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Rettungskräfte arbeiten in Darna Rettungskräfte arbeiten in Darna 

Vikar von Bengasi: Alle Libyer leiden mit

Solidarität mit den Menschen in Libyen erbittet der Apostolische Vikar von Bengasi, Sandro Overend Rigillo, von der internationalen Gemeinschaft. Gewitter wie das Sturmtief Daniel, dem wegen der damit einhergehenden Überschwemmungen rund 6.000 Menschen zum Opfer fielen - zehntausend werden allerdings noch vermisst – habe es in einem derartigen Ausmaß wohl noch nie im Land gegeben, zeigt er sich im Gespräch mit Radio Vatikan betroffen.

„Hier in Bengasi ist die Situation relativ ruhig, es gab zwar ein schweres Gewitter, mit starkem Niederschlag und heftigem Wind, aber die Behörden haben keine speziellen Probleme gemeldet. Allerdings haben sie die Menschen dazu aufgefordert, drei Tage im Haus zu bleiben und nicht rauszugehen.“ Er habe auch Mitbrüder in den betroffenen Regionen kontaktiert, ihnen gehe es soweit gut, auch wenn sie Angst gehabt hätten, so Overend Rigillo. „Denn Gewitter dieses Ausmaßes sind in Libyen sehr selten, vielleicht ist es sogar das erste Mal, dass so etwas vorkommt.“

Darna besonders stark betroffen 

Bengasi liegt knapp fünf Autostunden von der besonders betroffenen Stadt Darna entfernt, allein dort sind über 5.300 der bislang gezählten 6.000 Opfer zu beklagen, während zahlreiche Menschen noch vermisst werden und 30.000 Obdachlose versorgt werden müssen. „In diesem Moment sind die Hauptverkehrsstraßen dort unterbrochen. Hilfe kommt von Bengasi aus als auch vom libyschen ,Roten Kreuz' (Anm. in Marokki ist die Organisation ,Roter Halbmond' aktiv). Dort brauchen sie wirklich viel Hilfe, vor allem von der internationalen Gemeinschaft, hier braucht es Hilfe!“

Es sei wegen der zerstörten Infrastruktur schwierig, sich mit den betroffenen Gemeinschaften in Verbindung zu setzen, die einzige Informationsquelle seien Nachrichten aus dem Fernsehen und Radio, berichtet der Vikar, der seit 2019 in Bengasi tätig ist, zunächst als Apostolischer Administrator, dann, ab Juli 2023, auch als Vikar desselben Vikariats. Erst diesen August wurde er auch zum Bischof geweiht.

Ein Mann sitzt in Darna auf den Überresten eines Autos
Ein Mann sitzt in Darna auf den Überresten eines Autos

Kleine christliche Gemeinschaft

In der betroffenen Region gebe es nur zwischen 2.000 und 2.500 Christen, doch sie leisteten ihren Dienst an der libyschen Gemeinschaft, unter anderem als Krankenpfleger in Krankenhäusern, „wie es auch das Motiv für unsere Präsenz dort ist“, unterstreicht er. Bei Derna habe es sich bis vor wenigen Tagen um eine „normale arabische libysche Stadt“ gehandelt: „Jetzt hat sich das Bild dramatisch gewandelt. Die Armut existiert, nicht nur dort, sondern in ganz Libyen. Wo es sie gibt, helfen die libyschen Autoritäten natürlich. Aber natürlich ist die Armut auch ein Motiv, weshalb wir dort arbeiten, auch die Kirche hier in Bengasi arbeitet in diesem Sinn.“

Angesichts der desaströsen Situation in Darna und den umliegenden Orten appelliert der Vikar, sich solidarisch mit der betroffenen Bevölkerung zu zeigen:

„Wir sind alle Menschen. Das Leid berührt jeden von uns. Auch wenn jemand 100.000 Kilometer entfernt ist, aber das Leid dieser Menschheit, die leidet, ist unser Leid. Das ist die Solidarität, die wir geben. Mein Appell ist: Die Hilfe, die man geben kann, ungeachtet der Dinge, die vielleicht Angst machen, denn wo Leid ist, verliert alles an Bedeutung.“

Einig in der Hilfe

Vielleicht ein Hinweis auf die politischen Rivalitäten im Land, die auch zur Existenz zweier Regierungen führte. Die Zentralregierung in Tripolis, die international anerkannt ist, und die Parallel-Regierung im besonders betroffenen Osten des Landes, der von den Kämpfern des ehemaligen Generals Haftar kontrolliert wird. Die Regierung in Tripolis hat jedoch dessen ungeachtet umgerechnet rund 384 Millionen Euro für Wiederaufbaumaßnahmen in Aussicht gestellt.

Die internationale Gemeinschaft tue ihr Bestes, doch auch in der Bevölkerung bestehe große Solidarität und Freundschaft, würdigt Bischof Overend Rigillo abschließend die Solidarität untereinander. „Junge Libyer sind gekommen, um in Darna zu helfen, und leider haben beispielsweise vier von ihnen wegen dieser Unwetter einen Unfall erlitten und sind gestorben. Ich kannte sie nicht, aber das haben mir Libyer hier erzählt. Es besteht eine starke Freundschaft unter den Menschen hier. Die ,Atmosphäre‘ des täglichen Lebens hier basiert stark auf der Freundschaft und Eintracht zwischen den Familien, den jungen Leuten…Und das ist sehr wichtig, das muss man vielleicht auch über die libyschen Küsten hinaus klarstellen.“

(vatican news - cs)

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13. September 2023, 12:50