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Die Wiedergeburt von Notre-Dame

Ihr berühmter Dachreiter, versehen mit einem großen Kreuz, entsteht in diesen Tagen vor den Augen der Pariser neu, in 96 Meter Höhe. Notre-Dame de Paris wird wiedergeboren: Die Arbeiten schreiten planmäßig voran.

In einem Jahr, am Sonntag, 8. Dezember 2024, dem Hochfest der Unbefleckten Empfängnis Mariens, soll der frühgotische Bau wiedereröffnet werden – ein „Happy End“ nach dem verheerenden Brand, der die Kathedrale auf der Seine-Insel am 15. April 2019 teilweise in Schutt und Asche gelegt hat.

„Man kann sich an die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg erinnert fühlen, denn die Baustelle von Notre-Dame ähnelt dem, was man nach dem Ersten Weltkrieg in Frankreich erleben konnte.“ Das sagt der Architekturhistoriker Mathieu Lours in einem Interview mit Radio Vatikan. „Damals galt es, die Kathedralen von Reims, Soissons und Noyon wieder aufzubauen. Bei Notre-Dame befinden wir uns quasi ebenfalls in einer Nachkriegszeit. Die Baustelle ähnelt auch den Arbeiten nach den großen Kathedralenbränden des 19. Jahrhunderts, z. B. in Rouen 1822 oder Chartres 1836.“

„Man merkt, dass unser Jahrhundert nach Kontinuitäten mit der Geschichte sucht“

Viele der Arbeiten an Notre-Dame werden nach original mittelalterlicher Technik durchgeführt. Dazu sagt Lours: „Man möchte nicht nur Notre-Dame ungefähr so wiederhaben, wie sie vorher war, sondern auch die Authentizität der Materialien, die Authentizität im Sinne von Übereinstimmung mit dem früheren Zustand. Früher sind wir nicht so vorgegangen. Als man beispielsweise die Kathedrale von Reims nach dem Ersten Weltkrieg wieder aufbaute, baute man einen Dachstuhl aus gegossenem Zement. Als man 1972 den Dachstuhl der Kathedrale von Nantes nach einem Brand wieder aufbaute, baute man ihn mit Wänden aus Beton wieder auf. Hier achtet man hingegen auf die Konformität der Struktur des Materials. Das ist außergewöhnlich und sehr neu. Man merkt, dass unser Jahrhundert nach Kontinuitäten mit der Geschichte sucht, nach einer möglichst getreuen Wiedergabe.“

In die Materialität einer Kathedrale eindringen

Das französische „know-how“ des Kathedralenbaus sei seit dem Mittelalter nie ganz verloren gegangen, glaubt der Experte.

Wiederaufbau von Notre-Dame de Paris - ein Interview von Radio Vatikan

„Seit dem Mittelalter haben unsere Handwerker an gotischen Kathedralen gearbeitet, selbst als keine gotischen Kathedralen mehr gebaut wurden, weil sie entsprechend ihrem Stil instand gehalten werden mussten. Diese Berufe sind auf hohem Niveau; exzellente Handwerker und Wissenschaftler arbeiten parallel. Die wissenschaftliche Begleitung der Baustelle soll gleichzeitig dazu dienen, die Techniken, mit denen Notre-Dame einst gebaut worden ist, besser zu verstehen. Es gibt neun Teams, eines beschäftigt sich mit dem Stein, eines mit dem Glas, ein anderes mit dem Metall. Wir entdecken Elemente, die auch für andere Kathedralenbaustellen nützlich sind. Wir haben zum Beispiel herausgefunden, dass Notre-Dame de Paris seit dem 12. Jahrhundert in den oberen Teilen mit Metall umreift war und dass die Struktur der oberen Teile somit nicht nur Virtuosität des Steins ist, sondern eine Zusammenarbeit zwischen Stein- und Metallhandwerkern. Oft fehlte uns ein wenig das Wissen, weil die Texte verschwunden sind. Wenn man die Möglichkeit hat, in die Materialität einer Kathedrale einzudringen, kann man die Lücken in den Quellen füllen.“

Beispiellose Mobilisierung

Der Architekturhistoriker betont auch die europäische Dimension des Wiederaufbaus von Notre-Dame. Dazu gehörten auch deutsche Werkstätten. „Wir müssen bedenken, dass die Baustelle von Notre-Dame im Gegensatz zu anderen laufenden Baustellen im Bereich des Kulturerbes nicht geplant war; sie wurde 2019 zu einem Zeitpunkt eröffnet, als die Unternehmen bereits volle Auftragsbücher hatten. Es bedurfte einer beispiellosen Mobilisierung. Diese Mobilisierung hat sozusagen einige Exzellenzwerkstätten in den Nachbarländern, insbesondere in Deutschland, mit erfasst. Das ist auch etwas, das es früher in der Gotik gab: Die Kathedrale von Canterbury in England hatte einen französischen Baumeister, Wilhelm von Sens. Die Zirkulation von Spitzenleistungen hat das Europa der Kathedralen ermöglicht.“

(vatican news – sk mit material von delphine allaire)

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11. Dezember 2023, 12:31