Italien: Hinterbliebene des Bootsunglücks von Cutro wollen italienische Regierung verklagen
Vor genau einem Jahr, am 26. Februar 2023, sank ein Holzboot mit Migranten in den frühen Morgenstunden vor dem Strand von Cutro an der Küste Kalabriens. 94 Menschen starben, darunter 35 Kinder und Jugendliche.Zum Jahrestag des schrecklichen Unglücks fanden in der kalabrischen Stadt Cretone mehrere Gedenkveranstaltungen statt, an denen auch Hinterbliebene teilnahmen. Mohammed, ein Überlebender, äußerte seine Verzweiflung über das Bootsunglück: „Ich weiß nicht, warum ich noch lebe, ich leide, weil ich die Kinder nicht retten konnte“.
Die Familien der Opfer und Überlebenden kritisierten, dass kein Regierungsmitglied an dem Gedenken teilgenommen habe und kündigten die „Zivilklage auf Schadensersatz“ gegen die italienische Regierung an, wie die Zeitung „La Repubblica“ berichtete. Der Anwalt Stefano Bertone erklärte, dass die Klage „erst nach Abschluss der strafrechtlichen Ermittlungen“ eingereicht werde.
Einer der vier angeklagten Schlepper verurteilt
Rund um den Fall laufen bereits Ermittlungen und Gerichtsprozesse. Vor Kurzem hatte das Gericht der Stadt Crotone einen der vier angeklagten Schlepper zu zwanzig Jahren Haft und einer Geldstrafe von drei Millionen Euro verurteilt. Die Behörden ermitteln zudem gegen die Finanz- und Küstenwache. Es wird geprüft, warum die Hilfe für die Menschen auf dem Holzboot erst so spät eintraf. Nach dem Unglück verschärfte die italienische Regierung ihre Maßnahmen gegen Schlepperei.
Italienischer Pfarrer wirft Regierung „gigantische Heuchelei“ vor
Der landesweit bekannte Pfarrer Luigi Ciotti kritisierte stark die europäische und italienische Einwanderungspolitik. Er kritisierte, das „Dekret Crotone“ ziele nur auf den Schutz der Grenzen und nicht auf den Schutz von Menschenleben ab. Es herrsche eine „gigantische Heuchelei“, schrieb Ciotti, der als Mafia-Gegner bekannt ist, in einem Gastbeitrag für die Zeitung „La Stampa“. Einerseits würden zivile Seenotretter beschuldigt, Menschenhandel zu erleichtern, andererseits träfen die Regierungen Abmachungen mit Ländern, die direkt in diesen Handel verwickelt seien und Geschäfte mit der Mafia machten.
(kna / vatican news – vn)
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