Chile: Bischofsvikar von Aysén kritisiert Wasser-Privatisierung
Camilla Dionisi und Stefanie Stahlhofen – Vatikanstadt
Unzählige Seen und Flüsse durchziehen Chile, das als weltweit zweitgrößtes Süßwasserreservoir gilt. Doch bereits im Jahr 1980 wurden unter der Regierung Pinochet Konstitutionen erlassen, die 80 Prozent der Wasservorkommen Chiles an die spanische Gesellschaft Endesa übertrugen - auf unbestimmte Zeit. Diese unter der Diktatur verabschiedete Regel wurde von der Bevölkerung kaum wahrgenommen und führte zu einer raschen Konzentration der Ressourcen in den Händen von nationalen und internationalen Privatfirmen. Ein System, das bis heute fortbesteht, kritisiert Bischof Infanti:
„Hier ist das Wasser privatisiert. Wer Geld hat, nimmt das Wasser in Besitz. So ist es zum Beispiel in Patagonien. Ohne Erdöl oder andere Ressourcen kann man leben. Aber ohne Wasser nicht, es ist lebensnotwendig. Sich das Wasser zu eigen machen bedeutet daher auch, dass Leben der Menschen und Völker von sich abhängig zu machen."
Hirtenbrief zum Wasser
Bischof Luigi Infanti ist seit 1999 Apostolischer Vikar von Aysén und das Wasserproblem ist ihm schon lange ein Anliegen. Im Jahr 2008 hat er dazu auch einen Hirtenbrief verfasst mit dem Titel: „Unser tägliches Wasser gib uns heute!“. Im Hirtenbrief fordert der Ordensmann unter anderem, das Schweigen über Unrecht in einer konsumorientierten Welt zu brechen.
Konsumismus: Ein gefährliches Virus
„Eine Konsumgesellschaft will immer mehr produzieren und konsumieren, als eigentlich gebraucht wird. Papst Franziskus spricht oft von einer Wegwerfgesellschaft. Damit meint er nicht nur, dass Menschen und Völker ausgestoßen und an den Rand gedrängt werden, sondern auch, dass Ressourcen der Erde aufgrund des gefährlichen Virus des Konsumismus ausgebeutet werden, dass mehr produziert wird, als die Erde eigentlich geben kann", gibt der Bischof im Interview mit Radio Vatikan zu bedenken. Die Welt sei in Ungleichgewicht geraten. Es gebe einerseits großes Bevölkerungswachstum und eine „Überpopulation". Hinzu komme auch eine Überproduktion:
„Es gibt zu viele Bewohner angesichts der Ressourcen der Erde. Die Welt produziert gleichzeitig aktuell etwa doppelt so viele Lebensmittel, wie eigentlich gebraucht werden - und viel mehr, als die Erde eigentlich geben kann. (...) Aber das Problem ist nicht nur die Überproduktion, sondern die Verteilung: Denn es gibt einerseits eine Überproduktion, und anderserseits Leute, die verhungern oder verdursten. Die Verteilfrage ist also ein ernstzunehmendes Problem. Hier braucht es Bildung und Bewusstsein dafür, nicht nur mit Lebensmitteln verantwortungsvoll umzugehen, sondern mit allen Ressourcen. Nicht umsonst lädt Papst Franziskus ja alle zu einem einfacheren Leben ein, dazu mehr zu teilen und neue Lebensstile zu finden", erinnert der Bischofsvikar von Aysén.
Indigene Völker als Vorbild
Als positives Beispiel nennt er die indignenen Völker:
„Wir können noch viel von den Urweinwohnern lernen, von den indigenen Völkern, die noch eine echte Verbindung zu den Gütern der Erde haben und deren Leben auf Teilen und Solidarität beruht. Und davon sollten wir lernen, auch um es in allen Ländern der Welt zu verwirklichen. Es ist wesentlich, die neuen Generationen in diesem Sinne zu erziehen und vor allem auch den großen transnationalen Konzernen zu helfen: Anstatt sich ins Unermessliche zu bereichern, sollten sie sich ihrer Beziehung zur Umwelt stärker bewusst werden. In Chile gibt es ein Volk, die Mapuches, die das Wort ,Armut` nicht kennen, in ihrer Sprache gibt es nur das Wort ,verarmt`. Denn: Armut ist, wie gesagt, kein Zufall, sondern die Folge davon, dass jemand dich verarmen lässt."
(vatican news)
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