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Gebet im neuen Exerzitienzentrum im Bundesstaat Manipur © KIRCHE IN NOT Gebet im neuen Exerzitienzentrum im Bundesstaat Manipur © KIRCHE IN NOT 

Indien: Geistlicher befürchtet weitere Christenverfolgung

Kurz vor den bevorstehenden Parlamentswahlen hat Pater Thomas Bobby Emprayil vor wachsender Christenverfolgung durch nationalistische Hindus im indischen Bundesstaat Manipur gewarnt. In der Zwischenzeit baut er geistliche Zentren auf, die Schutz für Vertriebene bieten sollen.

Im Vorfeld der indischen Parlamentswahlen im kommenden April und Mai befürchtet der Missionar und Exerzitienleiter Pater Thomas Bobby Emprayil, dass die christenfeindlichen Ausschreitungen im ostindischen Bundesstaat Manipur weiter eskalieren: „Das ist erst der Anfang. Es wird noch schlimmer kommen als jetzt“, erklärte der Vinzentinerpater im Gespräch mit dem weltweiten katholischen Hilfswerk „Kirche in Not“.

Wie Pater Bobby ausführte, versuchten nationalistische Hindus auch unter den überwiegend christlichen Volksgruppen der Kuki und Naga weiter Zwietracht zu säen. „Es soll die alte Feindschaft um Landfragen wieder angefacht werden.“ Viele Einwohner sähen die Kuki als ausländische Einwanderer, da ihre Wurzeln in Myanmar lägen. Angesichts der dortigen Konflikte brächten sich weitere Stammesangehörige im Nachbarland Indien in Sicherheit. „Es soll zu einer ethnischen Säuberung kommen“, zeigte sich Pater Bobby überzeugt.

„Es hat sich viel Hass auf Christen gebildet“

Christenfeindliche Gewalt sei im Bundesstaat Manipur nichts Neues: „Es ist der Staat, in dem die meisten katholischen Priester erschossen werden. Mehr als 30 verschiedene Rebellengruppen treiben dort ihr Unwesen“, erklärte der Ordensmann. Christen machten rund 40 Prozent der Bevölkerung aus; sie gehörten rund 28 verschiedenen Konfessionen an.

Trotz dieses für Indien hohen Bevölkerungsanteils seien Christen in Regierung und Verwaltung unterrepräsentiert. Die hindu-nationalistische Regierungspartei Bharatiya Janata (BJP) begünstige diese Entwicklung. „Alle Privilegien gehen an die anderen 60 Prozent der Bevölkerung.“ Pater Bobby macht extremistische Kräfte im Umfeld jener Partei, die seit 2014 mit Narendra Modi den indischen Ministerpräsidenten stellt, für die Eskalation verantwortlich: „Früher ging es mehr um Neid auf Land. Aber jetzt ist es anders. Es hat sich viel Hass auf die Christen gebildet. Besonders die jungen Menschen werden aufgewiegelt.“

Internetverbindungen gekappt

Die katholische Erzdiözese Imphal habe in den vergangenen Monaten über 100 Hilfscamps aufgebaut, in denen Binnenvertriebene Zuflucht finden, erklärte Pater Bobby. „Die Menschen haben ihren gesamten Besitz verloren. Sie können nicht zurück, weil ihr Land von den Angreifern übernommen wurde.“ Um die Verbreitung von Hassreden und eine weitere Eskalation zu verhindern, hätten Behörden seit einem halben Jahr alle Internetverbindungen gekappt.

Pater Bobby baut im Bundesstaat Manipur zwei geistliche Zentren auf. Eines im Bezirk Senapati wurde mit Unterstützung von „Kirche in Not“ fertiggestellt; ein anderes ist im Bezirk Churachandpur in Planung. Dort haben Pater Bobby und seine Mitarbeiter Land für 50 Vertriebenenfamilien zur Verfügung gestellt.

24 Stunden Gebet

„Als die Unruhen begannen, waren wir bereit. Wir haben keine Angst“, betonte der Ordensmann. „Wir begannen, in unseren Zentren 24 Stunden am Tag zu beten: Für die verfolgten Christen, für die Einheit. Ich weiß, dass der Herr Manipur sehr liebt und unser Volk darauf vorbereitet, was auch kommen mag.“

Im Bundesstaat Manipur waren im Mai 2023 christenfeindliche Krawalle ausgebrochen. Dabei wurden nach Angaben der Erzdiözese Imphal über 300 Kirchen und kirchliche Einrichtungen niedergebrannt. Mindestens 100 Personen sollen getötet worden sein, über eine halbe Million Menschen flüchtete.


Komplexe Lage

Die Hintergründe sind für europäische Beobachter komplex: Die hinduistische Mehrheitsbevölkerung gehört überwiegend dem Stamm der Meitei an, diese siedelt in der Talregion des Bundesstaats Manipur. Die Stämme der Kuki und Naga sind in den Bergregionen beheimatet, die meisten von ihnen sind Christen. Die Meitei strebten ebenso wie diese den Status als „registrierte Stammesgemeinschaft“ an, was den Erwerb von Land in den Bergregionen ermöglichen würde.

Die Christen protestierten gegen diese Einstufung, da sie weitere Benachteiligungen befürchten. Daraufhin entzündeten sich christenfeindliche Krawalle, die sich vorrangig gegen die Kuki richteten. Im Laufe der Auseinandersetzung haben sich auch die Spannungen zwischen Angehörigen der Kuki und Naga wieder intensiviert.

(kirche in not - pdy)

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14. März 2024, 09:58