Suche

Hamas-Terroristen lassen am Sonntagmorgen im Gazastreifen Geiseln frei Hamas-Terroristen lassen am Sonntagmorgen im Gazastreifen Geiseln frei 

Pizzaballa: „Befreiung der Geiseln ist ein erster Schritt“

Die schrittweise Freilassung von Geiseln ist der erste Schritt zu einem Ende des andauernden Konflikts zwischen Israel und der Hamas. Dies erklärte der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Kardinal Pierbattista Pizzaballa, am Samstag in einem Telefoninterview mit Radio Vatikan.

Andrea Tornielli – Vatikanstadt

Der ranghöchste katholische Kirchenführer im Heiligen Land forderte eine „nationale Perspektive“ für die Palästinenser und eine Intensivierung des interreligiösen Dialogs.

Interview

Was sagen Sie zu den Nachrichten der letzten Stunden?

„Die Tatsache, dass eine Einigung über die Freilassung zumindest eines Teils der Geiseln erzielt wurde, ist positiv, denn bis jetzt war der einzige Kommunikationskanal der militärische. Stattdessen ist dies ein erster Schritt zur Entspannung der internen und der internationalen Lage. Dies ist auch ein Weg, um andere als militärische Lösungen in Angriff zu nehmen: Ich meine Lösungen für die Beendigung des Konflikts.“

Kardinal Pizzaballa
Kardinal Pizzaballa

Auf die Nachricht von der Freilassung der Geiseln gab es unterschiedliche Reaktionen; zwar überwog Zufriedenheit, doch einige Kommentatoren glauben, dass die Verhandlungen selbst in gewisser Weise eine Niederlage bedeuten...

„Diejenigen, die - nennen wir sie die 'Falken' - den Frieden mit Sieg gleichsetzen wollen, mögen vielleicht so denken. Aber der Frieden, die Lösung des Konflikts, kann kein absoluter Sieg sein. Es gibt ihn nicht. Es ist also klar, dass die Lösung nicht allein dem Militär überlassen werden kann. Es ist klar, dass die Politik die Situation wieder in die Hand nehmen muss, vor allem Perspektiven geben muss, weil das Militär sie nicht hat. Es ist also klar, dass die Verhandlungen und die Freilassung von Geiseln die ersten Schritte sind, um dann Wege für politische Perspektiven für Gaza nach diesem Krieg zu beginnen. Das ist notwendig.“

„Die Lösung des Konflikts nicht.allein dem Militär überlassen“

Interview mit Kardinal Pizzaballa (Jerusalem) zum Gaza-Krieg

Es gibt Nachrichten, dass die Menschen, die aus dem nördlichen Teil des Gazastreifens vertrieben wurden, versuchen, in ihre – so ist anzunehmen – in den meisten Fällen zerstörten Häuser zurückzukehren. Was hat das zu bedeuten?

„Soweit ich das beurteilen kann, gibt es diese Möglichkeit noch nicht. Einige wollen zurückkehren, weil die Situation selbst im südlichen Gazastreifen, wo Millionen von Menschen zusammengepfercht sind, nicht einfach ist. Sie wollen also raus, das verstehe ich sehr gut. Selbst unsere Christen, die in einem kleinen Kirchengelände eingeschlossen sind, können es kaum schaffen. Aber solange es keine klare politische Perspektive und keine Klarheit über die nächsten Schritte gibt, ist das nicht möglich und kann sogar gefährlich sein.“

Freilassung der Israelin Maya Regev am Sonntagmorgen
Freilassung der Israelin Maya Regev am Sonntagmorgen

„Dieser Krieg ist ein klares Zeugnis dafür, dass die beiden Völker nicht zusammenleben können“

Wie kann der Terrorismus besiegt werden? Wie kann man eine Ideologie wie die der Hamas besiegen?

„Es ist nicht einfach. Man muss nach und nach und mit viel Geduld - die Zeiten sind lang - alles austrocknen, was dieser Ideologie Nahrung gibt. Man muss also die Wurzeln kappen; es ist sinnlos, die Äste abzuschneiden, denn die können nachwachsen. Zuallererst muss man den Palästinensern eine Perspektive geben. Ich habe das schon einmal gesagt, und ich weiß, dass das vielen nicht gefallen hat: Man muss ihnen eine nationale Perspektive geben, die sie jetzt noch nicht haben. Dieser Krieg ist ein klares Zeugnis dafür, dass die beiden Völker nicht zusammenleben können, zumindest nicht zum jetzigen Zeitpunkt. Sie müssen eine klare, definierte, präzise Perspektive haben, mehr als das bisher der Fall war. Dann gibt es noch einen weiteren Aspekt. Die Hamas ist auch eine religiöse Ideologie; daher ist der interreligiöse Dialog sehr wichtig, ebenso wie es sehr wichtig ist, einen religiösen Diskurs zu fördern, der nicht auf Hass ausgerichtet ist.“

„Die Beziehungen zu allen offen halten“

Was können wir als Christen, aber auch ganz allgemein als Menschen tun, die zwar weit entfernt von diesen Orten leben, sich ihnen aber nahe fühlen, weil sie die Orte des Lebens, der irdischen Existenz Jesu sind? Was können wir auch auf der Ebene der öffentlichen Meinung tun?

„Zuallererst muss man für die Gläubigen beten, das ist das Wichtigste. Dann brauchen wir auch echte Unterstützung, einschließlich humanitärer Hilfe. Ein weiterer wichtiger Aspekt: Wir sehen, dass es starke Spaltungen in der Welt gibt, einer gegen den anderen. Es scheint fast so, als sei es unmöglich, beide Seiten zu lieben. Ich denke, es ist wichtig, dass wir als Christen auch in unserem Diskurs klar sind, aber nicht exklusiv. Die Dinge beim Namen nennen, in ihrer Wahrheit, und gleichzeitig versuchen, die Beziehungen zu allen offen zu halten und allen, beiden, sagen, dass wir sie gern haben…“

(vatican news)
 

Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.

26. November 2023, 09:45