DR Kongo: Zwischen Völkermord und Schweigen
Stanislas Kambashi, SJ - Vatikanstadt
Im Interview mit Radio Vatikan/Vatican News erläutert Charles Onana die Situation, die in der Demokratischen Republik Kongo seit fast dreißig Jahren andauert und katastrophale humanitäre Folgen mit sich bringt. Er kritisiert das Schweigen und die Untätigkeit des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen und anderer internationaler Institutionen:
„Die Demokratische Republik Kongo leidet unter dem Schweigen. Die Mitgliedsländer des Sicherheitsrats sprechen viel über Ruanda, über die Ereignisse von 1994, also vor 30 Jahren. Das ist an sich keine schlechte Sache, aber im Vergleich zur Tragödie in der Demokratischen Republik Kongo, wo es bereits mehr Tote gibt als in Ruanda im Jahr 1994, ist es überraschend, dass sich die Mitgliedsländer des Sicherheitsrats nicht zu Wort melden.“
Die Rolle der EU
Charles Onana macht auf den „Völkermord“ aufmerksam, der im Kongo stattfindet, und ruft dazu auf, den Status der DR Kongo als Opfer „eines Holocausts, der am helllichten Tag stattfindet“, anzuerkennen. Kritisch sieht der Experte auch die Rolle der Europäische Union. Sie habe sich bisher nie geäußert, so Onana:
„Im Gegenteil, die EU stellte eine gewisse finanzielle Hilfe für Ruanda zur Verfügung, dessen Truppen sich laut Berichten von UN-Experten im Kongo befinden. Diese Berichte belegen, dass Ruanda kongolesisches Territorium besetzt und die Terrorbewegung M23 unterstützt. Und so ist es auch offensichtlich, dass weder die Europäische Union noch der UN-Sicherheitsrat Sanktionen gegen dieses Vorgehen erlassen haben, das einen Verstoß gegen die Souveränität des Kongo und einen Verstoß gegen das Völkerrecht darstellt. Wir können daher logischerweise sagen, dass es Untätigkeit und auch Stillschweigen über die Millionen Kongolesen gibt, die auf ihrem eigenen Territorium ausgerottet werden.“
Die Rolle des Erzbischofs
Eine wichtige Stimme des Kongo sei der frühere Erzbischof von Bukavu, Christophe Munzihirwa Mwene Ngabo (1926 –1996), gewesen, so Onana. Munzihirwa setzte sich als Weihbischof und später als Bischof von Kasongo angesichts des Konflikts im Kongo, der sein eigenes Leben forderte, lautstark als Verfechter der Menschenrechte und für Frieden ein. Der Prozess für seine Heiligsprechung wurde Mitte 2016 unter Papst Franziskus eröffnet und der formelle Prozess begann einige Monate später; er trägt nun den posthumen Titel, der ihn als Diener Gottes anerkennt. Munzihirwa wurde als „Romero des Kongo“ bezeichnet. Dazu Onana:
„Für mich ist Erzbischof Munzihirwa ein Nationalheld im Kongo, der seit 1994 Widerstand leistete, als die Masse der ruandischen Flüchtlinge auf kongolesisches Territorium strömte. Er alarmierte die internationale Gemeinschaft. Er schrieb damals an den früheren US-Präsident Jimmy Carter, er schrieb an den Apostolischen Nuntius in Brüssel, er schrieb an den US-Botschafter in Kinshasa, um sie auf die Tragödie aufmerksam zu machen, die die Demokratische Republik Kongo erleben würde, wenn wir nicht angemessene Maßnahmen ergreifen würden und die ruandischen Flüchtlinge in ihr Land zurückzubringen.
Es stellte sich heraus, dass Erzbischof Munzihirwa 1996 die erste Person war, die ins Visier genommen wurde, als die AFDL (Allianz der Demokratischen Kräfte zur Befreiung des Kongo, Anm. d. Red.) und die Truppen von Paul Kagame aus Ruanda auf kongolesisches Territorium zurückkehrten. Daher wurde er von Kriminellen aus Ruanda ermordet. Und für dieses abscheuliche Attentat wurde die RPF (Ruandische Patriotische Front, Anm. d. Red.) nicht sanktioniert. Sie wollten nicht einmal Ermittlungen anstellen, um die Täter dieser Straftat tatsächlich zu identifizieren. Wenn ich also eine solche Situation sehe, kann ich nur wie viele Intellektuelle empört sein über das Schweigen der internationalen Gemeinschaft zur Ermordung von Erzbischof Munzihirwa.“
(vatican news)
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