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Einsatz gegen Menschenhandel (Symbolbild) Einsatz gegen Menschenhandel (Symbolbild) 

Südafrika: „Defending Dignity“-Projekt gegen Menschenhandel

Die Opferzahlen des Menschenhandels in Südafrika haben sich im vergangenen Jahr mehr als verdoppelt, Tendenz steigend. Im Interview mit Radio Vatikan berichtet eine südafrikanische Menschenrechtsaktivistin über ihren Einsatz für die Betroffenen und den Versuch, die Regierung zu einer besseren Politik zu drängen, um betroffenen Frauen und Mädchen zu helfen.

Von Linda Bordoni - Vatikanstadt

Frauen und Mädchen werden hauptsächlich zwecks sexueller Ausbeutung gehandelt, und in Südafrika sind solche Verbrechen auf dem Vormarsch. Schätzungsweise 155.000 Menschen werden in dem Land derzeit von dieser schnell wachsenden Industrie versklavt, selbst minderjährige Mädchen werden ausgebeutet. Hohe Arbeitslosigkeit, niedrige Löhne und die mit der Migrationspandemie verbundene Unsicherheit erhöhen die Anfälligkeit für Ausbeutung, insbesondere bei Jugendlichen, afrikanischen Frauen und ausländischen Migranten.

Die in Johannesburg lebende Journalistin Pinky Khoabane ist Gründerin und Geschäftsführerin der gemeinnützigen Organisation „Defending Dignity“. Die Südafrikanerin hat sich dem Kampf gegen den Menschenhandel verschrieben, den Papst Franziskus als „offene Wunde im Leib Christi und der Menschheit“ bezeichnet hat. Khoabane hatte vor drei oder vier Jahren bei einer Autofahrt an einem sehr kalten Wintertag viele junge Mädchen am Straßenrand stehen sehen.

Zum Nachhören - was Pinky Khoabane sagt

Junge Mädchen am Straßenrand

„Ich hielt an, um mir genau anzusehen, was sie taten, und stellte fest, dass sie verkauft wurden oder ihren Körper verkauften. Ich war schockiert, denn sie konnten noch keine 18 Jahre alt sein“, berichtet sie gegenüber Radio Vatikan. Über Twitter gab sie ihrer Bestürzung Ausdruck. Einige Antworten enttäuschten sie, andere öffneten ihr die Augen und veranlassten sie, sich einer globalen Bewegung anzuschließen, die sich für die Beendigung der sexuellen Ausbeutung einsetzt.

„Als ich mich engagierte, entdeckte ich, dass Menschenhandel sehr eng mit Prostitution verbunden ist. Jetzt weiß ich auch, dass die Lebensmittelsicherheit sehr eng mit dieser ganzen Industrie verbunden ist“, so die engagierte Afrikanerin. „Deshalb haben wir bei ,Defending Dignity‘ damit begonnen, uns durch Lobbyarbeit für eine Gesetzesreform mit dem Schwerpunkt Prostitution einzusetzen.“

Khoabane hofft, dass Ende des Jahres dazu ein Gesetzentwurf im Parlament diskutiert werden kann. In der Zwischenzeit versucht sie mit ihrer Organisation das Bewusstsein für den Menschenhandel zu wecken und arbeitet an der Einrichtung von Ausstiegsprogrammen für die Opfer. Diese Ausstiegsprogramme sehen Ausbildung und Schulungen vor, damit die Frauen durch eigenes Einkommen unabhängig werden können.

Kampf für Menschenrechte und Menschenwürde

Auf der ersten Seite des Flugblatts „Defending Dignity“ sind zwei Zitate zu lesen.

Das erste stammt von Nelson Mandela und lautet: „Für jede Frau und jedes Mädchen, die gewaltsam angegriffen werden, verringern wir unsere Menschlichkeit. Für jede Frau, die zu ungeschütztem Sex gezwungen wird, weil Männer dies verlangen, zerstören wir Würde und Stolz. Jede Frau, die ihr Leben für Sex verkaufen muss, verurteilen wir zu einem Leben im Gefängnis. Für jeden Moment, in dem wir schweigen, verschwören wir uns gegen unsere Frauen.“

Der zweite Text stammt von Papst Franziskus, der sagt: „Menschenhandel ist ein Verbrechen gegen die Menschheit. Wir müssen unsere Anstrengungen vereinen, um die Opfer zu befreien und diesem Verbrechen ein Ende zu setzen.“

„Menschenhandel ist ein Verbrechen gegen die Menschheit“

Davon ist auch Khoabane überzeugt, die sich kämpferisch zeigt: „Unserer Ansicht nach ist diese Welt des Menschenhandels, wie Papst Franziskus in diesem Zitat sagt, nicht nur ungerecht, sondern ein Verbrechen, das gestoppt werden muss.“ Sie merkt an, dass „der Sexhandel, diese ganze Industrie, Gewalt gegen Frauen und gegen die Menschenrechte bedeutet. Und wir müssen sehr hart daran arbeiten, diese Gewalt zu beenden.“

Die Ausbeutung wurzelt in Ungerechtigkeit

Südafrika ist das am weitesten entwickelte Land des Kontinents, doch seine Geschichte wurzelt in Kolonialismus und Apartheid. Die Wunden der Ungerechtigkeit wirken weiter: Es gibt eine große Kluft zwischen den Reichen und den Armen, die unter Ungerechtigkeit und Ungleichheit leiden und ausgebeutet werden.

Südafrika ist auch eine Drehscheibe für Millionen von afrikanischen Migranten, die vor Armut, Konflikten und der Klimakrise fliehen. Wie Khoabane bestätigt, sind auch sie extrem gefährdete Opfer von Menschenhändlern und Sexhandel. „Südafrika ist das Ziel von Menschenhändlern“, erklärt sie. „Dort kommen die Menschen an und verlassen das Land, um in verschiedene Länder der Welt verschleppt zu werden.“

Laut einem von US AID veröffentlichten Bericht ist Südafrika einer der wichtigsten Ziel- und Ausgangspunkte für den Menschenhandel. „Menschenhändler sagen, dass es in Südafrika viel einfacher ist, mit jemandem zu verschwinden, da die Gesetze sehr lax sind, so dass es für sie sehr einfach ist, ins Land zu kommen und es zu verlassen“, so Khoabane.

Gesetzentwurf zur Legalisierung des Sexhandels

Der südafrikanische Gesetzgeber strebt derzeit die Legalisierung des Sexhandels an, was nach Ansicht von Khoabane dazu führen wird, dass noch mehr Menschen von Menschenhändlern gehandelt werden.

„Auch wenn die Regierung uns glauben machen will, dass die Legalisierung des Sexhandels ein sicherer Weg ist, gefährdet dies Menschen, die ohnehin schon gefährdet sind, noch mehr. Denn der Sexhandel zielt auf die am stärksten Ausgegrenzten ab, und diese Menschen kommen durch eine Legalisierung des Geschäftes noch mehr in Gefahr.“

Die Aktivistin zitiert jüngste Statistiken: Demnach sind 30-32 Prozent der Menschen in Südafrika arm und arbeitslos, bei Jugendlichen liegt die Armuts- und Arbeitslosenrate sogar bei 60-65 Prozent. Junge Menschen seien auch die Hauptzielgruppe von Menschenhändlern, erinnert Khobane. All dies führe zu einer explosiven Situation, wenn es um den Sexhandel geht.

Die Würde verteidigen

Pinky Khoabane erläutert den Auftrag und die Arbeit von „Defending Dignity“ näher. Ihr Team habe die letzten drei bis vier Jahre damit verbracht, „der Regierung zu zeigen, dass es eine andere Möglichkeit als die Legalisierung der Prostitution gibt. Wir sind der Meinung, dass man die Zuhälter und Bordellbesitzer kriminalisieren sollte. Sie sind die Täter, nicht die Frauen“, so die engagierte Frau. Eine Legalisierung würde im Gegenteil eine Entkriminalisierung bedeuten, ist sie überzeugt.

„Wir sind der Meinung, dass man die Zuhälter und Bordellbesitzer kriminalisieren sollte“

Auch direkt setzt sich „Defending Dignity“ für die Betroffenen ein. So gebe es ein Programm, „bei dem wir zu den Überlebenden auf der Straße gehen und ihnen mit Lebensmitteln und HIV-Beratung helfen“, berichtet Khoabane. „Und darüber hinausgehend haben wir sogenannte ,Dignity Farms‘ eingerichtet, auf denen wir den Frauen beibringen, wie sie ihre eigenen Lebensmittel produzieren können, und wo wir sie beraten.“

Die „Farmen der Würde“, wie man den Titel übersetzen kann, sind ganzheitliche Zentren, in denen die Überlebenden Fertigkeiten erlernen, die ihnen ein Einkommen ermöglichen – „damit sie dann gehen und ein neues Leben beginnen können“, wie Khobane formuliert.

Der „Defending Dignity“-Gründerin ist es ein Anliegen, Dank an alle Mitstreiter im Kampf gegen den Menschenhandel zu richten, auch an Papst Franziskus. „Wir sind ihm dankbar, dass er sich mehrfach zu Wort gemeldet hat, und auch allen anderen Menschen in der Welt, die sich gegen solche Gräueltaten und Ungerechtigkeiten wehren“, so Khobane.

Wenn Sie die Arbeit von „Defending Dignity“ in Südafrika unterstützen möchten, können Sie eine E-Mail an pinky@defendingdignity.org.za schreiben.

(vatican news – pr)

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24. Mai 2023, 11:41