Suche

Auch die russischen Bischöfe lauschten den Worten des Papstes in der Katharinenbasilika gespannt (BIschof Pickel 2. v. l.) Auch die russischen Bischöfe lauschten den Worten des Papstes in der Katharinenbasilika gespannt (BIschof Pickel 2. v. l.) 

Russischer Bischof zu Papstschalte: „Emotionales Erlebnis“

Es war ein „emotionales Erlebnis“ nicht nur für die jugendlichen Teilnehmer an dem russischen Jugendtreffen, die bei der Videoschalte mit Papst Franziskus dabei sein konnten. In der Katharinenbasilika in St. Petersburg, die per Live-Schalte mit dem Vatikan verbunden war, befand sich auch der deutsche Bischof der Diözese des heiligen Clemens in Saratow, Clemens Pickel. Wir sprachen mit ihm.

Radio Vatikan: Bischof Pickel, derzeit findet in Sankt Petersburg ein russisches Jugendtreffen statt - bereits in seiner zehnten Ausgabe. Jugendliche, die nicht zum Weltjugendtag nach Lissabon kommen konnten, sind teilweise Tausende von Kilometern gereist, um daran teilzunehmen. Und am Freitag gab es ein besonderes Highlight bei dem Treffen, nämlich eine Unterhaltung mit Papst Franziskus. Wie wurde das denn von den Jugendlichen aufgenommen?

Bischof Clemens Pickel: „Ich vermute, Sie können sich vorstellen, Jugendliche nehmen das sehr emotional auf. Und in dem Moment habe ich gespürt, dass mein Herz auch noch ein bisschen jugendlich ist. Das war also ein großes emotionales Ereignis. Dass der Papst bei uns ist, zwar auf der Leinwand, aber ganz bei uns. Denn diese 70 Minuten, die das gedauert hat, hat er praktisch nur uns gewidmet und niemandem anders. Also auf der ganzen Welt war niemand, der in diesen 70 Minuten so wichtig war wie wir. Und wir haben ihn riesengroß vor uns gesehen, auf dem Bildschirm, wir konnten ihm in die Augen schauen, er hat wahrscheinlich uns gesehen, und das war eine unheimlich große Freude.

Hier das Gespräch zum Nachhören

Ich habe danach mit Jugendlichen gesprochen. Eine sagte zum Beispiel: ,Ich bin heute den ganzen Tag glücklich, von früh bis spät. In der Früh habe ich mich darauf gefreut und jetzt lebe ich davon, dass das ich den Papst getroffen habe.‘ Also Leute, die schon mal bei einer Generalaudienz in Rom das erste Mal dabei waren, die haben auch so was Ähnliches erlebt wie diese Spannung, die Freude. Das ist der Papst, das ist ja nicht irgendein Regierender, sondern das ist der Papst, Papa auf Russisch, das ist unser geistlicher Vater. Diese emotionale Ebene, die war gestern sehr angesprochen und das war etwas Bleibendes für die Jugendlichen, auch wenn sie dann morgen oder übermorgen wieder nach Hause fahren.“

Papst Franziskus auf einem Handybildschirm
Papst Franziskus auf einem Handybildschirm

Radio Vatikan: Ja, es war ja auch eine ganz persönliche Begegnung. Jugendliche haben dem Papst Zeugnisse vorgetragen und der Papst hat auch auf Fragen geantwortet. Was bleibt besonders in Erinnerung?

Bischof Clemens Pickel: „Ich sage vorher zur Rechtfertigung: Die Akustik war in unserer Kirche etwas schlecht, und mit der Übersetzung hat es nicht ganz so geklappt. Das hat niemand übelgenommen. Aber das führt dazu, dass ich bis jetzt noch nicht völlig Bescheid weiß über alles, was gesprochen wurde, weil wir immer komplett drinstecken in dem Jugendtag. Sie können sich vorstellen, Jugendliche muss man tags und nachts beschäftigen. Also ich werde mich natürlich nach dem Treffen eingehend damit mit allem beschäftigen, was zur Sprache kam.

Was ich deutlich gehört habe, war die Frage nach einer christlichen Ehe zwischen katholischen und orthodoxen Partnern. Der Papst hat sehr schön, väterlich und klar darauf geantwortet, dass wir in allererster Linie auf das Verbindende schauen müssen. Gerade heute in unserer Zeit.

Dann kam natürlich auch das Thema Ukraine zur Sprache. Und da hat der Papst behutsam und doch ohne vorbereiteten Text in der Hand über die Diplomatie gesprochen, also dass Diplomatie praktisch ein Dienst an der Gesellschaft ist, wenn sie gut ist. Wenn die Diplomatie dem Menschen dient, dann geht es auch vorwärts. Soweit kann ich wiederholen, was ich gestern gehört habe.“

Ein Moment der Begegnung
Ein Moment der Begegnung

Radio Vatikan: Ja, Sie haben es angesprochen. Es sind sehr, sehr intensive Tage. Wie schauen die denn aus? Was macht dieses Jugendtreffen besonders und was macht es aus?

Bischof Clemens Pickel: „Also besonders ist natürlich, dass es ein gesamt russisches Jugendtreffen ist. Russland ist ein riesengroßes Land. Ein Teilnehmer ist 9000 Kilometer geflogen, um hier dabeizusein. Der hat sieben Stunden Zeitunterschied zu Sankt Petersburg zu bewältigen. Der saß also bei unseren Katechesen dabei und ist nicht eingeschlafen… Da habe ich gestaunt, wie er das bewältigt!

Insgesamt ist das Treffen aber ähnlich wie die Weltjugendtage, denke ich. Also wir haben Katechesen an den Vormittagen, wir haben natürlich jeden Tag gemeinsame Eucharistiefeier, wir haben Gebet, auch stilles Gebet, Taize, oder Anbetung, die Möglichkeit, zur Beichte zu kommen, das Bußsakrament zu empfangen…. Und das wird rege genutzt. Also es ist nicht so, dass das Randerscheinungen sind.

Wir spüren, dass unsere Jugendlichen, die gewöhnlich in kleinen Jugendgruppen weit verstreut im ganzen Land leben, oft sind Hunderte Kilometer zwischen den Pfarr-Gemeinden, die erleben das als großes Geschenk und nutzen das auch wirklich für ihr eigenes christliches Leben, für die Festigung im Glauben und im Austausch mit anderen.

Ich kann als Bischof sagen, unsere Jugendlichen sind gut erzogen (lacht)! Also ich meine auch im christlichen Sinne, die haben eine gute Katechese hinter sich. Die können beten, auch gemeinsam beten. Ich weiß selber aus eigener Erfahrung, als Jugendlicher sagt man gern: Ich bete auch, aber ich bete nicht so wie die Alten. Ich bete mit meinen eigenen Worten oder so. Das ist natürlich alles gut und schön. Aber wenn man Gebete kennt, die auch die anderen kennen, dann können wir gemeinsam auch mal so beten, dass man es hört! Da gibt es zum Beispiel dieses einfache Gebet. Unter deinen Schutz und Schirm fliehen, oh Heilige Gottesgebärerin.

Das ist ein Gebet, welches wir in vielen Pfarreien, fast überall, am Ende jeder Messe beten mit der Bitte um das Ende des Blutvergießens in der Ukraine. Das können die Jugendlichen auswendig. Alle. Wenn man das hört, wenn 400 Jugendliche das plötzlich beten, dann bin ich als Deutscher, der doch auch anderes gewohnt ist, erstaunt und erfreut.“

Die Jugendlichen in der Katharinenbasilika
Die Jugendlichen in der Katharinenbasilika

Radio Vatikan: Es ist ja derzeit für viele russische Jugendliche auch schwierig, zu reisen. Inwieweit hat das auch noch mal dieses Jugendtreffen in Sankt Petersburg mit Bedeutung aufgeladen?

Bischof Clemens Pickel: Also es sind wenig Jugendliche zum Weltjugendtag nach Lissabon gereist, das stimmt. Da waren 16 Jugendliche und ich, insgesamt also 17 Leute aus Russland. Aber wir waren trotzdem 150 zur russischsprachigen Katechese, das heißt aus den ehemaligen Sowjetrepubliken, wo Russisch gesprochen wurde, waren Jugendliche bei uns dabei, fast von überall, außer aus den baltischen Ländern.

Aber zurück zu den Jugendlichen hier in Sankt Petersburg, die nicht reisen können, weil es teuer geworden ist und weil natürlich die Reisen ins Ausland wirklich sehr erschwert sind zurzeit. Und ich weiß, manche haben ein ganzes Jahr gesammelt, um hier dabei zu sein in Sankt Petersburg. Gestern wurde eine Jugendliche gefragt: ,Kommst du mal zu uns zu Besuch?‘ Und sie hat gesagt: ,Ich habe mein ganzes Geld, was ich gespart habe, gebraucht, um hierher zu kommen zu diesem Jugendtreffen in Sankt Petersburg.

Es gibt schon auch Jugendliche, die vielleicht doch ein bisschen über mehr Geld verfügen und sich ihren Urlaub irgendwo im Ausland leisten können. Aber das ist nicht die Regel. Unsere Pfarrgemeinden, und das heißt auch die Jugendlichen, sind in der Regel arme, einfache Leute. Und dass wir hier sein können, ist natürlich alles auch nur möglich mit Unterstützung von Renovabis, wenn ich das sagen darf.“

Gespannt folgen die Jugendlichen den Worten des Papstes
Gespannt folgen die Jugendlichen den Worten des Papstes

Radio Vatikan: Natürlich dürfen Sie das sagen! Gibt es denn noch etwas, was Sie ganz persönlich besonders bewegt hat bei diesem Treffen?

Bischof Clemens Pickel: „Mich persönlich hat gestern die Begegnung mit dem Papst bewegt, weil ich gesehen habe, da sitzt ein älterer Mann, der sehr müde ist und sich trotzdem so viel Zeit für uns nimmt. Das war sehr schön. Ich war auch dabei in Lissabon und habe trotz dieser Temperaturen und der ganzen Anstrengungen erlebt, dass der Papst sehr munter war. Also es war sehr schön das alles! Und gestern war schön, aber mich persönlich hat sehr bewegt, dass das man doch wirklich sieht, dass er alle seine Kräfte gibt. Er spart nicht mit irgendwas für irgendwann. Und das hat mich sehr bewegt gestern, den guten, alten Mann und geistlichen Vater zu sehen, der uns sehr viel bedeutet hier in Russland.“

Radio Vatikan: Bischof Pickel, vielen Dank für dieses Gespräch.

Bischof Clemens Pickel: Danke schön.

Spüren, ein Teil der Weltkirche zu sein

Unter den deutschsprachigen Teilnehmern an dem Treffen war auch der Jesuit Stephan Lipke, der in Moskau als Sekretär der Bischofskonferenz wirkt. Er zeigte sich gegenüber Radio Vatikan erfreut über die Aufmerksamkeit des Papstes für die jungen Menschen in Russland:

„Ich denke, es war sehr wichtig für unsere jungen Menschen aus Russland, dass dieses Treffen mit dem Papst - virtuell, aber immerhin trotzdem ein Treffen mit dem Papst – dass es stattgefunden hat, dass diese Verbindung zustande kam und dass sie spüren, sie sind wirklich Teil der großen weltweiten Kirche. Und ich denke, dafür sind wir Franziskus heute sehr dankbar.“

Hier das Statement von P. Stephan Lipke zum Nachhören

(vatican news - cs) 

Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.

26. August 2023, 16:16