Pakistan: Christen auf Kaution freigekommen
Ein Kläger hatte gegen Kiran Bibi und Shaukat Masih am 8. September einen Gerichtsprozess wegen Blasphemie angestrengt. Er behauptete, im Müll vor dem Haus des Ehepaars Koranseiten gefunden zu haben. Das Gericht stellte allerdings fest, dass der Kläger nicht persönlich Zeuge der angeblichen Straftat der Angeklagten gewesen war. Eine Untersuchung an Ort und Stelle ergab, dass die minderjährigen Kinder des Paares offenbar einige Seiten aus einem islamischen Lehrbuch der achten Klasse weggeworfen hatten. Für eine Anklage wegen Gotteslästerung müsste die Beschädigung des aber vorsätzlich geschehen sein, argumentierte das Gericht und veranlasste weitere Ermittlungen zu dem Fall.
Nasir Saeed, Direktor der Nichtregierungsorganisation „Zentrum für Rechtshilfe, Beistand und Streitschlichtung“, sprach am Mittwoch, den 18. Oktober, von einer „historischen Entscheidung, die unterstreicht, wie wichtig es ist, den Sachverhalt zu ermitteln und der Gerechtigkeit zum Sieg zu verhelfen“. Pakistanische Gerichte ließen Beschuldigte in Blasphemieverfahren häufig ohne Beweise im Gefängnis sitzen, so Saeed. Er forderte „angemessene Änderungen der Blasphemiegesetze“, die verhindern, dass Schuldlose belangt werden.
Über hundert Menschen in Haft
Der Ständige Ausschuss für Menschenrechte des pakistanischen Senats hat bekannt gegeben, dass sich derzeit 179 pakistanische Staatsbürger wegen Blasphemievorwürfen in Haft befinden und auf ihren Prozess warten. Darüber hinaus sind 17 Personen bereits wegen Blasphemie verurteilt worden. Gesammelt und aufbereitet wird die Statistik von der Nationalen Menschenrechtskommission Pakistans (NHRC). Sie veröffentlichte die Daten nach einem Vorfall im August letzten Jahres in Jaranwala, einer Stadt im Punjab. Dort hatte ein gewalttätiger Mob mehrere Häuser und Kirchen wegen einer angeblichen Blasphemie-Anklage gegen zwei Christen zerstörte.
Hintergrund
Nach der Gesetzeslage in Pakistan kann Blasphemie mit dem Tod bestraft werden, und vor Gericht ist nur geringe Beweislast erforderlich. Die Anschuldigungen werden oft als Waffe bei Streitigkeiten eingesetzt und haben aufgrund der interreligiösen Spannungen im Land mitunter Lynchjustiz zur Folge.
(fides – jo)
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