Malteserorden: Not und Angst um die Zukunft in Bethlehem
Linda Bordoni - Vatikanstadt
Für die Palästinenser ist die Angst ein täglicher Begleiter, sei es im Gazastreifen, der seit dem Hamas-Terroranschlag vom 7. Oktober unter Dauerbeschuss steht, oder im Westjordanland. Neben der schrecklichen Zahl der Opfer, die immer weiter ansteigt und bis heute etwa 8.000 Tote auf palästinensischer und 1.400 auf israelischer Seite zählt, wobei 240 Geiseln in den Händen der Terroristen sind, gibt es die täglichen Bombardierungen im Gazastreifen und die Folgen in allen Gebieten, die von den Abriegelungen und Bewegungseinschränkungen betroffen sind, die die Verteilung von lebensnotwendigen Gütern blockieren und es vor allem Ärzten und Gesundheitspersonal unmöglich machen, Krankenhäuser zu erreichen.
Angst und der Wunsch nach Sicherheit
Michéle Burke Bowe, Botschafterin des Malteserordens in Palästina und Präsidentin des Krankenhauses der Heiligen Familie in Bethlehem, berichtet von der Tragödie, die sich nach dem Krieg in Bethlehem abspielt, das bereits durch die instabile Lage in der Region erschüttert ist. „Die Menschen sind verängstigt“, sagt Bowe und fügt an:
„Die Lebensmittelpreise in den Geschäften sind in die Höhe geschossen, viele Dinge sind schwer zu finden, darunter einige Medikamente oder Babymilch, und die Kinder sind nach den ersten Kriegstagen in einer Atmosphäre großer Angst in die Schule zurückgekehrt.“
Zu den Spannungen tragen auch die häufigen Sicherheitsoperationen, die Verhaftungen durch die Israelis und die Isolierung durch die Trennmauer bei, die die ohnehin schon schwierige Situation noch verschlimmert und es den Bewohnern unmöglich macht, sich frei zu bewegen.
„Es gibt ein überwältigendes Gefühl der Traurigkeit und Hilflosigkeit für die Menschen im Gazastreifen“, sagt die Botschafterin, „und eine große Sehnsucht nach Frieden, einfach nur, um zu ihrem täglichen Leben zurückzukehren, sich um ihre Familien zu kümmern, ihren Lebensunterhalt zu verdienen und sicher zu leben.“
Die Blockade des Krankenhauses
Das Krankenhaus der Heiligen Familie hatte sich bereits mit den Schwierigkeiten arrangiert, die die Covid-19-Pandemie für die Zivilbevölkerung mit sich brachte, als nach der Blockade der Pilgerfahrten, der Haupteinnahmequelle der lokalen Wirtschaft, die Menschen darum kämpften, über die Runden zu kommen. „Mütter, die seit zwei Tagen nichts gegessen hatten, kamen zu uns“, fährt Bowe in ihrem Bericht fort:
„Die Leute verkauften ihre Möbel und Autos. Wenn sie ein bisschen Land übrig hatten, verkauften sie es, nur um etwas zu essen zu haben, und die Gesundheitsversorgung war zu einem Luxusgut geworden, so dass die Menschen sich zwischen Gesundheitsversorgung und Lebensmitteln oder Strom entscheiden mussten, und heute, so die schmerzliche Überlegung, sind sie wieder in der gleichen Situation.“
Sogar das Krankenhaus, das eine wichtige Rolle bei der medizinischen Versorgung der Region spielt, sei durch den Krieg stark in Mitleidenschaft gezogen worden, insbesondere durch die Unfähigkeit, Medikamente zu liefern, fügt die Botschafterin an:
„Die mobile medizinische Klinik, die in die Dörfer fährt, kann ihr Ziel nicht mehr erreichen, und es gibt Frauen und Kinder in den Dörfern, die nicht behandelt werden.“
Probleme bei der Strom- und Wasserversorgung haben die Herausforderungen noch verschärft, so Bowe weiter. In einigen Dörfern wurde der Strom abgeschaltet, und selbst die Wasserquellen gehen zur Neige: „Bethlehem hat nicht nur mit der wirtschaftlichen Zerstörung zu kämpfen, sondern auch mit einem tiefen Gefühl der Angst vor der Zukunft.“ Die Verschärfung der israelischen Sicherheitsmaßnahmen erschwere die Arbeit des Personals des Krankenhauses der Heiligen Familie noch zusätzlich. Die rund 500 Kontrollpunkte (Checkpoints), die in den letzten Wochen errichtet wurden, riegeln die Stadt faktisch ab und zwingen die Einrichtung, ihr Personal umzuorganisieren und die ansässigen Ärzte mit anderen Krankenhäusern auszutauschen, damit sie näher an ihrem Wohnort arbeiten können. Ein Problem sei, dass es nur wenige Fachärzte gebe: „Wir haben eine Ärztin in Bethlehem, eine Kinderkardiologin, von denen es im Westjordanland nicht viele gibt, und sie kann nicht nach Ramallah in das Krankenhaus fahren, in dem sie arbeitet.“
Religionen arbeiten für den Frieden
Als Präsidentin des Bethlehem Maternity Hospital ist Botschafterin Bowe besonders betroffen von der Situation in den Krankenhäusern im Gazastreifen, vor allem im Neugeborenen-Krankenhaus. „Es bricht mir das Herz, das zu sehen. Ein frühgeborenes oder krankes Kind ist so zerbrechlich und gleichzeitig so stark“, betont sie und erklärt, dass ein Kind, das die richtige Pflege erhält, tatsächlich gedeihen kann, aber „in einer Kriegssituation, ohne die Möglichkeit, etwas zu erhalten, mit unsicherer Stromversorgung, ist die Realität, dass die meisten dieser Kinder keine Chance im Leben haben werden“. In Anlehnung an den Aufruf von Papst Franziskus, gemeinsam mit ihm für den Frieden im Heiligen Land zu beten, erklärt die Botschafterin, dass es darum gehe, „zu beten, zu fasten, einflussreiche Personen anzurufen und ihnen Briefe zu schreiben, damit der Frieden siegt“. Das Heilige Land sei ein so wichtiger Ort für alle drei monotheistischen Religionen und „wir müssen einfach zusammenarbeiten und Frieden haben“. Bowe denkt an die Worte der Heiligen Schrift, als Jesus beim Anblick Jerusalems weinte, und „ich kann mir nur vorstellen, dass Jesus weint, wenn er sieht, wie sein geliebtes Volk zu den Waffen greift, wenn er die katastrophalen Folgen für unschuldige Zivilisten, Kinder und ältere Menschen sieht, die unter dem Krieg leiden“.
(vatican news -mg)
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