Jerusalem: „Hoffe, dass Vernunft und Dialog sich durchsetzen“
Die Attacke Teherans in der Nacht auf Sonntag war die Antwort auf eine israelische Militäraktion gegen Irans Botschaft in Syriens Hauptstadt Damaskus am 1. April. Nikodemus Schnabel und seine Mitbrüder waren vorbereitet, sagte der Benediktinerabt im Gespräch mit unserem Partnersender Domradio.
Nikodemus Schnabel: Das war ein Angriff mit Ansage. Es gibt ja verschiedenste WhatsAppgruppen, wir wussten Bescheid, und es war sehr pünktlich: um 1:41 Uhr unserer Ortszeit kamen die Drohnen und es war sehr laut, denn gerade über Jerusalem sind sie alle abgefangen worden. Wir haben defacto nicht geschlafen. Alle haben das gut gefasst genommen. Und es ist ja Gott sei Dank wirklich nichts passiert. Es gibt ein verletztes Beduinenkind, dem ich gute Besserung wünsche, und ein bisschen Schaden bei einer Militärbasis. Also letztendlich ist das ja alles glimpflich abgelaufen.
Aber es ist eben wirklich das erste Mal, dass der Iran Israel direkt angreift. Wie besorgt sind Sie denn jetzt, dass das tatsächlich zu einem Flächenbrand eskalieren könnte?
Nikodemus Schnabel: Also ich bin ja immer etwas optimistischer. Das liegt auch an meinem Gottvertrauen, dass ich ein Beter bin. Ich hoffe, dass es dabei bewenden bleibt. Ich hoffe, dass auch die Vernunft und die Dialogbereitschaft sich durchsetzen. Der Iran hätte natürlich noch ganz anders angreifen können. Und die Hisbollah vom Libanon hat die Gunst der Stunde nicht genutzt und für eine weitere Eskalation gesorgt. Man hätte ja noch eine Unzahl von Raketen vom Libanon schießen können. Das hat die Hisbollah nicht getan. Das sind Zeichen, wo ich denke - so problematisch viele der Player hier auch sind, - dass es vielleicht noch einen Moment der Vernunft gibt und des Nicht-Willens zu einer vollständigen Eskalation.
Wo liegt die wahre Konfliktlinie?
Nikodemus Schnabel: Ich glaube, die Konfliktlinie ist zwischen denen, die eine echte Vision haben, die im Zusammenleben besteht. Also ganz konkret Staaten, die sagen, Israel gibt es nicht, sondern nur von einem zionistischen Gebilde schwadronieren - ja, da kommen wir zu keinem Frieden. Umgekehrt, wenn es Teile der israelischen Politik gibt, die das Wort Palästina nicht über die Lippen bringen, sondern immer nur von Arabern sprechen und den Palästinensern ein Existenzrecht und ein Recht auf einen eigenen Staat absprechen, so gelingt auch kein Frieden. Ich glaube wirklich, ganz wichtig ist, dass Leute sagen Ja zu Israel als Staat und Ja zu Palästina als Staat.
Haben Sie auch ein spezielles spirituelles Angebot für die Menschen, denen es jetzt wirklich ein Bedürfnis ist, zu beten - oder die Trost brauchen?
Nikodemus Schnabel: Ich kann einfach allen sagen: Wir beten hier ganz treu in der Dormitio, auch gestern. Wir haben zwar nicht geschlafen, waren aber dann alle ganz tapfer unausgeschlafen schon bei der Laudes, und bei den Gottesdiensten und Gebetszeiten. Wir sind wirklich treu hier im Gebet versammelt. Wir beten jeden Mittag ein ganz spezielles Friedensgebet - das findet man auch auf unserer Homepage, da kann man sich gern mit anschließen. Man kann uns auch schreiben, wir nehmen immer sehr gerne auch die Anliegen der Menschen mit in unser Gebet, das ist unsere Hauptaufgabe, und das ist mir auch wichtig. Natürlich geht es einerseits um den Frieden hier, aber viele Menschen haben auch ihre ganz persönlichen Sorgen, ihre Schicksalsschläge - und für die haben wir auch ein offenes Ohr.
(domradio – gs)
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