Irak: Nur noch sehr wenige Christen kehren zurück
Jean-Charles Putzolu und Mario Galgano – Vatikanstadt
Von Bagdad über Ur, Karakosch, Mossul und Nadschaf bis nach Erbil... Es waren vor allem Regionen, die stark unter der Unterdrückung und den terroristischen Aktionen der Terrorgruppe Islamischer Staat gelitten hatten. Der Papst wollte mit seiner Reise die christliche Gemeinschaft stärken und zwei Jahre nach der Unterzeichnung des Dokuments über die menschliche Geschwisterlichkeit mit Imam Ahmad al-Tayyeb, dem Vertreter der sunnitischen Gemeinschaft, die Annäherung an die schiitische Gemeinschaft fortsetzen, die eine andere große Strömung des Islams ist und im Irak die Mehrheit stellt. Er hoffte, dass dies zu einer Beruhigung der Lage führen und die Rückkehr der Christen einleiten würde. Dazu erläutert der chaldäische Erzbischof Najeeb:
„Die Rückkehr der Christen ist immer noch zögerlich. Das ist eine Folge der Verfolgung und der demografischen Umwälzungen. Doch der Besuch des Heiligen Vaters hat der christlichen Gemeinschaft wirklich Trost gebracht. Sein Besuch hat sie ermutigt, sich wieder an Ort und Stelle niederzulassen. Die Zeit hat jedoch gezeigt, dass die Dinge nicht einfach so weitergehen konnten. Heute gibt es immer noch eine Reihe von Familien, die sich auf dem Weg nach Hause befinden, sei es in der Ninive-Ebene oder sogar in Kurdistan. Viele Familien haben sich aufgrund verschiedener Ereignisse auf den Weg gemacht: demographische Veränderungen, die von Milizen organisiert wurden, oder der Brand des Festsaals in Karakosch, der entweder versehentlich oder vorsätzlich gelegt wurde.“
Heute noch Opfer
Christliche Gemeinschaften im Irak seien auch heute noch Opfer von Verfolgung, so der Erzbischof weiter. Es gebe viele Einschüchterungen auf direkte oder indirekte Weise durch die verschiedenen Milizen, vor allem in den Städten und Dörfern der Ninive-Ebene. Dies seien Orte, die zwischen dem Militär, der Zentralregierung und verschiedenen bewaffneten Kräften umkämpft seien. „Wir sind Opfer dieser Spannungen. Der Großteil der Menschen hat noch keine Häuser, ihre alten Häuser sind demoliert oder niedergebrannt. Sie sagen, dass sie alles verloren haben und nicht bereit sind, noch einmal alles zu verlieren. Diese Familien wollen nicht an einem Ort, der noch nicht sicher ist und den nicht einmal die Regierung kontrollieren kann, von vorne anfangen“, so Erzbischof Najeeb.
Treffen mit Schiiten-Oberhaupt
Im Südirak hatte der Papst das Oberhaupt der schiitischen muslimischen Gemeinschaft, Ayatollah al-Sistani, getroffen. Der Papst sprach von diesem Treffen als einem zweiten Schritt beim Aufbau der menschlichen Geschwisterlichkeit nach der Annäherung an die sunnitische Gemeinschaft und den Großimam al-Tayyeb. „Es war ein außergewöhnlicher Schritt und ein Höhepunkt der Reise des Heiligen Vaters“, erinnert sich der chaldäische Kirchenmann.
Zur Erinnerung: Die Schiiten machen zwischen 60 Prozent und 65 Prozent der muslimischen Gemeinschaft im Irak aus. Vor diesem Hintergrund war das Treffen mit Ayatollah Al Sistani „ein mutiger, sehr wichtiger Schritt, und die Erklärung des Ayatollahs zur Geschwisterlichkeit war außergewöhnlich“, fügt Najeeb an. Dieses „schöne Treffen“ habe viele Missverständnisse zwischen den Gemeinschaften aufgebrochen. „Wir werden nicht mehr als Feinde gesehen. Für die Muslime sind die Christen Geschwister. Sie sind nicht nur Geschwister in der Religion, sondern Geschwister in der Menschlichkeit. Jetzt sagen sie 'unsere christlichen Brüder', das finde ich sehr schön. Der Besuch des Heiligen Vaters war in dieser Hinsicht sehr positiv und wichtig“, so Najeeb.
(vatican news)
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