Suche

Eine Nachbildung des Gesichtes des heiligen Antonius von Cícero Moraes Eine Nachbildung des Gesichtes des heiligen Antonius von Cícero Moraes 

Brasilianer rekonstruiert das Gesicht des heiligen Antonius

Wie hat der heilige Antonius von Padua ausgesehen? Diese Frage versucht der brasilianische Designer Cícero Moraes mittlerweile bereits zum zweiten Mal zu beantworten. Er hat ein neues Modell des Antlitzes des Heiligen vorgestellt, dessen Gedenktag am 13. Juni gefeiert wird.

Luiz Felipe Bolis und Christine Seuss – Vatican News

Mit vier Jahren zog der spätere Designer Cícero Moraes mit seiner Familie von Chapecó im Bundesstaat Santa Caterina nach Sinop in Mato Grosso. Der Grund für den Exodus, den er mit so vielen Brasilianern teilte: Arbeitsmangel in seiner Heimatregion. Man schrieb das Jahr 1986, und Brasilien befand sich im Wiederaufbau auf dem Weg zur Demokratie. Dem heiligen Antonius - der übrigens in Brasilien sehr verehrt wird und auch Patron der beiden genannten Städte ist - fühlte er sich durch viele kleine Episoden schon von Kindheit an verbunden, berichtet der 3D-Graphiker im Gespräch mit Radio Vatikan. Im Jahr 1992, als er neun Jahre alt war, erregte dann eine Kuriositätentafel in einer Fernsehsendung Cíceros Aufmerksamkeit. Er war beeindruckt von der forensischen Gesichtsrekonstruktion einer Person anhand des Originalschädels.

Cicero Moraes bei einer Pressekonferenz (Foto Martin Dlouhý / Koktejl)
Cicero Moraes bei einer Pressekonferenz (Foto Martin Dlouhý / Koktejl)

Dreißig Jahre später ist der 3D-Designer aus Mato Grosso in Brasilien und über die Landesgrenzen hinaus zu einem der größten Experten im Bereich der Gesichtsrekonstruktion geworden. Nach mehr als 70 Arbeiten dann, in der ersten Hälfte der 2010er Jahre, eine besondere Herausforderung: Das Gesicht des Heiligen Antonius von Padua zu rekonstruieren. Das Werk gehört zu den bekanntesten von Cícero; es entstand in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Antonianische Studien, dem Museum für Anthropologie der Universität Padua, dem Technologiezentrum Renato Archer und der archäologischen Forschungsgruppe Arc-Team.

„Sie schickten mir einen gescannten Schädel und teilten mir nur mit, dass es sich um einen Mann handelt, das Alter von 36 Jahren und die Abstammung“

„Sie schickten mir einen gescannten Schädel und teilten mir nur mit, dass es sich um einen Mann handelt, das Alter von 36 Jahren und die Abstammung", erklärt der Künstler, der erst später verblüfft erkannte, welch bedeutenden Heiligem er dank seiner Arbeit neues Leben eingehaucht hat.

Schädelrekonstruktion: Rechte liegen beim Autor (zur Veröffentlichung freigegeben)
Schädelrekonstruktion: Rechte liegen beim Autor (zur Veröffentlichung freigegeben)

„Er sollte nicht durch die große Persönlichkeit des Heiligen beeinflusst werden“, erklärte seinerzeit Nicola Carrara, Konservator des Anthropologischen Museums der Universität Padua, dem Moraes zuarbeitete. „Wir teilten ihm lediglich die notwendigsten Informationen mit: Männlich, 36 Jahre alt, Europäer. Das war für den brasilianischen Experten kein Problem, da im Bereich der Gerichtsmedizin immer wieder nur wenig Informationen zur Verfügung stehen.“

Moraes, der in den Datenbanken zahlreiche Daten zum Abgleich zur Verfügung hatte, kam bald zu dem Schluss, dass es sich bei dem Mann, dem der Schädel gehörte, um einen Portugiesen handeln dürfte. Umso größer die Überraschung, als er am Ende darüber informiert wurde, wem er tatsächlich das Gesicht zurückgegeben hatte. In seiner Heimat Brasilien wird der heilige Antonius sehr verehrt: „Bei jedem Arbeitsschritt stellte ich mir dieselbe Frage: Wer ist dieser Mann. Als ich die Antwort bekam, war ich sprachlos, regelrecht sprachlos“, so Cícero damals.

Der brasilianische 3D-Designer Cícero Moraes (Foto Martin Dlouhý / Koktejl)
Der brasilianische 3D-Designer Cícero Moraes (Foto Martin Dlouhý / Koktejl)

Er hatte ein digital erstelltes Ergebnis geliefert, nach dem das Gerichtsmedizinische Institut für Anthropologie und Odontologie der Universität Sao Paulo dann einen dreidimensionalen Abdruck anfertigte. Ergebnis der Arbeiten war schließlich die erste gerichtsmedizinische Rekonstruktion des Gesichts des Antonius von Padua, die 2014 vorgestellt wurde. Sie hat in verschiedenen Teilen Brasiliens und der Welt großes Echo ausgelöst und wurde von verschiedenen Medien aufgegriffen.

Ursprüngliche Grundlage für die folgenden Rekonstruktionen war ein Gipsabdruck des Schädels, der 1981 bei der Öffnung des Grabes des Heiligen in Padua im Rahmen einer sogenannten Rekognition unter Aufsicht des Vatikans genommen worden war.  

Schädelrekonstruktion: Rechte liegen beim Autor (zur Veröffentlichung freigegeben)
Schädelrekonstruktion: Rechte liegen beim Autor (zur Veröffentlichung freigegeben)

Acht Jahre später nutzte Cícero die Fortschritte in Wissenschaft und Technik, um das Gesicht des Heiligen noch einmal - diesmal aber mit selbst entwickelten - Computertechniken nachzubilden. Das Ergebnis der Studien wurde 2022 in einer renommierten internationalen Archäologiezeitschrift mit dem Titel Digital Applications in Archaeology and Cultural Heritage (DAACH) veröffentlicht.

„2014 habe ich Techniken von Dritten verwendet und 2022 Techniken, die ich mit Studienkollegen selbst entwickelt habe. So hatten wir diese forensische Gesichtsannäherung des Heiligen Antonius von Padua, die jetzt kohärenter ist, mit den Gesichtsstrukturen eines Menschen. Kurioserweise war die Profillinie der von 2014 sehr ähnlich, und eine weitere interessante Tatsache, die man über diesen Studienprozess erzählen kann, ist, dass wir Daten von seinem Körper aus einer Studie von 1980 gesammelt haben, wobei auch eine Untersuchung der Schädelinnenfläche (Endokranium) des heiligen Antonius durchgeführt wurde, und zu unserer Überraschung war das Ergebnis sehr ähnlich. Es wurden Computertomographie-Daten verwendet, die modernste Technologie, die die Studie von 1980 bestätigte", erklärt Cícero über die Untersuchungen an dem Heiligen, der 1195 in Lissabon geboren wurde und 1231 in Padua starb.

Für seine Verdienste hat der 3D-Designer bereits viele Auszeichnungen bekommen. Doch vor allem ist ihm eines wichtig: „All diese Werke bedeuten, dass ich heute ein sehr befriedigendes und glückliches Leben führe. Die Welt ist viel schöner, wenn man die Menschen anerkennt und sich in sie einfühlt, und eine Möglichkeit, diese Empathie produktiv zu machen, besteht darin, die Ergebnisse unserer Erfolge zu teilen.“

(vatican news/katholisches.info)

Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.

12. Juni 2023, 14:03