Caritas-Direktor Japan: Begleitet unsere Leute mit Gebet
Deborah Castellano Lubov und Christine Seuss - Vatikanstadt
Wir erreichten den Bischof der Diözese Niigata telefonisch direkt nach einem der mittlerweile über 1000 Nachbeben, die es im Nachgang zum Beben der Stärke 7.6 auf der Richterskala gab, das am 1. Januar um 16.10 Uhr japanischer Zeit die Präfektur Ishikawa auf der Noto-Halbinsel an der Westküste Japans getroffen hat. Es handelt sich um das stärkste Beben, das diesen Teil des erdbebenanfälligen Landes in einem Jahrhundert getroffen hat. Entsprechend schwer sind die Schäden, berichtet Bischof Narui:
„Eigentlich ist 7.6 auf der Richterskala für japanische Verhältnisse gar nicht so stark, aber das Epizentrum war sehr nah an der Oberfläche und deshalb die Erschütterung für das Land darüber sehr stark. So wurde viel zerstört. Häuser, Straßen, es gab Erdrutsche, auch in den Bergen. Viele Häuser sind also zusammengestürzt.“
Noch zahlreiche Vermisste
Zwei Tage lang war der Bischof bis Montag in der betroffenen Region unterwegs und hat sich selbst ein Bild von der Situation gemacht. Termperaturen von unter Null Grad, Schneefälle und Regengüsse haben die Rettungsarbeiten erschwert, während zahlreiche Menschen auch eine Woche nach dem Beben noch ohne Wasser und Strom sind. Der Informationsaustausch mit den abgeschnittenen Gebieten gestaltet sich schwierig. Bis zum heutigen Tag würden noch 102 Menschen vermisst, 565 sind teils schwer verletzt, so der Bischof:
„Ich habe aufgebrochene Straßen gesehen und die Küstengegend ist um vier Meter angehoben worden! Also, die Küstenlinie war erhöht und viele Häuser sind zusammengestürzt. Das ist schwierig zu beschreiben. Wenn Sie das sehen, sind Sie sicherlich geschockt. Das sind die Dinge, die ich in der Gegend gesehen habe.“
Schwer zugängliche Orte
Tatsächlich wurde nicht nur der Boden angehoben und teils um etwa einen Meter seitlich verschoben, sondern direkt am Meeresufer auch neues Land freigelegt. in der betroffenen Region um mehrere sind mehr als 400 Evakuierungszentren eingerichtet worden, die rund 28.000 Menschen bei eisigen Temperaturen eine vorläufige Unterkunft bieten. Zahlreiche weitere Menschen sind allerdings nach wie vor isoliert, weil die Straßen zu ihren Wohnorten unterbrochen sind. Die Präfektur von Ishikawa habe die Zivilisten ausdrücklich aufgerufen, sich nicht in die betroffenen Gebiete zu begeben, um nicht selbst in Gefahr zu geraten oder auf den zerstörten Straßen steckenzubleiben und am Ende die professionelle Nothilfe zu behindern, erklärt der Caritas-Direktor weiter.
„Die Polizei, die Feuerwehr und die Armee haben spezielle Ausrüstungsgegenstände, Autos und Helikopter, so dass sie dorthin gehen können. Aber für alle anderen ist es schwierig, dorthin zu gelangen. Es ist unmöglich, Freiwillige dorthin zu senden. Das ist die größte Herausforderung, vor Ort zu helfen und die Menschen zu erreichen, die in den Evakuierungszentren und ihren eigenen Dörfern eingeschlossen sind. Manche von ihnen haben nicht genug Essen, auch Strom und Wasser sind unterbrochen, und es ist sehr kalt. Es ist also eine sehr schwierige Situation. Sobald die Straßen repariert sind, wird es besser gehen, denn viele Menschen können dann dorthin gelangen und das bringen, was benötigt wird.“
Eine kleine Organisation
Bei Caritas Japan handele es sich um eine relativ kleine Realität der weltweiten Caritas-Familie, die keine eigene Struktur im Territorium habe, erläutert Bischof Narui weiter. Im Katastrophenfall arbeite man hingegen gezielt mit den betroffenen Diözesen und zivilen humanitären Organisationen zusammen:
„Als Caritas-Direktor von Japan habe ich die betroffene Region bis gestern für zwei Tage besucht, gemeinsam mit dem Bischof der dortigen Diözese Nagoya, Diözesanpriestern und einigen Leuten von der japanischen Bischofskonferenz, Mitarbeitern der Nothilfe-Teams der Bischofskonferenz. In dieser schwer betroffenen Gegend, der Noto-Peninsula, die etwa 100 Kilometer lang ist, gibt es nur zwei Pfarreien, die für eine so große Gegend zuständig sind. Und das sind sehr kleine Pfarreien, jeden Sonntag besuchen vielleicht 10 oder 20 Menschen die Messe. Aber es gibt Kindergärten, die den Pfarreien angeschlossen sind. Und wir überlegen nun, wie wir diese Pfarreien unterstützen können und versuchen, über die Kindergärten die betroffenen Gebiete und Menschen zu erreichen und Hilfsmittel zu Verfügung zu stellen, wie Wasser, Essen, Hygienekits und andere Dinge.“ Auch Heizkörper, die bei den winterlichen Temperaturen dringend gebraucht würden, sollen durch die Caritas in die betroffene Region geschafft werden.
Nicht nur materielle Hilfe
Doch materielle Hilfe ist nur die eine Seite der Medaille, unterstreicht der Bischof: „Es ist auch sehr wichtig, die Menschen mit Gebet und anderen Formen der Begleitung zu unterstützen. Denn für die Menschen, die in den betroffenen Gebieten isoliert sind, ist nicht nur physische Stärkung, sondern auch spirituelle und geistige Stärkung in so schwerer Zeit wichtig. Ich schätze also sehr die Gebete, die aus der ganzen Welt für die Betroffenen gesprochen werden.“
Auch Papst Franziskus hatte zum Gebet für die Menschen aufgerufen, die in Japan durch das schwere Erdbeben betroffen sind. „Ich glaube wirklich daran, dass das Gebet sehr mächtig ist, vor allem in so einer schweren Zeit. Es ermutigt die Menschen wirklich, ebenso wie diejenigen, die den Betroffenen helfen wollen. Und das Gebet verbindet die Menschen auf der ganzen Welt, die die Betroffenen begleiten wollen.“
Dies habe er am eigenen Leibe im Nachgang des schweren Erdbebens von 2011 erlebt, als er für die Caritas in den Gebieten unterwegs war, die durch das Erdbeben und den darauffolgenden Tsunami dem Erdboden gleichgemacht wurden, betont Bischof Narui. „Ich persönlich glaube wirklich, dass die Stärke der katholischen Kirche in Zeiten von Katastrophen die Begleitung ist. Es ist sehr wichtig, materielle Hilfe zu leisten, aber wir müssen bedenken, dass wir nicht nur von Brot leben, sondern auch von Gebet, Spiritualität, Unterstützung durch andere. Deshalb ist solche Begleitung wirklich wichtig und deshalb hoffe ich, dass die Menschen die Opfer nicht vergessen und die Betroffenen in Japan mit ihrem Gebet begleiten wollen. Und das nicht nur für die Zeit der Notfallhilfe, sondern auch während der Rehabilitation und für eine längere Zeit.“
(vatican news)
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