weiße Stimmzettel abgegeben wurden. Bei der Wahl sollten die Chilenen die 51 Abgeordneten bestimmen, die mit der Ausarbeitung der neuen Verfassung betraut werden sollten. Einer der Abgeordneten im Verfassungsrat stammt aus den indigenen Völkern, während die übrigen von den politischen Parteien nominiert wurden.
Ab 7. Juni im Amt
Die Mitglieder des neuen Verfassungsrates sollen am 7. Juni ihr Amt antreten. Sie werden fünf Monate Zeit haben, um den Verfassungstext auszuarbeiten, der am 17. Dezember einer Volksabstimmung unterzogen werden soll. Der erste Versuch einer neuen Verfassung wurde bei der Volksabstimmung mit 60 Prozent der Stimmen abgelehnt. Neu an diesem zweiten Versuch ist nun die Beteiligung einer Gruppe von 24 vom Parlament ernannten Experten, deren Aufgabe es ist, einen Entwurf auszuarbeiten, der den neuen Ratsmitgliedern als Grundlage dienen soll.
Eine weitere Besonderheit ist das Vorhandensein von 12 Grundprinzipien, auf die sich die Parteien von vornherein geeinigt haben, um eine Neugründung wie die vorherige zu vermeiden. Dazu gehören die Erklärung Chiles zu einem „sozialen und demokratischen Rechtsstaat“, die Unteilbarkeit der „chilenischen Nation“ und das Zweikammersystem.
Auch die chilenischen Bischöfe hatten den ersten Versuch einer Verfassungsreform, die im vergangenen September zur Wahl stand und deutlich die Handschrift der linksgerichteten Regierung trug, abgelehnt.
(efe - cs)
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